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Ausschluss wegen Verstoß gegen anerkannte Regeln der Technik?

17.08.2012

Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 2. Mai 2012 – Verg 104/11 - folgendes entschieden:

Erstellt der Auftraggeber ein produktneutrales Leistungsverzeichnis, in welches
die Bieter nur ihre Angebotspreise eintragen müssen, sind die Bieter grundsätzlich
nur dazu verpflichtet, zu den angebotenen Preisen die im Leistungsverzeichnis
vorgesehenen Leistungen in mittlerer Art und Güte zu erbringen.

Das Angebot eines Bieters wegen eines Verstoßes gegen die anerkannten
Regeln der Technik scheidet aus, wenn der Auftraggeber die Konstruktionsweise
und die Ausführung der Leistung im Leistungsverzeichnis im
Einzelnen vorgegeben hat.


Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte im Juni 2011 u. a. die Erstellung einer Küchenlüftungsdecke mit einer Fläche von 330 qm im Offenen Verfahren ausgeschrieben. Die Leistungsbeschreibung hatte detaillierte Angaben zu den zu erbringenden Leistungen sowie den einzusetzenden Materialien und Produkten enthalten. Es mussten nur die Preise für die einzelnen Leistungspositionen eingetragen, aber keine Hersteller- oder Typenangaben gemacht werden. Weitergehende Angaben zum Einsatz von Nachunternehmern in beigefügten Formblättern (235 EG und 236 EG) sollten nur in Abhängigkeit des Angebots und auf Verlangen der Vergabestelle benannt werden. Ein Bieter (A) fügte seinem Angebot die ausgefüllten Formblätter bei und benannte einen konkreten Nachunternehmer sowie ein bestimmtes Lüftungsdeckenfabrikat, das er im Zuge der Aufklärungsgespräche mit dem AG als „vorangebotenes Fabrikat“ bezeichnete. Ein konkurrierender Bieter (B) war der Ansicht, das Angebot des Bieters A sei auszuschließen, weil das angebotene Produkt die ausgeschriebene Leistung nicht erfülle bzw. unvollständig sei. Er rügte die beabsichtigte Zuschlagserteilung an Bieter A. Die Vergabekammer hatte den Nachprüfungsantrag als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen rief B das OLG an.

Nach Ansicht des OLG ist die sofortige Beschwerde unbegründet. Das Angebot des Bieters A sei nicht wegen Änderungen in den Vergabeunterlagen gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 b i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 VOB/A auszuschließen. Zwar habe der AG hier ein produktneutrales LV erstellt, in welches die Bieter nur ihre Angebotspreise eintragen mussten. Darüber hinausgehende Angaben waren nicht gefordert. Dem stehe aber nicht entgegen, dass Bieter A hinsichtlich der Küchenlüftungsdecken ein bestimmtes Fabrikat benannt habe. Dieses Angebot habe er jedoch dahingehend klargestellt und relativiert, dass es sich lediglich um ein „vorangebotenes Fabrikat“ gehandelt habe. Hieraus gehe hervor, dass sich A damit weder auf einen bestimmten Lüftungsdeckentyp noch auf ein Modell oder Gerät festgelegt habe. Das Angebot verstoße auch nicht gegen die anerkannten Regeln der Technik, oder gegen einschlägige technische Normen (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 VOB/B). Ein Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik scheidet hier schon deshalb auf, weil nicht A, sondern der AG die Konstruktionsweise und die Ausführung im Einzelnen vorgegeben habe. Darüber hinausgehende konkrete Festlegungen, insbesondere solche, die den anerkannten Regeln der Technik, den DIN-Normen oder den vertraglichen Vereinbarungen widersprechen würden, seien hier durch A nicht erfolgt. Ebenso wenig komme ein Ausschluss wegen fehlender Nachunternehmererklärung in Betracht. Mit Vorlage der beiden ausgefüllten Formulare habe A zwar mehr getan als er hätte tun müssen, da diese Angaben nach den Vergabeunterlagen überhaupt nicht gefordert waren. Allerdings sei hier Bieter A an die gleichwohle Benennung des Nachunternehmers nicht gebunden. Er hätte später auch einen anderen Nachunternehmer einsetzen können.

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Anmerkung:
Unabhängig von den Aussagen im o. g. Tenor der Entscheidung ist hervorzuheben, dass die hier ohne Verpflichtung erfolgte Benennung eines Nachunternehmers durch den Bieter als unverbindlich angesehen wurde. Da aber nicht auszuschließen ist, dass dies seitens der Rechtsprechung auch anders beurteilt werden kann, ist dem Bieter zu empfehlen, tatsächlich seine Nachunternehmer erst dann zu benennen, wenn er vom Auftraggeber ausdrücklich dazu aufgefordert wird.

  Quelle: RA Michael Werner


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