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Fehlerhafte Eintragungen sind keine fehlenden Erklärungen!

10.12.2012

Die Vergabekammer Brandenburg hat mit Beschluss vom 24. August 2012 – VK 25/12 – folgendes entschieden:

Gibt ein Bieter als Einzelfirma ein Angebot ab und gibt – irrtümlich – die Umsätze der Firmengruppe und nicht der Einzelfirma an, so fehlt seine
mit dem Angebot abgegebene Erklärung in diesem Punkt nicht, sie ist vielmehr unrichtig.


Derart fehlerhafte Eintragungen sind nicht mit fehlenden Angaben / Unterlagen gleichzusetzen und können somit nicht nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A nachgereicht werden.


Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte den Neubau eines Universitätsgebäudes europaweit im Offenen Verfahren ausgeschrieben. Der nicht präqualifizierte Bieter A hatte in seinem Angebot über Tischlerarbeiten auch eine Eigenerklärung zur Eignung abgegeben. In einem Formblatt hatten die Bieter zu den Umsatzangaben eine Bestätigung eines Wirtschaftsprüfers oder entsprechend testierte Jahresabschlüsse vorzulegen, um in die engere Wahl zu kommen. Nach den Bewerbungsbedingungen waren Unterlagen, die vom AG nach Angebotsabgabe verlangt würden, zu dem von diesem bestimmten Zeitpunkt einzureichen, andernfalls das Angebot ausgeschlossen werde. A hatte als Umsatz der letzten drei Geschäftsjahre irrtümlich die 10-fach überhöhte Zahl seiner gesamten Firmengruppe angegeben; auf Aufforderung reichte er statt der entsprechenden Nachweise hierfür korrigierte Umsatzzahlen ein. Der AG forderte zur Aufklärung und Nachreichung der diesbezüglichen Belege auf, die fristgerecht vorgelegt wurden. Zweitbieter B hegte Zweifel an der ordnungsgemäßen Eigenerklärung des A und vermutete die unzulässige Nachforderung von Erklärungen zugunsten des A und stellt daher nach erfolgloser Rüge Nachprüfungsantrag. Nach Ansicht der Vergabekammer zu Recht; die Wertung müsse unter Ausschluss des Angebots des A wiederholt werden, da der AG gegen das Gleichbehandlungsgebot des § 97 Abs. 1 und 2 GWB verstoßen habe. Er hätte das Angebot des A zwingend ausschließen müssen, weil dieser innerhalb der vorgegebenen Frist von sechs Kalendertagen nicht sämtliche der nachgeforderten Unterlagen eingereicht und zudem sein Angebot nach Submission inhaltlich abgeändert habe. Hier habe der A sein Angebot nachträglich abgeändert. Zudem habe er die nachgeforderten Unterlagen weder für die falschen noch für die richtigen Umsatzzahlen rechtzeitig vorgelegt. Die Eigenerklärung des A mit den irrtümlich falschen Umsatzzahlen sei keine fehlende, sondern eine unrichtige Erklärung. Unter § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A fielen lediglich geforderte Erklärungen und Nachweise, die bis zum Fristablauf mangels Vorlage physisch nicht vorhanden oder unvollständig seien oder sonst formalen Vorgaben nicht entsprächen, so dass das Angebot gar nicht geprüft werden könne. Demgegenüber sollte eine inhaltliche Nachbesserung desAngebots durch die Einführung des § 16 Abs. 1 Nr. 3 in der VOB/A 2009 gerade nicht erreicht werden. Die Regelung solle lediglich verhindern, dass unvollständige Angebote von vornherein ausgeschlossen würden. Darüber hinaus habe hier der AG gegen das Nachverhandlungsverbot des § 15 Abs. 3 VOB/A verstoßen. Denn Aufklärungsgespräche dürften nur zur Abklärung bestehender Zweifelsfragen, nicht jedoch zur Abänderung des Angebotsinhalts führen. Dieser Gedanke resultiere aus dem Gleichbehandlungsgebot des § 97 Abs. 1 und 2 GWB und gelte auch für Eignungsnachweise.

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Anmerkung:
Die Entscheidung zeigt erneut, welche Probleme sich aus dem mit der VOB/A 2009 neu eingeführten § 16 Abs. 1 Nr. 3 und der Möglichkeit des Auftraggebers, fehlende Erklärungen nachzufordern, ergeben. Dabei ist es daher wichtig, besonders sorgfältig zu differenzieren, ob ein Angebot lediglich unvollständig oder tatsächlich unrichtig ist. Gerade im letztgenannten Falle ist für den Auftraggeber immer die Gefahr gegeben, mit dem Nachverhandlungsverbot des § 15 Abs. 3 VOB/A zu kollidieren.


  Quelle: RA Michael Werner


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