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Angebotsausschluss bei 0,00 Euro - Preisen und fehlenden Preisangaben?

07.08.2013

Die Vergabekammer (VK) Baden-Württemberg hat mit Beschluss vom 23.04.2013 – 1 VK 39/13 – u. a. folgendes entschieden:

Mit der Angabe eines Gesamtpreises von 0,00 € bringt der Bieter zum Ausdruck, dass auch der Einheitspreis jeweils 0,00 € beträgt. Das Angebot kann deshalb nicht mit der Begründung, dass die Einheitspreise gefehlt hätten, ausgeschlossen werden. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Bieter im Angebot darlegt, weshalb er für diese Positionen keine Eintragungen bzw. Eintragungen mit 0,00 € vorgenommen hat.

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte die Installation einer neuen Telekommunikationsanlage und deren Integration in ein bestehendes Datennetz (sog. Migration) für ein Universitätsklinikum europaweit im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb gemäß EG-VOL/A ausgeschrieben. Im Angebot des Bieters A waren bei verschiedenen Positionen keine Einheitspreise eingetragen. Bei den betreffenden Positionen war jedoch in der Spalte „Gesamtpreis“ ein Preis von jeweils 0,00 € eingetragen. Der AG hatte daraufhin das Angebot des A ausgeschlossen und darauf verwiesen, dass wegen der Vielzahl der fehlenden Preisangaben, die keine unwesentlichen Einzelpositionen beträfen, er von einer Nachforderung der Preisangaben abgesehen habe. Der A beantragt Nachprüfung zur Vergabekammer (VK).

Die VK betrachtet den Nachprüfungsantrag insgesamt für unbegründet, betont jedoch, dass ein Ausschluss wegen unvollständiger Preisangaben nicht gerechtfertigt sei. Zwar seien Angebote, die nicht die geforderten Preisangaben enthielten, nach § 19 Abs. 3 Ziff. a VOL/A grundsätzlich auszuschließen. Fehlende Angaben könnten allenfalls dann nachgefordert werden, wenn es sich um unwesentliche Einzelpositionen handelte, die den Gesamtpreis, die Wertungsreihenfolge und den Wettbewerb nicht veränderten (§ 19 Abs. 2 EG VOL/A). Ob und inwiefern diese Regelung des § 19 Abs. 2 VOL/A im Verhandlungsverfahren überhaupt Anwendung finde, könne letztlich dahinstehen. Denn der A habe hier die geforderten Preisangaben gemacht. Zwar habe der A bei den einzelnen Einheitspreisen keine Eintragung vorgenommen und bei den betreffenden Positionen lediglich den Gesamtpreis von 0,00 € angegeben. Damit habe er aber zum Ausdruck gebracht, dass auch der Einheitspreis jeweils 0,00 € betrage. Daher könne das Angebot nicht mit der Begründung, dass die Einheitspreise gefehlt hätten, ausgeschlossen werden. Auch Angebote seien der Auslegung (gemäß § 133, 157 BGB) zugänglich. Darüber hinaus habe A erklärt, dass die hier abgefragten Positionen – technisch bedingt – Bestandteile anderer Module seien und dort bepreist worden sind. Insoweit sei hier auch keine sogenannte „Mischkalkulation“ vorliegend.

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Anmerkung:

Aus der vorliegenden Entscheidung wird deutlich, dass die Auslegung des Angebotes ergibt, der Bieter habe bei Angabe eines Gesamtpreises von 0,00 € automatisch auch einen Einheitspreis von 0,00 € gemeint. Nach der Rechtsprechung ist es unstreitig, dass es sich bei einer Preisangabe von 0,00 € tatsächlich um eine wirksame Preisangabe handelt. Eine rein formalistische Betrachtung verbietet sich, vielmehr muss der Angebotsinhalt zunächst im Wege der Auslegung ermittelt werden, bevor ein Angebotsausschluss eventuell vorschnell vorgenommen wird.

  Quelle: RA Michael Werner


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