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Genaue Bezeichnung von Mangelerscheinungen

07.08.2014

Der Besteller genügt seiner Darlegungslast, wenn der Mangelerscheinungen, die er der fehlerhaften Leistung des Unternehmers zugeordnet, genau bezeichnet. Zu den Ursachen der Mangelerscheinungen muss der Besteller nicht vortragen.

Dies hat der BGH in einem Urteil vom 05.06.2014 (Aktenzeichen VII ZR 276/13) entschieden.

Der Fall: Besteller AG erwirbt von einem Software-Unternehmer (AN) ein Waren-wirtschaftsprogramm für sein Möbelhaus, das AN installieren und an die von AG genutzten Onlineshops anbinden soll. Später behauptet nun AG Mängel an der Software, namentlich die fehlende Funktionsfähigkeit der Schnittstellen zu den Online-Portalen.
AG erklärte den Rücktritt vom Vertrag und verlangt Rückzahlung der gezahlten Vergütung. Sowohl das Landgericht als auch das OLG sind der Meinung, AG habe den Mangel, insbesondere das Fehlen von vereinbarten Funktionen, nicht ausreichend dargelegt.

Das Urteil: Dagegen wehrt sich AN mit Erfolg vor dem BGH! Dieser hebt das Urteil auf und verweist das Verfahren zur weiteren Sachaufklärung an das OLG zurück. Der Vortrag des AG zu den Mängeln der Werkleistung sei ausreichend. Es reiche nämlich die genaue Bezeichnung der Mangelerscheinungen, hingegen muss AG zu den Ursachen der Mängel nichts vortragen. Ob die Ursache für die Mängel in einer vertragswidrigen Leistung des AN liegt, ist Gegenstand der Beweisaufnahme und nicht des Sachvortrages von AG. Der Vortrag der AG genügt diesen Anforderungen. AG trug von Anfang an vor, AN habe die Schnittstellen zu den Online-Portalen herzustellen gehabt und diese Schnittstellen hätten nicht funktioniert, denn der vereinbarte automatische Datenaustausch habe nicht stattgefunden. Zwar hatte AN vorgetragen, die Probleme an den Schnittstellen beruhten auf eigenmächtigen Änderungen, die AG an dem installierten System vorgenommen habe. Ob dies tatsächlich so sei, ist aber nach Ansicht des BGH in der Beweisaufnahme zu klären. Hierzu müsse AG also nicht weiter vortragen.

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Fazit: Die Entscheidung entspricht der bereits seit langem bestehenden so genannten „Symptomrechtsprechung“ des BGH. Der Besteller (AG) muss nicht fachkundig sein und daher auch nicht zu technischen Zusammenhängen in Bezug auf die Ursachen des Mangels vortragen. Er muss vielmehr nur die „Symptome“ des Mangels benennen. Das war hier der fehlende Datenaustausch an den Schnittstellen. Selbst wenn also das Gericht - wie offenbar hier - die Mängelrügen des AG nicht für plausibel hält, muss es dies durch Beweisaufnahme klären.

Diese Rechtsprechung ist für Bauunternehmer nicht unproblematisch: Der Bauherr kann sich darauf beschränken, Symptome, also Mangelerscheinungen darzustellen. Selbst wenn der begründete Verdacht besteht, dass diese Mangelerscheinung gar nicht durch den Bauunternehmer, sondern vielmehr durch den Bauherrn selbst verursacht wurden, muss nach dieser Entscheidung das Gericht genau diese Frage durch Beweisaufnahme (also regelmäßig durch einen Sachverständigen) klären. Das Gericht darf sich dabei nicht allein von Plausibilitätserwägungen leiten lassen. Das alles kostet Zeit und Geld. Entscheidend ist aber - wie immer - ob eine Abnahme stattgefunden hat. Ist dies der Fall, muss der Bauherr die Mangelhaftigkeit der Leistung beweisen, ist dies hingegen nicht der Fall, muss der Bauunternehmer die Mangelfreiheit seiner Leistung beweisen. Wer die Beweislast trägt, muss im Übrigen auch den Kostenvorschuss für den Sachverständigen leisten. 

  Quelle: RA Michael Seitz


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