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Zwingende Einhaltung formaler Vorgaben des Auftraggebers auch im VOF-Verfahren?

17.06.2014

Das OLG Frankfurt hat mit Beschluss vom 05.03.2014 – 11 Verg 2/14 – Folgendes entschieden:

Weicht das Angebot eines Bieters von zwingenden Vorgaben des Auftraggebers ab, kann es zur Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach § 97 Abs. 2 GWB auch im Verhandlungsverfahren nach der VOF geboten sein, dieses Angebot von der Wertung auszuschließen.

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte Generalplanerleistungen für den Bau einer Umgehungsstraße im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb nach VOF europaweit ausgeschrieben. In der Aufforderung zur Angebotsabgabe hieß es ausdrücklich, dass bei der Präsentation des Bieters die mit den Angebotsunterlagen eingereichten Präsentationsfolien zu verwenden seien. Bieter A hatte ein Angebot abgegeben. Im Rahmen seiner im Verhandlungsgespräch gehaltenen Präsentation verwendete er jedoch Folien, die teilweise von dem mit dem Angebot eingereichten Folien abwichen. Der AG schloss deshalb den A aus formalen Gründen aus. A beantragte Nachprüfung – mit dem Hinweis, dass ein solcher Ausschlussgrund in der VOF nicht geregelt sei. Außerdem war er der Meinung, dass die Leistungen hier nach VOL/A hätten ausgeschrieben werden müssen, was das gesamte VOF-Verfahren unzulässig mache. Gegen die abweisende Entscheidung der Vergabekammer legte er sofortige Beschwerde ein.

Das OLG weist die Beschwerde zum Teil als unzulässig, zum Teil als unbegründet zurück. Unzulässig sei der Antrag, soweit der Bieter die falsche Vergabeart rüge. Denn die Gründe, die zur Unzulässigkeit des Verhandlungsverfahrens nach VOF führen sollten, seien bereits in der Bekanntmachung erkennbar gewesen. Die gewählte Verfahrensart gehöre zu den Grundlagen des Vergaberechts, sodass die rechtlichen Konsequenzen für einen durchschnittlichen Bieter ohne Rechtsberatung unter Beachtung der gebotenen Sorgfalt in der Regel erkennbar seien. Daher hätte der Bieter nach § 107 Abs. 3 Nr. 2 GWB bis zum Ablauf der Angebotsabgabefrist gegenüber dem AG rügen müssen; dies war nicht der Fall.

Darüber hinaus habe der AG das Angebot zu Recht ausgeschlossen. Zwar gebe es in der VOF – anders als in der VOB/A und VOL/A – keine Vorschriften betreffend die Rechtsfolgen bei Nichteinhaltung von Angebotsbedingungen. Die Ausschlussregelungen des § 4 Abs. 6 – 9 VOF, die als abschließend angesehen werden, seien hier nicht einschlägig, da sie lediglich bieterbezogene Ausschlussgründe beinhalteten, um die es vorliegend nicht gehe. Allerdings seien die Grundprinzipien des § 97 Abs. 1 und 2 GWB – Wettbewerbsgrundsatz, Transparenz- und Gleichbehandlungsgrundsatz – auch im Verhandlungsverfahren nach VOF zu beachten. Zur Wahrung des Transparenz- und des Gleichbehandlungsgebotes gelte im Vergaberecht, dass auch formale Bedingungen stets einzuhalten seien. Diesen Geboten könne nur dadurch Rechnung getragen werden, dass Angebote, deren Zulassung zu einer Verletzung dieser Grundsätze führen würden, von der Wertung auszuschließen seien.

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RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
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Anmerkung:
In den Vorschriften der VOF gibt es keine Regelung, dass bindende Vorgaben des AG auch in VOF-Verfahren zwingend einzuhalten sind und dass Änderungen an den Vergabeunterlagen zum Ausschluss führen. Nach ständiger Rechtsprechung wird dies jedoch eindeutig bejaht. Wie die o.g. Entscheidung zeigt, gebieten bereits die übergeordneten Grundprinzipien des § 97 GWB, dass auch im VOF-Verfahren die bindenden Vorgaben des AG einzuhalten sind und dass Änderungen daran zum Ausschluss des Angebotes führen.

  Quelle: RA Michael Werner


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