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Bauzeitverlängerung durch Behinderung: Kein Verzug ohne Mahnung!

06.02.2014

Ein Auftragnehmer gerät automatisch in Verzug, wenn die Bauvertragsparteien vereinbart haben, dass er seine Leistung binnen einer bestimmten Frist nach Auftragserteilung bzw. nach Baubeginn zu erbringen hat. Einer Mahnung bedarf es dann nicht. Wird der Auftragnehmer jedoch in seiner Leistung behindert und führt dies zu einer Verlängerung der Ausführungsfristen, so muss der Auftraggeber mahnen.

Dies hat das OLG Hamm in einem Urteil vom 30. Juli 2013 (Az.: 21 U 84/12) entschieden.

Der Fall: AG will auf einem ehemaligen Industriegelände 7 Mehrfamilienhäuser mit 94 Wohneinheiten bauen. Er beauftragt AN mit den Abbrucharbeiten. Die VOB/B ist in den Vertrag einbezogen. Nach dem Vertrag soll der Baubeginn der 05.10.2009 sein. Im Verhandlungsprotokoll war außerdem festgelegt: „Verbindlicher Fertigstellungstermin: 9 Wochen nach Auftragserteilung“. Am 05.10.2009 beginnt AN mit den Abbrucharbeiten. Im Laufe der Arbeiten zeigt er an, dass das Entsorgungsmaterial - anders, als im Vertrag vorgesehen - mit PCB und PAK kontaminiert ist und deshalb gesondert entsorgt werden muss. Demgegenüber verlangt AG unter Fristsetzung einen verstärkten Personaleinsatz und die Einhaltung der nach seiner Meinung errechneten Fertigstellungsfrist zum 07.12.2009. Das Landgericht spricht gemäß § 6 Nr. 6 i. V. m. § 5 Nr. 4 VOB/B dem AG Schadensersatz wegen verspäteter Fertigstellung in Höhe von über 40.000,00 € zu. Hiergegen legt AN Berufung ein.

Das Urteil: Damit hat AN teilweise Erfolg! Zwar ist auch das OLG der Meinung, dass AG gemäß § 6 Nr. 6 i. V. m. § 5 Nr. 4 VOB/B einen Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens haben kann. AN könne durch die Nichteinhaltung der Ausführungsfrist in Verzug geraten sein, denn die Bauvertragsparteien hätten den 07.12.2009 als verbindlichen Fertigstellungstermin vereinbart. Dies folge daraus, dass sowohl der Zeitpunkt des Baubeginns (05.10.2009) als auch der Zeitraum der Fertigstellung (9 Wochen nach Auftragserteilung) konkret angegeben wurden. Der Zeitraum wird zudem im Verhandlungsprotokoll als verbindlich bezeichnet. Später hatten sich die Parteien unstreitig darauf geeinigt, dass die Frist von 9 Wochen nicht ab Auftragserteilung, sondern ab Baubeginn laufen solle. Von diesem Zeitpunkt aus errechne sich der 07.12.2009 als Fertigstellungstermin. Deshalb sei die eigentlich erforderliche Mahnung gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB entbehrlich.

Allerdings hatte das Landgericht keine hinreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob AN gegenüber dem AG eine wirksame Behinderungsanzeige - gestützt auf die Kontaminierung des Abbruchmaterials - abgegeben hat. Sei nämlich die vereinbarte, verbindliche Fertigstellungsfrist durch eine wirksame Behinderungsanzeige unterbrochen worden, entfällt der ursprünglich verbindlich vereinbarte Fertigstellungstermin mit der Folge, dass AN erst durch eine Mahnung des AG in Verzug geraten würde. Aus diesen Gründen verweist das OLG die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das Landgericht zurück.

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Fazit: Haben die Parteien einen verbindlichen Fertigstellungstermin vereinbart und hält AN diesen nicht ein, so kommt er ohne Mahnung in Verzug. Ist er hingegen in der Ausführung seiner Leistung behindert und kann deshalb den Fertigstellungstermin nicht einhalten, so bedarf es wiederum einer Mahnung durch den AG.

Von entscheidender Bedeutung ist also, dass AN eine ordnungsgemäße Behinderungsanzeige abgibt, die insbesondere detailliert beschreibt, in welcher nach dem Bauzeitenplan jetzt zu erbringenden Leistung er behindert ist. Zudem ist es für den Unternehmer wichtig zu wissen, dass eine Mahnung vor Fälligkeit unwirksam ist. Nur ausnahmsweise kann zudem die Mahnung mit der die Fälligkeit begründenden Handlung verbunden werden.

  Quelle: RA Michael Seitz


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