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5 Tage statt 5 Wochen!

23.11.2018

Wirtschaft benötigt schnellere Genehmigungen für Schwerlasttransporte

Langsame Verfahren beeinträchtigen wichtige Lieferketten / Deutlich mehr Mittel zur Sanierung maroder Brücken benötigt / Erste Verbesserungen in Hessen und anderen Ländern erreicht

Die Genehmigungsverfahren für Großraum- und Schwertransporte sind in vielen Bundesländern noch immer viel zu umständlich und langsam. Einstimmig haben sieben große Wirtschaftsverbände daher auf dem diesjährigen Verkehrsforum Verbesserungen angemahnt. Sie fordern deutlich mehr Investitionen in die Infrastruktur, insbesondere in die Ertüchtigung maroder Brücken, eine Aufstockung der Planungsmittel für Ingenieure in den zuständigen Behörden und eine bessere Zusammenarbeit unter den Bundesländern, die durch Datenaustausch Transparenz über Verkehrsbehinderungen und Baustellen herstellen sollen, bis hin zu einem automatisierten Genehmigungsverfahren. Genehmigungen für Sondertransporte sollten binnen 5 Tagen und nicht erst nach 5 Wochen vorliegen, lautet eine zentrale Forderung der Wirtschaft. An der Veranstaltung der Verbändeinitiative im Haus der Wirtschaft Hessen in Frankfurt nahmen 150 Fachleute aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung teil.

Zentrale Aussagen der Teilnehmer des Forums lauten:
Klaus Rohletter, Vorstandsvorsitzender Bauunternehmung Albert Weil AG, Limburg, und stellvertretender Vorsitzender des Verkehrsausschusses der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände: „Ob in Bauwirtschaft, Maschinen- und Anlagenbau oder Landwirtschaft – funktionierende Großraum- und Schwertransporte sind unerlässlich für die deutschen Wirtschaft. Ein Jahr nachdem wir uns an die 16 Landesverkehrsminister gewandt haben, gibt es Verbesserungen in einzelnen Ländern. Beispielsweise hat in Hessen Innenminister Peter Beuth die Übergangsfristen für die Begleitung von Sondertransporten durch die Polizei für einen längeren Zeitraum genehmigt. Zudem wurde das Personal bei Hessen Mobil aufgestockt. Dem müssen jetzt rasch strukturelle und länderübergreifende Verbesserungen folgen.“

Wolfgang Draaf, Hauptgeschäftsführer der Bundesfachgruppe Schwertransporte und Kranarbeiten (BSK), Frankfurt, skizzierte die Probleme, die weiterhin bestehen, und unterbreitete konkrete Verbesserungsvorschläge: „Nach wie vor müssen Unternehmer mitunter 5 Wochen oder länger auf Genehmigungen warten – je nach Bundesland. Es gibt keine Planungssicherheit. Die Folge sind verzögerte Lieferketten und oftmals Konventionalstrafen für verspätete Lieferungen. Unser Image ‚made in Germany‘ steht auf dem Spiel“, so Draaf. Seine Forderung: Anträge müssten binnen 5 Werktagen entschieden werden. Dazu müssen bürokratische Hürden reduziert, intermodale Schnittpunkte gesichert und Daten länderübergreifend ausgetauscht werden mit dem Ziel eines automatisierten Genehmigungsverfahrens. Neben massiven Investitionen in die Infrastruktur müssten Brücken schneller ertüchtigt werden und die dafür nötigen Planungsmittel aufgestockt werden.

Steffen Bilger (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), und Koordinator der Bundesregierung für Güterverkehr und Logistik erklärte: „Die Herausforderungen Erlaubnis- bzw. Genehmigungsverfahren für Großraum- und Schwertransporte sind im BMVI bekannt und werden angegangen. So haben wir 2017 für eine Vereinfachung gesorgt, in dem die zugehörige Verwaltungsvorschrift reformiert wurde. Auch haben wir kürzlich den ersten Entwurf einer Verordnung vorgelegt, auf deren Grundlage künftig die Transportbegleitung vollständig von der Polizei auf private Unternehmen übergehen kann. Darüber hinaus engagiert sich der Bund gemeinsam mit den Ländern dafür, das VEMAGS-System deutlich effizienter zu gestalten.“

Erika Hoffmann, Referatsleiterin in der Abteilung „Straßen und Verkehrswesen“ im Hessischen Verkehrsministerium, erklärte: „Die Landesregierung nutzt alle Möglichkeiten, die Bearbeitungszeiten für genehmigungspflichtigen Großraum- und Schwertransporte weiter zu reduzieren. So beteiligt sich Hessen federführend an der Überarbeitung der gesetzlichen Bestimmungen, um das Genehmigungsverfahren zu vereinfachen und damit zu beschleunigen. Bund und Länder haben Verbesserungen am internetbasierten Verfahren VEMAGS vorgenommen zur Weiterentwicklung mit dem Ziel, ein automatisiertes Genehmigungsverfahren zu erreichen. Hessen Mobil hat dank verstärktem Personaleinsatzes eine deutliche Reduzierung der Bearbeitungszeiten erreicht.“

