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Architekt erhält kein Honorar!

02.02.2016

von RA Michael Werner

Subplaner berät öffentlichen Auftraggeber:

Das OLG Brandenburg hat mit Urteil vom 16.12.2015 – 4 U 77/14 – Folgendes entschieden:

• Handelt eine konkrete natürliche Person im Vergabeverfahren sowohl als Beauftragter des Auftraggebers als auch beratend oder sonst unterstützend für einen Bieter, gilt diese Person als voreingenommen.

• Nimmt der auch einen Bieter beratende Beauftragte des Auftraggebers Einfluss auf den Verlauf und den Ausgang des Vergabeverfahrens, ist der zwischen dem Auftraggeber und dem Bieter geschlossene Vertrag sittenwidrig und unwirksam. In einem solchen Fall hat der Bieter keinen Anspruch auf (Planungs-) Honorar.

Eine Gemeinde hatte als öffentlicher Auftraggeber (AG) Beratungsleistungen nach VOF europaweit im Verhandlungsverfahren ausgeschrieben. Bereits bei der Ausschreibung wurde der AG von A beraten, der u.a. den Entwurf für eine EU-weite Auftragsbekanntmachung und später die Liste der Gewichtungskriterien für die Auswahlentscheidung dem AG geliefert hatte. Im folgenden Vergabeverfahren beteiligte sich Bieter B (Architekturbüro), der sich mehr oder weniger ebenfalls von A beraten ließ. A bereitete dabei Erklärungen für B vor, mit denen B im Verfahren vorging. Dass A an dem Angebot des B beteiligt war, war dem AG bekannt. Das Angebot des B erhielt darauf den Zuschlag. Die dabei dem B übertragenen Beratungsleistungen erbrachte teilweise A als dessen Subdienstleister; die interne Aufteilung der Zahlungen des AG erfolgte so, dass rund 2/3 davon an den A flossen und rund 1/3 bei B verblieben. Nachdem der AG Kenntnis von strafprozessualen Maßnahmen gegen das Vermögen des B erhalten hatte, bezweifelte er die Rechtmäßigkeit der Rechnungen, lehnte weitere Zahlungen ab und sprach letztlich eine außerordentliche Kündigung des Vertrags aus. Darauf machte B die restliche Vergütung geltend. Der AG lehnte dies ab, da der Vertrag wegen Verstoßes gegen § 97 GWB und § 16 VgV nichtig sei. Das erstinstanzliche Landgericht hatte die Klage des B abgewiesen. B legte Berufung beim OLG ein.

Das OLG weist die Berufung als unbegründet zurück. Der Vertrag sei hier nichtig, weil er gemäß § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig sei. Diese Sittenwidrigkeit folge aus mehreren Verstößen gegen das Vergaberecht von erheblichem Gewicht. So sei A gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV vergaberechtswidrig im Verfahren beteiligt. Er sei im Vergabeverfahren sowohl Beauftragter der Beklagten (AG) als auch zumindest eine „sonst unterstützende Person“ der Klägerin B im Sinne von § 16 Abs. 1 VgV. Handele wie hier eine konkrete natürliche Person im Vergabeverfahren sowohl als Beauftragter des AG als auch beratend und sonst unterstützend für einen Bieter oder Bewerber, sei § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV anwendbar. Zu den Beauftragten gehörten allgemein sämtliche Personen, die von den Verfahrensbeteiligten damit beauftragt würden, für sie tätig zu werden und somit deren Lager zugeordnet würden oder in einem besonderem Näheverhältnis zu ihnen stünden. Da Sinn und Zweck der Vorschrift die Verhinderung einer Wettbewerbsverzerrung oder einer unzulässigen Wettbewerbsbeeinträchtigung von vornherein sei, sei der Begriff des Beauftragten insgesamt nicht zu eng auszulegen. Aufgrund der engen Bindung an den Bieter bzw. Bewerber, die etwa aus einer dauerhaften geschäftlichen Beziehung resultiere, könnten diese Personen im Hinblick auf ein etwaiges gleichzeitiges Tätigwerden auf Auftraggeberseite generell nicht mehr als neutral gelten, wenn sie – wie hier – eine unmittelbar fördernde und konkret vergabebezogene Tätigkeit erbringen würden. Eine Entlastung durch die Darlegung, es bestehe kein Interessenkonflikt, scheide dabei aus, weil eine solche nur im Anwendungsbereich von § 16 Abs. 1 Nr. 3 VgV, nicht jedoch im Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV in Betracht komme. B stehe daher der geltend gemachte restliche Zahlungsanspruch weder aus dem Beratungsvertrag noch aus einer sonstigen Anspruchsgrundlage (z.B. nach Bereicherungsrecht gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB) zu.

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RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
Rechtsanwälte Partnerschaft mbB

Haus Cumberland
Kurfürstendamm 194
D - 10707 Berlin
E-Mail: M.Werner@zl-legal.de
www.zl-legal.de

Anmerkung:
Der entschiedene Fall ist ein gutes Beispiel dafür, wie es auf keinen Fall laufen sollte: Einerseits berät eine Person den Auftraggeber und nimmt erheblichen Einfluss auf die Ausschreibung (z.B. durch Entwurf der Bekanntmachung und/oder Definition der Zuschlagskriterien), andererseits handelt er als Subplaner des Bieters, der den Auftrag erhalten hat. Gemäß § 16 VgV werden diese Personen als voreingenommen vom Vergabeverfahren ausgeschlossen. Wobei sich die „befangene Person“ gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 und § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV nicht darauf berufen kann, dass kein Interessenkonflikt besteht. Denn bei Personen, die – wie hier – Bieter und Bewerber beraten oder sonst unterstützen (Abs. 1 Nr. 2), wird ein Interessenkonflikt unwiderlegbar vermutet.

 

  Quelle:


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