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Bauherr schuldet keine Bauaufsicht!

23.11.2017

von Ra Michael Seitz

Der Architekt ist nicht Erfüllungsgehilfe des Bauherrn. Deswegen muss sich der Bauherr einen Fehler, den der Architekt bei der Bauaufsicht begeht, nicht als Mitverschulden gegenüber dem Bauunternehmer zurechnen lassen, denn er schuldet dem Unternehmer keine Bauaufsicht.

Dies hat das OLG Brandenburg in einem Urteil vom 17.01.2007 (Az.: 6 U 40/15) entschieden.

Der Fall: AG beauftragt AN mit der Errichtung einer Stahlhalle mit Bodenplatte. Später zeigen sich in der Bodenplatte Risse. AG nimmt AN auf einen Mängelbeseitigungsvorschuss in Anspruch. AN hatte auch die Statik geliefert, nach Auffassung des AG war er daher auch zur ausreichenden Setzung von Scheinfugen verpflichtet. AN wendet hingegen ein, der Architekt habe die Statik nicht ausreichend überwacht, weshalb den Architekten ein Mitverschulden treffe, das sich AG zurechnen lassen müsse.

Das Urteil: Ebenso wie das Landgericht in erster Instanz gibt das OLG der Vorschussklage weitgehend statt. AG müsse sich ein etwaiges Mitverschulden seines Architekten nicht zurechnen lassen, da dieser nicht Erfüllungsgehilfe des AG sei. Grundsätzlich sei es zwar denkbar, dass sich AG ein Mitverschulden seines Architekten zurechnen lassen müsse. Dies sei jedoch nur dann der Fall, wenn der Architekt zum einen Pflichten oder Obliegenheiten verletzt habe, die zu seinen Leistungen gehören, die andererseits aber auch gerade den Bauherrn gegenüber dem Bauunternehmer treffen. Dies sei in Bezug auf Maßnahmen der Bauaufsicht nicht der Fall, denn AG schulde dem Bauunternehmer keine Bauaufsicht. Dies gelte selbst dann, wenn es sich – wie hier – um schwierige oder gefahrenträchtige Arbeiten handele. Zwar könne ein Anspruch des AG auch gegenüber dem Architekten bestehen, wenn dieser seine Bauaufsichtspflichten verletzt habe. Dies gelte jedoch nur im Verhältnis zum Bauherrn, nicht jedoch zum Bauunternehmer, sodass eine Zurechnung des Mitverschuldens des Architekten an den Bauherrn nicht in Betracht komme.

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Fazit: Das Ergebnis ist merkwürdig und – insbesondere für den Bauunternehmer – auch höchst unbefriedigend, entspricht aber der ganz herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur. Der Satz, der Bauherr schulde den Bauunternehmer keine Bauaufsicht, mag auf den ersten Blick einleuchten. Im Ergebnis bedeutet dies allerdings, dass der Bauherr – ein Verschulden des Architekten wie auch des Bauunternehmers an dem Mangel unterstellt – sich seinen Gewährleistungsschuldner aussuchen kann, während der Bauunternehmer, sofern er in Anspruch genommen wird, auf dem vollen Schaden sitzen bleibt, ohne sich beim Architekten erholen zu können, da ihn mit diesem kein Vertragsverhältnis verbindet. Ob diese Rechtsprechung daher zu interessengerechten Ergebnissen führt, darf bezweifelt werden. Für den Bauunternehmer aber gilt: Er darf sich niemals darauf verlassen, dass der Architekt „es schon richtig macht“ und seine Bauaufsichtspflicht gegenüber dem Bauherrn erfüllt.

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