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Abnahme verweigert: Zahlungsklage möglich

24.02.2022

 

Verweigert ein Auftraggeber die Abnahme zu Unrecht, kann unmittelbar auf Zahlung geklagt werden, in der Zahlungsklage liegt dann an ein stillschweigendes Abnahmeverlangen. Das hat das OLG Nürnberg mit Beschluss vom 17.05.2021 (Az.: 13 U 365/21) entschieden.

Der Fall: AG beauftragt AN in einer Gasfeuerungsanlage u. a. mit dem Einbau einer automatischen Gasfackel zur Verbrennung überschüssiger Gase. AN baut die Gasfackel ein, AG verweigert jedoch die Abnahme, weil die Fackel nicht in die bestehende EDV-Anlage eingebunden sei. Die Parteien streiten darüber, ob dies vertraglich geschuldet war. Das Landgericht stellt fest, dass eine Einbindung in die EDV-Anlage vertraglich nicht vereinbart war und gibt der Klage statt. AG legt Berufung ein. Der Werklohn sei ohne Abnahme nicht fällig.

Die Entscheidung: Das OLG weist die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurück. Zwar liege keine förmliche Abnahme vor. Auch eine fiktive Abnahme gemäß § 640 Abs. 2 S. 1 BGB sei nicht gegeben, weil AN zwar die Abnahme verlangt hat, jedoch keine Frist zur Abnahme gesetzt hat. Gleichwohl kann AN unmittelbar auf Werklohn klagen, in seinem Zahlungsantrag liege dann ein konkludentes Abnahmeverlangen. Im vorliegenden Fall sei auch Abnahmereife gegeben, weil AN die geschuldeten Leistungen mangelfrei erbracht hat, denn die Einbindung in die EDV-Anlage gehörte nicht zu seinen vertraglichen Pflichten. Das AN insoweit keine Frist gemäß § 640 Abs. 2 BGB gesetzt und damit keine fiktive Abnahme herbeigeführt hat, ändert hieran nichts.

Fazit: Schon bisher waren ständige Rechtsprechung, dass auch bei einer fehlenden
oder verweigerten Abnahme der Auftragnehmer direkt auf Zahlung klagen kann. Das OLG Nürnberg problematisiert nun allerdings die Frage, ob die seit dem 01.01.2018 geltende Regelung des § 640 Abs. 2 S. 1 BGB, nach der eine Abnahme fingiert wird, wenn der Auftragnehmer dem Auftraggeber eine Frist zur Abnahme gesetzt und der Auftraggeber innerhalb dieser Frist die Abnahme nicht unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat, an dieser Rechtsprechung etwas ändert. Das verneint das OLG Nürnberg im Ergebnis zu Recht. § 640 Abs. 2 S. 1 BGB schafft eine zusätzliche Möglichkeit, zu einer Abnahme zu gelangen, sie verpflichtet den Auftragnehmer jedoch nicht, diesen Weg auch zu gehen. Aber: Gleichwohl ist die Zahlungsklage bei fehlender Abnahme in vielen Fällen eine Falle! Stellt sich nämlich im Laufe des Prozesses heraus, dass das Werk wesentliche Mängel aufweist, so wird die Zahlungsklage im Ganzen abgewiesen. Dann nämlich war und ist das Werk nicht abnahmereif und - mangels erfolgter Abnahme - der Werklohn im Ganzen nicht fällig! Das ist für den Auftragnehmer der "Super-GAU", denn er wird mit seiner Zahlungsklage vollständig (und nicht etwa nur in Höhe der vorhandenen Mängel oder des doppelten Mängeleinbehalts!) abgewiesen, muss nachbessern, erneut Abnahme verlangen und dann gegebenenfalls erneut auf Zahlung klagen! Auch die Prozesskosten des verlorenen Prozesses hat er dann natürlich zu tragen. Daher empfiehlt es sich stets, durch ein Abnahmeverlangen unter Fristsetzung zumindest zu versuchen, zu einer fiktiven Abnahme zu gelangen. Wendet AG hiergegen Mängel ein, so sollte AN diese beseitigen, gleich ob sie wesentlich oder unwesentlich sind (letzteres reicht für § 640 Abs. 2 S. 1 BGB aus !) und dann erneut ein Abnahmeverlangen unter Fristsetzung stellen. Erst wenn sicher feststeht, dass keine oder nur noch unwesentliche Mängel vorhanden sind, sollte AN sodann auf Zahlung klagen.

  Quelle: RA Michael Seitz


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