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Architekten und Bauunternehmer diskutieren über PPP-Projekte

20.05.2016

Veranstaltung in Wiesbaden mit Unternehmern, Experten und Verbänden fordert Auftraggeber zu mehr Transparenz und Mittelstandsfreundlichkeit auf.

Bei der von der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen und dem Verband baugewerblicher Unternehmer Hessen e.V. gemeinsam veranstalteten Tagung „Öffentliche Vergabe: Teuer bezahlter Umweg – der wettbewerbliche Dialog und andere Formen von PPP“ am 10. Mai in Wiesbaden kamen Architekten, Bauunternehmer und Vertreter von Kommunen mit weiteren Experten zur Diskussion zusammen.

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Foto: www.bgvht.de

Brigitte Holz, Präsidentin der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen sowie Architektin und Stadtplanerin aus Darmstadt, zeigte den Zwiespalt auf, der in Zeiten höherer Steuereinnahmen bei gleichzeitigem Haushaltsdruck der öffentlichen Hand und jahrelangem Investitionsstau besteht. Daher sei nachvollziehbar, dass in diesem Zusammenhang immer wieder öffentlich-private Partnerschaften als mögliche Beschaffungsvariante in Betracht gezogen werden. Holz: „Zu einer transparenten Vergabepolitik zählt aus unserer Sicht zwingend, dass auf einen transparenten Planungs- und Beteiligungsprozess Wert gelegt wird. Gute Planung gelingt insbesondere im Zuge eines ausgeschriebenen Wettbewerbs für Architekten. Es ist schwer vermittelbar, wenn die öffentliche Hand stattdessen einen wettbewerblichen Dialog unter einem eingeschränkten Kreis von Investoren durchführt. Der Architektenwettbewerb sollte das Regelverfahren sein. Das sagt erfreulicher Weise auch die neue Vergabeverordnung.“ Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, schilderte ihre eigenen Erfahrungen als Architektin mit öffentlich-privaten Partnerschaften. Sie habe Ausschreibungsverfahren vielfach als zu komplex, intransparent und zu teuer erfahren müssen. Obwohl mittelstandsfreundlich ausgeschrieben, habe am Ende ein Großkonzern den Zuschlag erhalten.

Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen fehlen häufig
Über Methodik und Anspruch bei PPP-Projekten informierte Dirk Banspach, Ministerialrat des Hessischen Rechnungshofs in Darmstadt. Der Hessische Rechnungshof rate bei Bauprojekten dringend zu einer eingehenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, bevor eine politische Entscheidung über die Beschaffungsvariante getroffen werde. Zudem warnte er vor dem Trugschluss, dass PPP als Beschaffungsvariante Projekte ermögliche, die über konventionelle Finanzierung nicht gebaut werden könnten: „Was eine Kommune sich konventionell nicht leisten kann, kann sie sich auch mit PPP nicht leisten.“

Dieter Jacob, Professor an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft Freiberg, referierte über erste Erfahrungen mit PPP-Projekten in der Betriebsphase in Nordrhein-Westfalen. Es wurden erste Zwischenergebnisse zusammengefasst, obgleich klar sei, dass diese Projekte noch 15 bis 20 Jahre laufen und erst dann schlussendlich ausgewertet werden können. Die Erfahrungswerte der ersten sechs Pilot-Projekte seien aber bisher von den Auftraggebern in der Projektabwicklung als positiv beurteilt worden.

Im Rahmen der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass es auch Negativ-Beispiele wie z. B. im Landkreis Offenbach gibt. Die Kritik richtete sich weniger auf den Ablauf und die Qualität der Arbeit, sondern vielmehr gegen die Intransparenz bei Verträgen und Folgekosten. Gerade die steigenden Anforderungen an die Gebäudetechnik oder auch innovative Entwicklungen bei der Infrastruktur ließen sich nach Meinung der Teilnehmer nicht zufriedenstellend in Verträge einarbeiten, die 30 Jahre gelten sollen. Im Zweifel zahle der öffentliche Auftraggeber die steigenden Kosten und es finde kein Wettbewerb mehr statt, da ausschließlich der private Partner der Ansprechpartner für die nächsten Jahrzehnte sei. Die langen Vertragsdauern von 25 Jahren und länger wurden von den Teilnehmern mehrheitlich kritisch beurteilt. Diese schließen bei der Vergabe kleine und mittelständische Unternehmen faktisch aus. Sie führen zu einer Verteuerung der Kredite bei den Familienunternehmern, verursachen einen enormen Verwaltungsaufwand und unüberblickbare Risiken für die Mittelständler.

Frank Dittmar, Vizepräsident des Verbands baugewerblicher Unternehmer Hessen e.V. und Bauunternehmer aus Guxhagen, formulierte zusammenfassend: „Was wir dringend brauchen ist vor allem Mut der Politiker, Geld für Projekte überjährig bereit zu stellen und den Kosten ins Gesicht zu blicken und nicht auf künftige Generationen von Steuerzahlern zu verschieben. Und wir brauchen ein klares Bekenntnis zum deutschen Mittelstand und eine unvoreingenommene Prüfung der möglichen Beschaffungsvarianten bei jedem Projekt.“

  Quelle: www.bgvht.de


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