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Ausbildungsplätze zwischen Traumberuf und ernüchternder Realität

03.09.2012

Firmen und Bewerber finden oft nicht zueinander - Betriebe suchen qualifizierten Nachwuchs

Von Julia Becker und Marco Pecht
Firmen und Bewerber finden bei der Vergabe von Ausbildungsplätzen in Rheinland-Pfalz häufig nicht zueinander. Kurz vor Beginn des Ausbildungsjahres suchten landesweit noch 7.232 Bewerber nach einer Lehrstelle, wie die Bundesagentur für Arbeit mitteilte. Das waren 11,9 % mehr als ein Jahr zuvor. Dabei mangelt es nicht an freien Stellen. Im Gegenteil: Etliche Betriebe suchen qualifizierten Nachwuchs. Doch die Bewerber sind wählerisch und die Betriebe wiederum oft unzufrieden mit deren Bildungsniveau. Das Ausbildungsjahr beginnt in rheinland-pfälzischen Betrieben teilweise am 1. August und teilweise am 1. September. Die Zahlen der Bundesagentur beziehen sich auf den 1. August, neuere Zahlen sind noch nicht verfügbar.

 

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Foto: Jörg Koch / dapd

„Wir können feststellen, dass die Industrieunternehmen immer noch genügend Bewerber und damit gerade noch hinreichend Auswahl haben“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Landesvereinigung Unternehmerverbände (LVU), Werner Simon, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dapd in Mainz. Laut Arbeitsagentur erfreuen sich auch Ausbildungen zum Verkäufer, Bürokaufmann oder Kaufmann im Einzelhandel noch großer Beliebtheit.

Berufsausbildung ist vielen jungen Leuten nicht mehr genug
Schwieriger gestaltet sich die Situation bei gewerblich-technischen Berufen: „Das liegt aber eher an der Fehlorientierung der jungen Menschen und deren Eltern“, betonte Simon. Gerade bei Berufen, in denen der „Blaumann“ getragen werde, heiße es von einigen Eltern: „Unser Kind soll sich die Hände nicht schmutzig machen.“ Dabei gebe es gerade in diesen Berufen sehr gute Aufstiegschancen. Die hohen Ansprüche von Eltern und jungen Erwachsenen beschäftigen auch die Industrie- und Handelskammer der Pfalz: „Das Problem ist, dass nahezu alle jungen Leute heute Abitur machen und dann studieren wollen“, sagte der Leiter des Geschäftsbereichs Ausbildung, Michael Böffel, zu Beginn des Ausbildungsjahres. Dabei seien viele Schulabgänger mit einem Studium überfordert. Nach Angaben des Hochschul-Informations-Systems (HIS) brach mehr als jeder dritte Bachelor-Student, der 2010 seinen Universitätsabschluss machen wollte, das Studium vorher ab und kehrte der Hochschule den Rücken.

Die meisten Lehrstellen werden noch besetzt
Für die Betriebe zieht der Ansturm auf die Universitäten ein Rückgang der Bewerberzahlen nach sich: „Wenn eine Firma früher 1.000 Bewerber auf 50 Plätze hatte, sind es heute noch 300“, sagte Simon. Das schränke die Auswahl natürlich ein und mache Kompromisse notwendig. Dennoch gelinge es derzeit meist, die freien Lehrstellen zu besetzen. Kritisiert wird von den Unternehmerverbänden auch die Ausbildungsreife der Bewerber. „Bei den Schulabgängern stellen wir erhebliche Schwächen in den Grundfähigkeiten Lesen, Schreiben und Rechnen fest“, sagte Simon. Zudem werde die Schere zwischen guten und schlechten Bewerbern immer größer. Einer Studie der IHK zufolge müssen inzwischen 57 % der Firmen bundesweit ihren Azubis Nachhilfe geben.

  Quelle: dapd


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