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Bedenkenanmeldung: Einstellung trotz Anweisung?

25.09.2014

Ein Auftragnehmer kommt in Verzug, wenn er Bedenken anmeldet, der Auftraggeber auf diese Bedenkenanmeldung in der Weise reagiert, dass er eine Durchführung der Arbeiten wünscht und der Auftragnehmer gleichwohl die Arbeiten einstellt, obwohl ihrer Durchführung weder behördliche noch gesetzliche Bestimmungen entgegenstehen.

Dies hat das OLG Hamm in einem Urteil vom 24.05.2012 (Az.: 21 U 95/11) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 20.05.2014 (Az.: VII ZR 193/12) zurückgewiesen.

Der Fall: AN soll für AG in der Zeit vom 25.06. bis 13.07. Bodenbelagsarbeiten auf einer Gummidämmunterlage durchführen. Mitte Juni meldet AN Bedenken an, obwohl er auf Nachfrage vom Hersteller erfahren hat, dass der Bodenbelag auf einer Gummidämmunterlage ordnungsgemäß verlegt werden könne. Auch hinsichtlich des Brandschutzes äußert AN Bedenken. AG weist diese Bedenken zurück mit dem Hinweis, der Aufbau entspreche der Brandschutzklasse B 1. AN meldet erneut Bedenken an. Auf einer Besprechung vom 06.07.2014 legen die Parteien fest, dass AN die Arbeiten frühestmöglich beginnen und spätestens am 03.08. abschließen soll. Stattdessen meldet AN erneut Bedenken und Behinderung an, die AG ebenfalls zurückweist. Daraufhin fordert AG den AN auf, die Arbeiten zum 31.07. aufzunehmen. AN nimmt die Arbeiten nicht auf. Daraufhin kündigt AG aus wichtigem Grund. AN verlangt Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen in Höhe von 33.000,00 €.

Das Urteil: AN erhält keine Vergütung, denn AG hat zu Recht gekündigt. Spätestens nach der Besprechung vom 06.07. hätte AN unverzüglich mit den Arbeiten beginnen müssen. Eine zurückgewiesene Bedenkenanzeige berechtigt nicht zur Einstellung der Arbeiten, es sei denn, behördliche oder gesetzliche Verbote stehen der Aufnahme der Arbeiten entgegen oder aber es besteht Gefahr für Leib und Leben. Dies alles war hier nach Auffassung des OLG Hamm nicht gegeben. Deswegen war die Durchführung der Arbeiten AN nicht unzumutbar. Zudem hatte AN die Einhaltung der Frist auch zugesagt.

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Fazit: Bei einem Vertrag unter Einbeziehung der VOB/B wird AN von seiner Mangelhaftung frei, wenn er Bedenken gegen die Ausführung anmeldet und der Bauherr trotzdem anordnet, weiterzubauen (§§ 4 Abs. 3, 13 Abs. 3 VOB/B). Ebenso verliert AG seinen Gewährleistungsanspruch bei einem BGB-Vertrag, auch wenn dies im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt ist. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH folgt dies aus der baurechtlichen Kooperationspflicht.

Daraus folgt zum einen, dass der Bedenkenhinweis für sich genommen niemals eine Pflichtverletzung ist. Verlangt AG allerdings trotz des Hinweises die Durchführung der Arbeiten, so muss AN diese durchführen und darf nicht etwa die Arbeiten einstellen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn für AN die Durchführung der Arbeiten unzumutbar ist, etwa weil Gefahr für Leib und Leben droht oder weil behördliche oder gesetzliche Verbote bestehen (z. B. weil keine Baugenehmigung vorliegt, was AN auch weiß).

Der Bedenkenhinweis hat unverzüglich, schriftlich und eindeutig zu erfolgen, d. h. er muss erkennen lassen, gegen welche Ausführungsart oder welche Vorleistungen AN Bedenken hat. Demgegenüber muss AN weder Verbesserungsvorschläge machen noch darauf hinweisen, dass er die Gewährleistung für den Fall, dass AN sich über seine Bedenken hinwegsetzt, ablehnt. Letzteres folgt bereits aus dem Gesetz bzw. der VOB/B. Dieser Hinweis sollte daher unterbleiben.


  Quelle: RA Michael Seitz


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