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Stundenlohnarbeiten: Keine Anordnung durch Bauleiter!

09.04.2015

Der Bauleiter des Auftraggebers ist ohne besondere Vollmacht grundsätzlich nicht zum Abschluss einer Stundenlohnvereinbarung berechtigt. Auch ist eine vom Auftraggeber vorformulierte Vertragsbedingung wirksam, wonach Stundenlohnarbeiten nur vergütet werden, wenn sie vorher schriftlich angeordnet wurden.

Dies hat das OLG Hamm in einem Urteil vom 19.06.2012 (Az.: 21 U 85/11) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 26.06.2014 (Az.: VII ZR 232/12) zurückgewiesen.

Der Fall: AN verlangt von AG noch gut 36.000,00 € aus Stundenlohnarbeiten. Diese wurden sämtlich vom Bauleiter des AG angeordnet worden. Auch mit den Abschlagsrechnungen wurden insgesamt 34.000,00 € für Stundenlohnarbeiten bezahlt. AG wendet ein, nach den von ihm gestellten zusätzlichen Vertragsbedingungen würden Stundenlohnarbeiten nur vergütet, wenn sie vorher vom AG schriftlich angeordnet seien. Zudem habe AN keine von AG abgezeichneten Stundenlohnzettel vorgelegt. Daher sei eine Abgrenzung zu bereits vom Hauptauftrag umfassten Arbeiten nicht möglich. Schließlich sei der Bauleiter zur Anordnung von Stundenlohnarbeiten auch nicht bevollmächtigt gewesen.

Das Urteil: AN verliert vor dem OLG Hamm und auch vor dem BGH. Das OLG hält bereits die Klausel in den ZVB, nach der Stundenlohnarbeiten nur vergütet werden, wenn sie zuvor schriftlich angeordnet wurden, für wirksam. Eine schriftliche Anordnung lag hier aber nicht vor. Vielmehr wurden die Stundenlohnarbeiten mündlich durch den Bauleiter des AG angeordnet. Der Bauleiter des AG ist aber ohne besondere Vollmacht grundsätzlich nicht zum Abschluss einer Stundenlohnvereinbarung berechtigt. Auch hier hat eine solche Vollmacht nicht vorgelegen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass AG Abschlagsrechnungen bezahlt hat, die auch Stundenlohnarbeiten enthielten. Darin liegt kein Anerkenntnis des Vergütungsanspruchs, solange die Schlussrechnung noch nicht erteilt ist. Zum Zeitpunkt der Abschlagszahlung stehe nämlich die Höhe der endgültigen Forderung noch gar nicht fest.

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Fazit: Stundenlohnarbeiten sind ein Quell ewigen Ärgers auf der Baustelle! Der hier beschriebene Fall betrifft dabei eine alltägliche Situation: Der Bauleiter des AG ordnet auf der Baustelle viele kleine Änderungen an, welche der AN „zum Nachweis“ erbringen soll. Im Vertrag ist jedoch geregelt, dass Stundenlohnarbeiten schriftlich angeordnet werden müssen. Da das OLG Hamm gegen diese Vertragsklausel keine Bedenken hat, wäre AN hier schon allein an der fehlenden Schriftlichkeit der Anordnung gescheitert. Darüber hinaus muss aber jeder Bauunternehmer auch wissen, dass selbst ohne eine solche Schriftformklausel regelmäßig weder der Bauleiter des Bauherrn noch dessen Architekt bevollmächtigt ist, Stundenlohnarbeiten anzuordnen. Die Anordnung solcher Stundenlohnarbeiten ist nämlich regelmäßig eine Vertragsänderung, zu der es einer besonderen Beauftragung bedarf. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH liegt eine solche – wie in § 2 Nr. 10 VOB/B geregelt – nur vor, wenn Stundenlohnarbeiten vom Auftraggeber oder einem hierzu bevollmächtigten Vertreter vor deren Ausführung ausdrücklich angeordnet werden. Erst dann gelten die Regeln des § 15 VOB/B zur Einreichung der Stundenzettel.

Ebenso wenig nützt es dem AN, wenn – wie sehr häufig, meist am Ende des Leistungsverzeichnisses – eine oder mehrere Positionen für Stundenlohnarbeiten ausgewiesen sind. Damit ist nämlich nur festgelegt, welcher Preis für etwaig wirksam beauftragte Stundenlohnarbeiten zu zahlen ist. Die eigentliche Beauftragung der Stundenlohnarbeiten muss aber stets noch einmal gesondert erfolgen.

Wie der hiesige Fall exemplarisch zeigt, ist auch die sehr häufig unter Bauunternehmern anzutreffende Auffassung unzutreffend, die Stundenlohnarbeiten seien dann anerkannt, wenn sie in der Abschlagsrechnung aufgeführt, geprüft und bezahlt wurden. Erst die Prüfung der Schlussrechnung entscheidet nämlich abschließend darüber, welche Leistungen zu bezahlen sind.

Der hier von AG vorgebrachte Einwand allerdings, er hätte die Stundenlohnzettel abzeichnen müssen, trifft nicht zu. Werden vom Auftraggeber oder seinem bevollmächtigten Vertreter tatsächlich Stundenlohnarbeiten angeordnet und fertigt AN darüber Stundenzettel, die er rechtzeitig bei AG eingereicht, gelten diese jedenfalls im VOB-Vertrag (§ 15 Abs. 3 letzter Satz VOB/B) als anerkannt, wenn sie nicht fristgemäß zurückgegeben werden.

Der Bauunternehmer sollte aus alldem Folgendes lernen: Möglichst schon vor Beginn der Bauarbeiten, z. B. auf der ersten Baubesprechung, spätestens aber bei der ersten Anordnung von Stundenlohnarbeiten musst der Unternehmer klären, ob und gegebenenfalls wer Stundenlohnarbeiten beauftragen darf. Auch muss er in seinem Vertrag prüfen, ob hierfür ein Schriftformerfordernis vorliegt. Ordnet ein Bauleiter oder Architekt Stundenlohnarbeiten an, so sollte sich AN die Vollmacht vorlegen lassen und eine Kopie davon machen. Weigern sich Bauleiter oder Architekt, ihre Vollmacht vorzulegen oder besitzen sie keine, sollte stets – und zu Beweiszwecken immer schriftlich – die Beauftragung durch den AG abgewartet werden. Vorher sollte keinesfalls mit den Arbeiten begonnen werden, auch wenn Bauleiter oder Architekt noch so sehr insistieren! Hält sich AN nicht an diese Regeln, so wird er die Stundenlohnarbeiten regelmäßig nicht bezahlt bekommen. Zwar ist es ihm unbenommen, bei einem Einheitspreisvertrag diese Arbeiten aufzumessen und – gegebenenfalls als Nachtrag – abzurechnen. Ein solches Aufmaß wird jedoch typischerweise nicht mehr möglich sein. Dann geht AN leer aus! Professionelle Auftraggeber kennen diese Rechtsprechung und wissen sie zu nutzen.


  Quelle: RA Michael Seitz


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