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Auf dem Stechlinsee eröffnet ein Seelabor zur Klimafolgenforschung

28.06.2012

Auf dem Stechlinsee eröffnet ein Seelabor zur Klimafolgenforschung

Von Peter Könnicke

Stechlin (dapd-lbg). Um in sein Forschungslabor zu kommen, muss Peter Kasprzak eine Rettungsweste anlegen und sich in die Riemen legen. Vom Ufer des Stechlinsees in Neuglobsow rudert der Gewässerökologe hinaus zu einer Insel, die aus der Luft wie eine riesige Bienenwabe aussieht. Tatsächlich aber ist es eine schwimmende Versuchsanlage des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) - ein fünf Millionen Euro teures Hightech-Labor, das offiziell eingeweiht wurde. Wissenschaftler werden hier die Auswirkungen des Klimawandels auf Seen untersuchen."Der ganze See ist zu groß, um ihn zu untersuchen, deshalb haben wir einen See im See geschaffen", erklärt IGB-Mitarbeiter Kasprzak. In dem Seelabor werden 24 Seebecken von jeweils 9 Metern Durchmesser und etwa 20 Metern Tiefe vom übrigen See abgetrennt. Darin werden Klimaszenarien der Zukunft simuliert und ihre Effekte auf den See erforscht. In den nächsten 20 Jahren, in denen das Labor auf dem Stechlinsee schwimmt, wollen die Wissenschaftler herausfinden, ob und wie sich durch den Klimawandel die Artenvielfalt in dem See ändert, ob es zur Anreicherung von Nährstoffen kommt oder Treibhausgase freigesetzt werden. "Dafür wird alles Mögliche gemessen", sagt Kasprzak: Temperatur, Leitfähigkeit, Licht, der Sauerstoffgehalt, Licht.

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Foto: Theo Heimann / dapd

Warmes Wasser wird zugeführt

In einem ersten Experiment werden in einem Projekt des Leibnitz-Instituts die Folgen untersucht, wenn das Wasser wärmer wird. Dafür wird in drei Becken wärmeres Wasser zugeführt, sodass sich die untere Wasserschicht in der Tiefe des Sees bis zu zehn Grad Celsius erwärmt. "Wir wollen wissen, was diese Erwärmung für die Organismen im Wasser bedeutet", sagt Kasprzak. Da Bakterien und Mikroorganismen sehr kurzlebig seien und schnell auf Veränderungen reagierten, "erhalten wir schnell begründete Aussagen", erklärt der Wissenschaftler.Der Stechlinsee gilt als einer der tiefsten und saubersten Seen in Norddeutschland und ist daher besonders für die Klimafolgenforschung geeignet. Zudem ist der See schon seit Jahrzehnten so etwas wie ein ökologisches Großexperiment. Fast 30 Jahre dienten der Stechlin- und der Nehmitzsee als Kühlwasserreservoir für das Atomkraftwerk Rheinsberg. Etwa zehn Grad wärmeres Wasser wurde in den Stechlinsee zur Abkühlung geleitet, weshalb Kasprzak nach seinem Studium der Gewässerökologie bereits seit 1977 hier die Folgen der See-Erwärmung beobachtet. "Merkwürdigerweise hat der See die Phase der industrielle Nutzung unbeschadet überstanden", sagt er.

Krebsart in Gefahr

Mit Sorge beobachten die Gewässerökologen hingegen seit Mitte der 1990er Jahre Nährstoffanreicherungen und einen intensiveren Stoffwechsel, was letztlich zu einer Trübung des Sees und zu einer anderen Beschaffenheit führen könnte. Eine im Stechlin lebende Krebsart, ein ein Millimeter großes Relikt der letzten Eiszeit, könnte bei einer anhaltenden Erwärmung des Gewässers aussterben. "Wir halten das weniger für Spätfolgen durch das Kernkraftwerk, sondern vermuten eher Auswirkungen durch den Klimawandel", sagt Kasprzak.Neben den Experimenten des Leibnitz-Institutes soll das vom Bundesforschungsministerium finanzierte Seelabor auch anderen nationalen und internationalen Wissenschaftlern zur Verfügung stehen. Forscher weltweit sind eingeladen, die einzigartige Plattform mit ihren Ideen und Methoden zu nutzen.

  Quelle: dapd


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