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Bauherren haben keine Widerrufsrechte!

24.06.2016

Wer im Internet shoppt, der kennt das nicht anders: Hose oder Schuhe werden geliefert und, wenn sie nicht gefallen, einfach zurückgeschickt

Alles kein Problem. Für Millionen Menschen ist das Ordern unter Vorbehalt längst Alltag. Das Prinzip ist verbraucherfreundlich, funktioniert aber längst nicht überall. Zum Beispiel beim Hausbau gibt es noch keine großzügigen Widerrufsrechte, warnt der Verband Privater Bauherren (VPB). Erst mit dem neuen Bauvertragsrecht, das aktuell im Bundestag beraten wird, kann sich das ändern. Denn dort ist – auch auf Betreiben des VPB – erstmals ein Widerrufsrecht vorgesehen und zwar vor allem für Schlüsselfertigbauverträge zwischen Verbrauchern und Unternehmern, sofern sie nicht notariell beurkundet worden sind. Noch aber gilt das Gesetz nicht! Wer jetzt einen Bauvertrag mit dem Schlüsselfertiganbieter unterzeichnet, der schließt in der Regel einen bindenden Vertrag ab. Und aus solchen Verträgen kommen Bauherren nicht ohne Weiteres wieder heraus.

Laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) § 649 S.1 können Bauherren einen Werkvertrag jederzeit frei kündigen; lediglich beim Bauträgervertrag macht die Rechtsprechung davon eine Ausnahme. Die freie Kündigung hat aber einen hohen Preis: Wenn die Bauherren kündigen, müssen sie nämlich dem Unternehmer den Werklohn zahlen, abzüglich ersparter Aufwendungen. Das heißt, der Unternehmer muss zwar nichts bauen, bekommt aber trotzdem den Gewinn, den er andernfalls durch die gekündigte Leistung erzielt hätte.

Wie hoch ist aber dieser Gewinn?
Wie wird er errechnet? Dazu gibt es eine komplizierte Verteilung von Darlegungs- und Beweislast. Zwischen fünf und zehn Prozent variiert die Bandbreite. Die Summe ist diskutabel und führt deshalb nicht zu schnellen, einvernehmlichen Lösungen, so der VPB. Um die Probleme in den Griff zu bekommen, schreiben Schlüsselfertigbauunternehmer oft vorformulierte Klauseln in den Vertrag. Mit diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) wiegen sie Bauherren aber in falscher Sicherheit, denn AGB gelten nur, wenn sie Verbraucher nicht unangemessen benachteiligen.

Ab wann Verbraucher benachteiligt werden oder nicht, führt regelmäßig zu Streit. Nicht einmal der Bundesgerichtshof (BGH) kam dabei bislang zu einheitlichen oder universell anwendbaren Vorgaben. Alles in allem ist die Kündigung also ein komplexer Prozess.

Fest steht dabei nur: Der Verbraucher muss mit beträchtlichen Zahlungen rechnen. Und: Jeder Fall ist anders, juristischer Rat deshalb unentbehrlich.

Häuser werden selbstverständlich nicht so leichtfertig gekauft wie Kleidung, aber es kann passieren, dass Bauherren ihren Bauvertrag rückgängig machen möchten oder sogar müssen. Dazu gehören beispielsweise familiäre Entwicklungen, etwa, wenn der Hauptverdiener stirbt, die Bauherren sich trennen, der Job verloren geht. Solche Notfälle spielen verantwortungsbewusste Bauherren im Vorfeld durch und suchen nach denkbaren Lösungen.

Leichtfertig ist dagegen die Unterzeichnung eines Bauvertrags, wenn die Finanzierung noch nicht steht oder die Bauherren noch gar kein Grundstück haben. In solchen Fällen räumen Schlüsselfertigbauunternehmer gelegentlich über ihre AGB den privaten Bauherren vertragliche Rücktrittsrechte ein. Bei einem Rücktritt soll der Verbraucher gratis aus dem Vertrag wieder herauskommen. So zumindest die Theorie, denn tatsächlich bieten nur sehr wenige Firmen solche verbraucherfreundlichen Verträge an. Die meisten dieser Vereinbarungen haben Haken und Ösen – zu Lasten der Bauherren. Und dann bleibt am Ende doch nur die freie Kündigung mit den oben geschilderten Problemen.

Der VPB rät dringend davon ab, einen Bauvertrag abzuschließen, wenn die Finanzierung noch wackelt oder das Grundstück noch nicht gefunden ist. Schließlich hängt die Bauausführung maßgeblich vom Grundstück ab: Welche Vorgaben macht der Bebauungsplan? Ist das gewählte Haus dort überhaupt realisierbar? Lässt sich die geplante Solaranlage in Ost-West-Richtung auslegen oder scheitert das vereinbarte Energiekonzept an den kommunalen Vorgaben? Und wie sind die Bodenverhältnisse? Erst wenn die bekannt sind, können Fundament und Keller seriös geplant und kalkuliert werden. Wer schon vor Grundstückskauf und Bodengutachten einen Bauvertrag abschließt, der muss meist draufzahlen. Sind beispielsweise die Bodenverhältnisse schlechter als vom Anbieter kalkuliert, wälzen die Baufirmen die Mehrkosten für zusätzliche Kellerabdichtungen über Sonderpreisvereinbarungen im Schlüsselfertigbauvertrag auf die privaten Bauherren ab. Damit nicht unerwartete Extras die anfangs gesicherte Finanzierung doch noch ins Wanken bringen, rät der VPB grundsätzlich dazu, den Bauvertrag vor der Unterzeichnung von unabhängigen Experten prüfen zu lassen. Das spart Geld und schont die Nerven.

  Quelle: www.vpb.de


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