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Aufhebung der Ausschreibung wegen zu grosser Gebietslose

15.10.2012

Das OLG Düsseldorf hat mit erst jetzt veröffentlichtem Beschluss vom 21. März 2012
– Verg 92/11 – Folgendes entschieden:

1. Die Losvergabe hat die Regel zu sein. Eine Gesamtvergabe darf nach dem Willen des Gesetzgebers nur in Ausnahmefällen stattfinden.

2. Hat für unterschiedliche Gebietslose lediglich eine Arbeitsgemeinschaft (ARGE) ein Angebot eingereicht und ist davon auszugehen, dass zur Bedienung der Gebietslose Einzelunternehmen nicht in der Lage sind, sondern dass dazu ein Zusammenschluss mehrerer Unternehmen notwendig ist, so bedeutet dies, dass der gewählte Loszuschnitt zu groß ist, als dass Wettbewerb herrschen könnte.

3. Die Gefahr von Splitterlosen besteht auch bei einer kleinräumigeren Bildung von Gebietslosen nicht.

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte national einen Rahmenvertrag für das Abschleppen, Versetzen und Verwahren von ordnungswidrig geparkten Fahrzeugen für die Dauer von 12 Monaten (mit Option einer dreimaligen Verlängerung um jeweils 1 Jahr) ausgeschrieben. Er hatte dabei eine Aufteilung in Gebietslose vorgenommen, wobei für die Lose 1 bis 4 die jährlichen Abschleppvorgänge mit 2.200 bis 3.300 Fällen angegeben wurden. Der AG forderte, dass je Los acht Abschleppfahrzeuge vorhanden und diese innerhalb von 20 Minuten am Abschlepport zu sein hätten. Neben einer ARGE beteiligte sich das Unternehmen A, das die Losaufteilung wegen Verletzung des Gebots der Berücksichtigung mittelständischer Belange rügte. Nachdem der Rüge nicht abgeholfen wurde, und die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag verworfen hatte, legte A sofortige Beschwerde zum OLG ein.

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RA Michael Werner

Nach Ansicht des OLG hat die sofortige Beschwerde des A Erfolg, da die Losaufteilung bezüglich der Lose 1 bis 4 gegen § 97 Abs. 3 GWB verstoße. Im Folgenden verweist das OLG auf seine Rechtsprechung zur Fachlosvergabe; diese für die Fachlosvergabe aufgestellten Grundsätze würden auch bei Teillosbildung gelten. Danach habe eine Losaufteilung die Regel zu sein. Eine Gesamt- oder zusammenfassende Vergabe dürfe nur in Ausnahmefällen stattfinden. Durch eine Teillosbildung müsste mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit eröffnet werden, sich mit Aussicht auf Erfolg an einem Vergabeverfahren beteiligen zu können. Dies bedeute aber nicht, dass jedem am Markt befindlichen Unternehmen eine Beteiligung möglich sein müsse, auch müsse eine Ausschreibung nicht auf bestimmte Unternehmen zugeschnitten werden. Zusätzlich seien die konkreten Marktverhältnisse zu berücksichtigen. Außerdem sei bei Auslegung des § 97 Abs. 3 GWB ebenfalls in den Blick zu nehmen, dass eine Vergabe nach § 97 Abs. 1 GWB im Wettbewerb zu erfolgen habe. Aus diesem Grunde sei auch zu berücksichtigen, ob der Loszuschnitt angesichts der konkreten Marktverhältnisse dazu führe, dass nur wenige oder gar nur ein Bieter Angebote einreichen könne. Sofern dies der Fall sei, sei der gewählte Loszuschnitt zu groß, als dass Wettbewerb herrschen könnte. Im vorliegenden Falle würde der Zuschnitt der Gebietslose diesen Anforderungen nicht gerecht. Daher sei letztlich wegen Verstoßes gegen § 97 Abs. 3 GWB die Ausschreibung aufzuheben.

Anmerkung:

Nach o. g. Beschluss des Gerichts gelten die für eine Fachlosvergabe aufgestellten Grundsätze auch bei einer Teillosbildung. Gleichzeitig betont das OLG, dass die Entscheidung des AG zur Losaufteilung nur dahingehend überprüft werden könne, ob sie auf vollständiger und zutreffender Sachverhaltsermittlung und nicht auf einer Fehlbeurteilung, insbesondere auf Willkür beruhe. Das Vergaberecht solle eine wirtschaftliche Leistungsbeschaffung gewährleisten (siehe § 97 Abs. 5 GWB). Der Auftraggeber hat als Nachfrager nicht bestimmte Märkte oder Marktteilnehmer zu bedienen. Vielmehr bestimmt nach wie vor allein er seinen Beschaffungsbedarf und die Art und Weise, wie dieser gedeckt werden soll.

 

  Quelle: RA Michael Werner


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