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BGB-Bauvertrag: Kostenvorschuss vor Abnahme?

23.06.2016

von RA Michael Seitz

Kostenvorschuss kann schon vor Abnahme der Werkleistung verlangt werden, wenn der Werkunternehmer sich auf den Standpunkt stellt, er habe ein mangel-freies Werk abgeliefert, während der Auftragnehmer die Abnahme wegen vorhandener Mängel objektiv zu Recht verweigert.

Dies hat das OLG Celle in einem Urteil vom 11.05.2016 (7 U 164/15), das allerdings noch nicht rechtskräftig ist, entschieden.

Der Fall: AG beauftragt AN zum Bau eines Wintergartens zu einem Pauschalpreis von € 84.500,00. Die VOB/B wird nicht vereinbart. Nach Fertigstellung fordert AN AG zur Abnahme auf. AG verweigert die Abnahme und behauptet zahlreiche, gravierende Mängel. Trotz mehrerer Aufforderungen zur Mängelbeseitigung unter Fristsetzung weigert sich AN, die Mängel zu beseitigen. Im Prozess fordert AN noch € 15.000,00 Werklohn, AG begehrt hingegen per Widerklage einen Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung. Der vom Gericht beauftragte Sachverständige stellt zahlreiche Mängel fest und schätzt die Kosten der Mängelbeseitigung auf knapp € 25.000,00.

Das Urteil: Vor dem OLG Celle unterliegt AN ebenso wie die der Vorinstanz. Der Restwerklohn des AN ist mangels Abnahme noch nicht fällig. Angesichts des Umfangs der Mängel hat AG die Abnahme auch zu Recht verweigert. AG steht auch ein Anspruch auf Kostenvorschuss gemäß § 637 Abs. 3 BGB zu. Zwar ist die Frage, ob beim BGB-Vertrag auch bereits vor Abnahme Mängelansprüche – und damit ein Kostenvorschussanspruch – besteht, umstritten. Das OLG Celle vertritt insoweit jedoch die (von mehreren Oberlandesgerichten geteilte) Auffassung, dass AG einen Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung auch bereits vor Abnahme jedenfalls dann fordern kann, wenn AN einen mit wesentlichen Mängeln behaftetes Werk abliefert, sich jedoch auf den Standpunkt stellt, er habe mangelfrei geleistet. Sonst würde AG nämlich gezwungen, abzunehmen, obwohl er objektiv berechtigt ist, die Abnahme zu verweigern. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage hat das OLG Celle die Revision zum BGH zugelassen.

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Fazit: Es ist zu begrüßen, dass das OLG Celle die Revision zugelassen hat, damit der BGH die in der Praxis sehr umstrittene Frage prüfen kann. Es spricht allerdings manches dafür, dass die Position des OLG Celle zutreffend ist. Ein Werkunternehmer, der sich einerseits weigert, Mängel zu beseitigen, andererseits aber dem AG entgegen hält, Mängelrechte könne dieser erst nach Abnahme geltend machen, verhält sich jedenfalls widersprüchlich. Ist das Werk mit wesentlichen Mängeln behaftet, muss AG nicht abnehmen. Hat er eine Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt, so hat AN auch sein Nachbesserungsrecht verloren. Es leuchtet nicht ein, dass AG dann keinen Anspruch auf Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung durch einen Dritten haben soll.

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