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Angebotsausschluss wegen unvollständiger Eignungsnachweise

15.06.2012

Das OLG Frankfurt hat mit Beschluss vom 26. Oktober 2011 – 11 Verg 7/11 - folgendes entschieden:

1. Verlangt ein Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen bestimmte Eignungsnachweise, so ist er hieran unter dem Grundsatz der Gleichbehandlung gegenüber allen Bietern gebunden und kann nicht nachträglich auf einzelne Nachweise verzichten und weniger strenge Anforderungen stellen.

2. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist auch dann verletzt, wenn die Angebote der weiteren Bieter nur aufgrund unterschiedlicher Mängel zwingend ausgeschlossen werden müssten. Auch wenn ein Bieter wegen Mängeln seines Angebots an sich von dem weiteren Vergabeverfahren auszuschließen wäre, besteht sein Anspruch auf Gleichbehandlung fort, wenn auch alle sonstigen Bieter im Ergebnis auszuschließen wären.

Ein öffentlicher Auftraggeber hatte in seiner Ausschreibung Eignungsnachweise verlangt, u. a. eine Referenzliste der in den letzten drei Jahren auf dem Gebiet der Ver- und Entsorgung erbrachten Leistungen mit Angabe des Rechnungswertes, der Leistungszeit sowie der früheren Auftraggeber. Im Folgenden wurde der Bieter wegen Unvollständigkeit und des Fehlens verlangter Nachweise und Erklärungen ausgeschlossen. Dagegen erhob er Beschwerde zur Vergabekammer, die erfolglos blieb. Mit seiner sofortigen Beschwerde zum OLG machte er geltend, auch das Angebot des beigeladenen Bieters B hätte nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz wegen fehlender Erklärungen ausgeschlossen werden müssen, da der Beigeladene B die geforderte Referenzliste nicht vorgelegt habe.

Im Rahmen seiner summarischen Prüfung im Eilverfahren gemäß § 118 Abs. 2 Satz 3 GWB gibt hier das OLG dem Bieter A Recht. Hier sei lediglich das Angebot des beigeladenen B, hinsichtlich dessen ein zwingender Ausschlussgrund bestehen könne, in der Wertung verblieben. Der Beigeladene B habe lediglich Angaben zum Unternehmen und Umsatz, jedoch keine Referenzliste vorgelegt. Verlange ein Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen bestimmte Eignungsnachweise, sei er unter dem Grundsatz der Gleichbehandlung gegenüber allen Bietern hieran gebunden und könne nicht nachträglich auf einzelne Nachweise verzichten und weniger strenge Anforderungen stellen. Zwar hätte hier der Auftraggeber die fehlenden Referenzangaben möglicherweise gemäß § 16 Abs. 2 VOL/A nachfordern können. Von dieser Möglichkeit habe er jedoch – weder gegenüber dem Bieter A noch gegenüber dem Beigeladenen B – Gebrauch gemacht. Dann aber habe er auch das Angebot der Beigeladenen als unvollständig behandeln und ausschließen müssen (§ 16 Abs. 3 VOL/A).

Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei auch dann verletzt, wenn die Angebote der weiteren Bieter nur aufgrund unterschiedlicher Mängel zwingend ausgeschlossen werden müssten. Auch wenn ein Bieter wegen Mängeln seines Angebotes an sich vom weiteren Vergabeverfahren auszuschließen wäre, bestehe sein Anspruch auf Gleichbehandlung fort, wenn auch alle sonstigen Bieter im Ergebnis auszuschließen wären. Die unterschiedliche Behandlung des Bieters A, der ausgeschlossen worden sei, und des für den Zuschlag vorgesehenen Beigeladenen B stelle eine klare Verletzung des Gleichheitsgebotes dar.

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Anmerkung:

Hier hätte der Auftraggeber die fehlenden Unterlagen unter Fristsetzung bei beiden Bietern abfordern müssen. Öffentliche Auftraggeber sollten schon bei der Ausschreibung berücksichtigen, ob die von ihnen geforderten Referenznachweise von Bietern tatsächlich erbracht werden können, da ein nachträgliches Entfallen – ebenso wie ein Verschärfen der Anforderungen – nur nach entsprechender vorhergehender Bekanntgabe möglich ist.

  Quelle: RA Michael Werner


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