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Angebotsausschluss wegen bei Submission unrichtig verlesener Angaben ?

10.11.2015

von RA Michael Werner

Die Vergabekammer (VK) Nordbayern hat mit Beschluss vom 07.07.2015 – 21.VK-3194-21/15 – Folgendes entschieden:

Werden zu verlesende Angaben nicht oder unrichtig verlesen, so stellt dies zwar einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 14 EG Abs. 3 Nr. 2 S. 2 VOB/A dar; dies führt jedoch nicht zu einem Ausschluss der Prüf- und Wertungsfähigkeit, da es sich bei § 14 EG Abs. 3 Nr. 2 VOB/A lediglich um eine Formvorschrift handelt.

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte die Errichtung einer Lamellendecke für eine neue Schule europaweit ausgeschrieben. Zuschlagskriterium war der niedrigste Preis; Nebenangebote waren nicht zugelassen. Darauf gaben 3 Bieter Angebote ab. Bieter A hatte 3 Angebote abgegeben, wobei Angebot 2 und 3 technische und optische Änderungen der Leistung enthielten. Im Submissionsprotokoll war nur eines, nämlich das preisgünstigste der 3 Angebote des A mit der Angebotssumme eingetragen, die anderen Angebote (2 und 3) waren nur als „weitere Hauptangebote“ in der Spalte „Bemerkungen“ in der Niederschrift aufgeführt. Bieter B stellte darauf Nachprüfungsantrag; zwei der drei von A abgegebenen Angebote seien in der Submission weder verlesen noch gekennzeichnet worden. In der Ausschreibung dürfe jeder Bieter grundsätzlich nur ein Hauptangebot abgeben; mehrere gleichzeitig abgegebene Hauptangebote eines Bieters seien jedoch unzulässig und auszuschließen. Der AG ist dagegen der Ansicht, es seien alle drei Angebote des A mit den Summen verlesen und gekennzeichnet worden. Im Rahmen der Wertung habe man festgestellt, dass es sich bei zwei der drei Angebote um (unzulässige) Nebenangebote gehandelt habe, da sie technische Änderungen enthalten hätten. Das dritte Angebot des A entspreche aber den Ausschreibungsvorgaben und sei – da es das wirtschaftlichste sei – zu beauftragen.

Die VK weist den Nachprüfungsantrag des B als unbegründet zurück. Hier habe der AG zu Recht das Angebot 1 des A gewertet und dessen Angebote 2 und 3 unberücksichtigt gelassen. Das Angebot 1 des A entspreche den Anforderungen in den Vergabeunterlagen und sei dementsprechend als Hauptangebot zu werten. Vielmehr sei hier dem AG der Fehler unterlaufen, dass er alle Angebote des A als Hauptangebote im Submissionsprotokoll angegeben und lediglich den Preis des Nebenangebotes 3 vermerkt habe. Nach § 14 Abs. 3 Nr. 2 S. 3 VOB/A habe sich die Bekanntgabe entsprechend dem Wortlaut der VOB ausschließlich auf die Tatsache zu beschränken, ob, von wem und in welcher Zahl Nebenangebote eingereicht worden seien. Zur Feststellung, ob Nebenangebote eingereicht worden seien, müsse der Verhandlungsleiter die den Angeboten beigefügten Unterlagen sorgfältig durchsehen. Dies gelte insbesondere für Begleitschreiben, die mitunter nicht besonders gekennzeichnete Nebenangebote enthalten könnten, welche aber gleichwohl zu verlesen seien. Dieser Fehler führe jedoch nicht zum Ausschluss des Angebotes. Würden zu verlesende Angaben nicht oder unrichtig verlesen, so stelle dies zwar einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 14 EG Abs. 3 Nr. 2 S. 2 VOB/A dar. Dies führe jedoch nicht zu einem Ausschluss der Prüf- und Wertungsfähigkeit des Angebotes, da es sich bei § 14 EG Abs. 3 Nr. 2 VOB/A lediglich um eine reine Formvorschrift handele. Das Submissionsprotokoll der Angebotsöffnung habe keine konstitutive Wirkung für die Bieterreihenfolge. Auch schaffe das Submissionsprotokoll im VOB-Verfahren nach § 14 VOB/A keinen Vertrauenstatbestand im Sinne eines subjektiven Rechts gem. § 97 Abs. 7 GWB.

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RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
Rechtsanwälte Partnerschaft mbB

Haus Cumberland
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E-Mail: M.Werner@zl-legal.de
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Anmerkung:
Nach dieser Entscheidung ist festzuhalten, dass es nicht zu Lasten des Bieters geht, wenn sein (formell korrektes) Angebot im Submissionstermin nicht richtig oder gar nicht verlesen oder gekennzeichnet wird; hierauf kann sich auch ein anderer Bieter nicht berufen. Obwohl in dieser Entscheidung der VK die sog. Kennzeichnungs- und Verlesevorschriften als „bloße Formvorschriften“ bezeichnet werden, sollten öffentliche AG dennoch sorgfältig darauf achten, dass alle Angebote eindeutig gekennzeichnet werden und sämtliche Informationen im Submissionsprotokoll eingetragen werden, denn fehlende oder unzureichende Eintragungen im Protokoll können durchaus Anlass dazu geben, den Verdacht von Manipulationen zu erwecken, deren Nichtvorliegen im Zweifel letztlich durch den AG bewiesen werden muss.

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