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Abnahme der Nachunternehmerleistung aufgrund Nutzung durch Auftraggeber?

04.08.2015

von RA Michael Werner

Das OLG Brandenburg hat mit Urteil vom 18.06.2015 – 12 U 14/14 – u.a. Folgendes entschieden:

• Überlässt der Hauptauftragnehmer dem Auftraggeber die Leistung eines Nachunternehmers zur Benutzung und nutzt der Auftraggeber das Werk daraufhin, liegt darin eine (fiktive) Abnahme der Nachunternehmerleistungen.

Ein privater Auftraggeber (AG) hatte einen Generalunternehmer (GU) mit der Errichtung von zwei Solaranlagen beauftragt. Der GU lässt die erforderlichen Leistungen durch einen Nachunternehmer (NU) erbringen; im GU-Vertrag ist die VOB/B vereinbart. Nach Fertigstellung der Anlagen übergibt der GU dem AG diese, der sie darauf in Betrieb nimmt. Anschließend rügt der GU gegenüber dem NU Mängel der Werkleistung. Der NU stellt Schlussrechnung, die der GU jedoch nicht begleicht, worauf der NU Zahlungsklage gegen den GU erhebt. Dagegen wendet der GU unter anderem ein, die Werklohnforderung sei nicht fällig, weil er die Anlagen nicht abgenommen habe; die Inbetriebnahme der Anlagen durch den AG müsse er sich nicht zurechnen lassen. Der NU fordert vom GU weiterhin Zahlung des Werklohns.

Das OLG Brandenburg gibt hier dem NU Recht. Die Parteien hätten die Regelungen der VOB/B durch entsprechende Bezugnahme in den Vertrag einbezogen. Da es sich bei beiden um auf dem Bausektor tätige Unternehmen handele, sei bei ihnen eine Kenntnis des Regelwerks der VOB/B anzunehmen. Hier sei die Leistung des NU auch abgenommen worden. Es liege eine fiktive Abnahme nach § 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B vor. Bei einer Leistung durch einen NU sei die Inbenutzungsnahme durch den AG nach § 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B darin zu sehen, dass jener die Leistung dem Bauherrn zur Benutzung überlasse und der Bauherr das Werk nutze. Die Benutzung könne z.B. durch die Inbetriebnahme eines Kraftwerks erfolgen. Keine fiktive Abnahme liege dagegen vor, wenn die Inbetriebnahme lediglich aus dem Zwang der Verhältnisse resultiere, also etwa aus dem Gesichtspunkt der Schadensminderung. Vorliegend sei unstreitig, dass die Inbetriebnahme der Solaranlagen durch den AG erfolgt sei. Dabei sei zugleich eine fiktive Abnahmehandlung des GU gegenüber dem NU darin zu sehen, dass jener seinem Auftraggeber die Anlage zur Verfügung gestellt habe. Auch sei weder ersichtlich noch von der Beklagten vorgetragen, dass die Inbetriebnahme der Anlagen lediglich als Grund einer Schadensminimierung erfolgt sei. Der GU habe hier zwar Mängel gerügt. Diese Mängelanzeige sei aber erst nach Inbetriebnahme der Anlagen erfolgt. Gem. § 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B gelte die Abnahme nach Ablauf von 6 Tagen nach Inbetriebnahme der Anlage jedoch als erfolgt.

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RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
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Anmerkung:
Wenn die Parteien im vorliegenden Falle eine förmliche Abnahme entweder vereinbart hätten oder eine Partei hätte diese gefordert (siehe § 12 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B), wäre hier kein Raum für eine fiktive Abnahme im Sinne des § 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B gewesen. Eine andere Möglichkeit wäre gewesen, dass die Parteien von vornherein die Abnahmefiktion des § 12 Abs. 5 VOB/B ausgeschlossen hätten. Anders wäre der Fall auch zu beurteilen, wenn der AG und der GU vertraglich vereinbart hätten, dass der AG die Abnahme erst nach einer bestimmten Probephase erklären werde. In einem solchen Probebetrieb ist dann keine Abnahme im Verhältnis zwischen GU und NU zu sehen.

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