Uwe Hinzmann, Managing Director Zentraleuropa des Bauunternehmens Keller Grundbau GmbH, Offenbach, mit 450 Mitarbeitern hat nach wie vor Probleme mit Transportgenehmigungen: „Die Genehmigungsverfahren müssen grundsätzlich beschleunigt und endbürokratisiert werden. Dies kann erreicht werden durch die adäquate Aufstockung von Fachpersonal in den Genehmigungsbehörden und durch den Abbau von Föderalismus und Vereinheitlichung und Digitalisierung der Genehmigungsanträge für Großraum- und Schwertransporte. Die Bearbeitungszeit kann dadurch deutlich auf 5 Werktage im Durchschnitt reduziert werden. Nur so kann die deutsche Bauindustrie die vertraglich vereinbarte Produktqualität und Ihr Zuverlässigkeitsversprechen in Bezug auf die Bauzeit einhalten.“

Dr. Burkhard Siebert, Hauptgeschäftsführer beim Bauindustrieverband Hessen-Thüringen, Wiesbaden, ergänzte: „Das Genehmigungsverfahren ist einfach zu lang und unflexibel. Das geht zulasten der Planbarkeit und zieht enorme Verzögerungen auf Baustellen nach sich. Wir können nicht akzeptieren, dass Baugeräte nicht eingesetzt werden können, nur weil die Genehmigung für den Transport zur Baustelle fehlt. Für Unternehmen bedeutet das nicht nur finanzieller Ausfall, sondern auch einen Imageschaden. Vielmehr sollte die Landespolitik alles daran setzen, dass die hessische Infrastruktur – vor allem die maroden Brücken – instand gesetzt werden. Dann können wieder Dauergenehmigungen erteilt werden und umständliche Umfahrten entfallen.“

Ähnlich problematisch sieht es Anja Gelbert, Spezialistin für Schwertransporte beim Anlagenbauer Buss-SMS-Canzler GmbH, Butzbach mit 230 Mitarbeitern: „Wir produzieren unter anderem Klärschlammtrockner, deren Transport durch Abmessungen / Gewicht genehmigungspflichtig sind. Für einen aktuellen Transport zu einer ca. 60 km entfernten Baustelle wurde der direkte Straßentransport aus diversen Gründen mehrfach abgelehnt. Alternativ bleibt nur der kombinierte Transport Straße / Binnenschiff. Fehlende Planungssicherheit und Kalkulationsgrundlage stellen ein großes Problem für uns dar.“

Naemi Denz, Mitglied der Hauptgeschäftsführung beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Frankfurt, ergänzte: „Die Kunden unserer Mitglieder erwarten nicht nur Qualität bei den Maschinen und Anlagen, sondern auch bei der Abwicklung der Lieferungen. Verzögerungen durch lange Laufzeiten für Ausnahmegenehmigungen von Schwertransporten werden vor allem bei Exporten zu einem Wettbewerbsnachteil gegenüber ausländischen Anbietern. Wir benötigen daher auch hier verlässliche Prozesse. Ansonsten sind Standorte und damit Arbeitsplätze in Deutschland in Gefahr.“

Jörg Reichmann, Mitglied des Vorstands bei der STL Logistik, Haiger, mit ca. 200 Beschäftigten bestätigt die Situation: „Die Situation ist nach wie vor unbefriedigend. Probleme beim Transport führen zu enormen monetären und zeitlichen Verzögerungen. Aufgrund von Baustellen, Ablehnungen und mangels Alternativrouten für den Transport haben sich die Kosten vieler Projekte nahezu verdoppelt. Zu beklagen ist im Ergebnis neben dem Mehraufwand und den Mehrkosten auch die damit einhergehende Unzufriedenheit unserer Kunden, deren internationale Wettbewerbsfähigkeit leidet.“

Prof. Dr. Dirk Engelhardt, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), Frankfurt, mahnte: „Im Zuge steigender Verkehrsleistung auf der Straße ist es essenziell, dass wir auf Verbandsebene zusammen mit den Unternehmern und der Politik tragfähige Lösungen über die Landesgrenzen hinweg erarbeiten, um die Abläufe im Genehmigungsbereich (Sondernutzung) sowie im Transport zu beschleunigen und schnellstmöglich abzuwickeln.“

  Quelle: www.bauindustrie.de


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