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Abschlagsrechnung: Arbeitseinstellung ohne Nachfristsetzung?

12.05.2016

von Ra Michael Seitz

Zahlt ein Auftraggeber eine fällige Abschlagsrechnung nicht, darf der Auftragnehmer seine Leistung nur einstellen, wenn er dem Auftraggeber zuvor fruchtlos eine Nachfrist gesetzt hat. Droht nach Arbeitseinstellung eine Überschreitung der vereinbarten Herstellungsfrist, kann der Auftraggeber auch ohne eine Mahnung wegen Verzuges kündigen, wenn der Auftragnehmer ernsthaft und endgültig erklärt, mit seiner Leistung sei erst nach Ablauf einer als angemessen anzusehenden Nachfrist zu rechnen.

Dies hat das OLG Karlsruhe in einem Urteil vom 28.05.2014 (Aktenzeichen 4 U 296/11) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BGH mit Beschluss vom 21.05.2015 (Aktenzeichen 7 ZR 128/14) zurückgewiesen.

Der Fall: AG beauftragt AN mit Stahlbauarbeiten an mehreren Bauvorhaben. Noch vor Fertigstellung kündigt AG den Vertrag. Vor dieser Kündigung hatte AN eine Abschlagsrechnung gestellt, die AG weitgehend, aber nicht vollständig ausglich. Eine Nachfrist zur Zahlung des nicht beglichenen Betrages setzt AN nicht.

Vielmehr stellt er seine Leistung unter Hinweis auf die teilweise nicht ausgeglichene Abschlagsrechnung ein. Daraufhin drohte die Überschreitung der vertraglich vereinbarten Herstellungsfrist. AG kündigt, beauftragt einen Drittunternehmer mit der Fertigstellung und macht die daraus folgenden Mehrkosten geltend. AN begehrt demgegenüber Zahlung restlichen Werklohns.

Das Urteil: Das OLG gibt hier – vom BGH durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde gebilligt – dem AG Recht. AN sei nicht berechtigt gewesen, die Arbeiten einzustellen. Es fehle an einer Nachfristsetzung gemäß § 16 Nr. 5 Abs. 3 Satz 1 der hier zugrunde liegenden VOB/B 2000. Eine solche Fristsetzung sei aber Voraussetzung, um die Leistungen einstellen zu dürfen. Zudem habe AN die weitere Ausführung ernsthaft und endgültig abgelehnt, bis seine Abschlagsrechnung bezahlt sei. Dies habe AG seinerseits zur Kündigung berechtigt. AN erhält daher nur die Vergütung für die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen und muss die dem AG durch die Ersatzvornahme entstandenen Mehrkosten tragen.

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Fazit: Auch in der VOB/B 2012 (und auch in der seit kurzen geltenden VOB/B 2016) gibt es in § 16 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 eine Pflicht zur Setzung einer angemessenen Nachfrist. Da das OLG hier feststellt, dass die Abschlagsrechnung des AN auch nicht vollständig prüfbar war, dürfte die Entscheidung auch unter der Geltung der neuen Regeln der VOB/B nicht anders ausfallen. Daraus folgt, dass jeder Auftragnehmer vor Kündigung des Vertrages wegen fehlender Abschlagszahlung stets eine Nachfrist setzen sollte. Aber selbst wenn auch die Nachfrist ungenutzt verstreicht, sollte vor einer Kündigung unbedingt Rechtsrat eingeholt werden. Eine solche Kündigung kann nämlich höchst gefährlich sein. Nach ständiger Rechtsprechung kann der AG nämlich auch nach Ablauf der Nachfristsetzung noch Mängel geltend machen. Übersteigen die Mängelbeseitigungskosten in einem solchen Fall den Betrag der Abschlagsrechnung, wobei der AG die doppelten Mängelbeseitigungskosten (Druckzuschlag) in Ansatz bringen darf, so gerät AG auch durch die Nachfristsetzung nicht in Zahlungsverzug mit der fatalen Folge, dass AN kein Kündigungsrecht und auch kein Recht zur Einstellung seiner Leistung hat und AG nunmehr seinerseits kündigen kann, wenn AN die Leistung dennoch einstellt. In solchen Fällen empfiehlt es sich meist, anstelle einer Kündigung auf der Basis des Zahlungsverzuges eine Bauhandwerkersicherung gemäß § 648 a BGB zu fordern. 

  Quelle: Ra Michael Seitz


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