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Aufforderung zur Abrechnung ist Abnahme!?

07.09.2017

von Ra Michael Seitz

Fordert ein Auftraggeber den Auftragnehmer dazu auf, seine erbrachten Leistungen abzurechnen, sind die bis zu diesem Zeitpunkt ausgeführten Leistungen als abgenommen anzusehen. Zudem kann ein Auftragnehmer Rechnungspositionen, die er in seiner Schlussrechnung vergessen hat, grundsätzlich „nachschieben“.

Dies hat das OLG Frankfurt in einem Urteil vom 19.05.2014 (Az.: 18 U 21/12) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH am 02.02.2017 (Az.: VII ZR 138/14) zurückgewiesen.

Der Fall: AG beauftragt AN mit Sanierungsarbeiten, die dieser vor Ort „nach Bedarf“ ausführen soll. AN verlangt Restwerklohn in Höhe von rund 38.000,- Euro. AG wendet unter anderem ein, er habe AN zur Endabrechnung der geleisteten Arbeiten gedrängt, daraufhin, habe AN zwei Rechnungen über insgesamt gut 20.000,- Euro ausgestellt, die er, AG, auch gezahlt habe. Diese Rechnungen seien als Schlussrechnungen anzusehen, weshalb AN kein Recht zur Nachforderung zustehe.

Das Urteil:Das sieht das OLG Frankfurt ganz anders. Zunächst einmal stellt es (ohne nähere Begründung) fest, dass die Bitte des AG, die erbrachten Leistungen abzurechnen, als Abnahme anzusehen sei. Die von AN daraufhin gestellten zwei Rechnungen hindern diesen allerdings nicht, weitere Forderungen geltend zu machen. Zwar sei es grundsätzlich denkbar, dass in einer „Schlussrechnung“ ein negatives Schuldanerkenntnis des Inhalts zu sehen sein könne, dass AN mit weiteren Ansprüchen ausgeschlossen sei. Im vorliegenden Fall komme eine solche Auslegung jedoch nicht in Betracht. Weder seien die beiden Rechnungen als Schlussrechnung bezeichnet worden, noch enthalten sie sonst einen Hinweis, der sie als Schlussrechnung ausweisen würde. Selbst wenn es sich jedoch um Schlussrechnungen handeln würde, seien Nachforderungen nicht ausgeschlossen. Im Vertrag sei die VOB/B nicht einbezogen worden, sodass der Ausschlusstatbestand nach § 16 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B ohnehin nicht in Betracht komme. Selbst wenn diese Vorschrift jedoch anwendbar wäre, setzt sie voraus, dass der Auftraggeber den Auftragnehmer auf die Ausschlusswirkung hinweist, woran es hier ebenfalls fehlt. Auch die Tatsache, dass AG später behauptet, mit den Rechnungen sei der Werklohn endgültig abgegolten, führt zu keinem anderen Ergebnis. Das OLG konnte nämlich nicht feststellen, dass AN einer solchen Vertragsänderung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hätte.

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Fazit: Die Entscheidung überrascht insoweit, als das OLG der Frage der Nachforderungsmöglichkeit des AN breiten Raum einräumt, während es die Abnahme ohne nähere Begründung apodiktisch feststellt. Das AN nach einer Rechnung, die er nicht einmal selbst als Schlussrechnung bezeichnet hat, noch weitere Forderungen stellen kann, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Liegen die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B (vorausgesetzt, die VOB/ B ist vereinbart) nicht vor und ergeben sich auch sonst keine gewichtigen Anzeichen dafür, dass die Parteien nachträglich ausdrücklich oder stillschweigend die Abgeltung aller Ansprüche mit der gestellten Rechnung vereinbart haben, so bleibt dem AN innerhalb der Grenzen der Verjährung selbstverständlich eine Nachforderung möglich. Keineswegs so selbstverständlich ist allerdings, dass bereits in einer Aufforderung zur Rechnungsstellung die Abnahme liegen soll, wie das OLG Frankfurt hier behauptet. Dies erscheint außerordentlich weitgehend, insbesondere dann, wenn (was allerdings hier nicht der Fall war) AN seine Leistungen noch gar nicht fertig gestellt hat. Es ist daher zweifelhaft, ob man die Behauptung der Abnahme durch Aufforderung zur Rechnungsstellung auf diese – insoweit nicht näher begründete – Entscheidung des OLG Frankfurt mit Erfolg stützen kann.

  Quelle: Ra Michael Seitz


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