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Angaben im Informationsblatt = vereinbarte Beschaffenheit?

22.09.2022

Wenn der Auftragnehmer dem Auftraggeber vor Vertragsschluss ein Informationsblatt zur Verfügung stellt, in dem genaue und spezifische Angaben gemacht werden, sind diese Angaben Teil der vereinbarten Beschaffenheit.
Das hat das OLG München mit Beschluss vom 27.07.2021 (Az.:28 U 1923/21 Bau) entschieden.

Der Fall: Der Auftraggeber (AG) beauftragte den Auftragnehmer (AN) mit der Errichtung einer Fernwärmeversorgungsanlage. Nachdem der AG die Anlage abgenommen hatte, rügte er einen Mangel: den zu hohen Wärmeverlust auf der 1,7 km langen Fernwärmestrecke. Der AN wendete ein, dass der Vertrag keine Vorgaben zum Wärmeverlust enthalte. Der AG erwiderte, dass der AN doch dem AG vor Vertragsschluss ein Informationsblatt zur Verfügung gestellt habe, in welchem der Wärmeverlust beziffert wird (13,5 W/Meter bzw. 20,5 W/Meter). Tatsächlich war der Wärmeverlust 3 - 5 Mal so hoch. Der AG klagt daraufhin auf Vorschuss zur Mangelbeseitigung.

Das Urteil: Mit Erfolg für den AG! Der AN hat nach Ansicht des OLG ein mangelhaftes Werk hergestellt (§ 633 Abs. 2 S. 1 BGB). Das Werk entspricht nämlich nicht der vereinbarten Beschaffenheit. Nach Ansicht des Gerichtes ergibt sich eine Beschaffenheitsvereinbarung nicht nur aus dem Vertrag. Die vereinbarte Beschaffenheit ergibt sich auch aus den vorvertraglichen Unterlagen (z.B. Verkaufsprospekt, Leistungsbeschreibungen mit Qualität und Standard oder den Beziehungen zur Umwelt). Das Informationsblatt stellt eine solche Beschaffenheitsvereinbarung dar. Die Angaben im Informationsblatt wurden nicht eingehalten, so dass die Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit abweicht. Demnach liegt ein Mangel vor.

Fazit: Die allgemeine Meinung wurde bestätigt. Man denke nur an § 650k Abs. 1 BGB (Bauträgerverträge). Dort wurde diese Meinung bereits gesetzlich verankert. Maßgeblich ist immer, wie der AG das Angebot des AN vom objektiven Empfängerhorizont aus verstehen muss. Daher Obacht: Für die Ermittlung der Vorstellung des AG sind dann auch die vorvertraglichen Unterlagen heranzuziehen. Auch ein vorvertraglich übergebenes Informationsblatt kann dann zur vereinbarten Beschaffenheit werden. Das könnte man als AN ggf. nur umgehen, indem man ausdrücklich im Vertrag erwähnt, dass eine Leistung explizit „nicht geschuldet“ wird. Außerdem kann eine vertragliche Klarstellung helfen, dass von etwaigen vorvertraglichen Unterlagen abgewichen werden soll.

  Quelle: RA Michael Seitz


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