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Bayerischer Staat auf dem Holzweg

10.04.2015

Bauwirtschaft entrüstet: Vorteilnahme durch Holzbau-Broschüre verstößt gegen die Neutralität von Ministerien

Das Bayerische Bauministerium hat zusammen mit dem Bayerischen Forstministerium eine 83 Seiten umfassende, digitale Broschüre zum Vorteil der Holzbauweise auf einer eigens dafür eingerichteten Website aufgelegt. In dieser Woche brachten sie die Publikation gemeinsam an den Start. Darf der Bayerische Staat als einer der größten Waldbesitzer eine Bauweise derart bevorzugen und daraus selbst Vorteile ziehen? Unternehmer Johannes Edmüller, Geschäftsführer des mittelständischen Ziegelherstellers Schlagmann Poroton aus dem niederbayerischen Zeilarn, stellt dies empört in Frage. Er beklagt eine staatlich verordnete Wettbewerbsverzerrung.

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„Es ist nicht nur ein politisch gewollter Eingriff in die Wettbewerbslandschaft der Bauweisen, sondern zudem die Verschwendung von Steuergeldern“, so Unternehmer Johannes Edmüller, geschäftsführender Gesellschafter der Schlagmann Poroton, über die Veröffentlichung einer Holzbau-Broschüre durch den bayerischen Staat.

In der digitalen Broschüre „Holz – zeitlos schön“ werden sieben staatliche Holzbau-Projekte, die die Bayerische Staatsregierung in Auftrag geben ließ, vorgestellt. Diese will laut einer gemeinsamen Pressemitteilung vom 31. März des Bayerischen Bauministeriums und des Bayerischen Forstministeriums „das Bauen mit Holz weiter voranbringen“. Für Unternehmer Johannes Edmüller, der erst vor Kurzem mit dem Bayerischen Mittelstandspreis von Ministerpräsident Horst Seehofer ausgezeichnet wurde und sich in vielen Gremien der Bauindustrie u.a. auch über seine Stiftung für die Förderung des Nachwuchses am Bau engagiert, ist dies ein Schlag gegen den freien Wettbewerb unter gleichrangigen Bauprodukten. „Eine staatliche Förderung von Werbemaßnahmen des Holzmarketings – und als nichts anderes ist diese Publikation einzuordnen – ist absolut inakzeptabel und zudem rechtlich nicht haltbar,“ so Edmüller aufgebracht. „Eine Behörde wie die Oberste Bayerische Baubehörde als Teil des Bau- und Innenministeriums unterliegt einer strikten Neutralität, die durch die Veröffentlichung dieser Broschüre eindeutig verletzt wurde.“

Eine derartige Einflussnahme könne in der Tat einen eindeutigen Verstoß des europäischen Beihilfeverbots nach Art. 107 AEUV darstellen und eine bedenkliche Verzerrung des Wettbewerbs der Bauprodukte mit sich ziehen. Dies untermauert auch ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom Mai 2009, in dem die Grenzen einer staatlichen Finanzierung der Holzwirtschaft gezogen wurden und die Finanzierung des damaligen Holzabsatzfonds als verfassungswidrig erklärt wurde.

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Unten Ziegel, oben Holz: Zwei von drei Häusern in Bayern wurden 2014 so gebaut. Der Freistaat Bayern will dies ändern; zum Leidwesen vieler etablierter Bauschaffender.

Fotos: Schlagmann Poroton

Nicht nur, dass der Freistaat Bayern mit derartigen Aktionen einseitig einen Baustoff fördert, hier wird die gesamte Branche des Mauerwerksbaus in Mitleidenschaft gezogen. Gerade das ausführende Handwerk, die regional ansässigen Bauunternehmen, werden mit dem Präferieren der Holzbauweise völlig außen vor gelassen. Hätten doch gerade sie, aufgrund des um sich greifenden Fachkräftemangels, Hilfe von staatlicher Seite dringend nötig. „Wenn die einseitige Unterstützung durch das politische Lobbying „pro Holzbau“ die zukünftige Ausrichtung der Bayerischen Staatsregierung ist, dann ist das ein Schlag ins Gesicht für einen Großteil der mittelständischen Unternehmen der bayerischen Bauwirtschaft zusammen mit ihren tausenden Mitarbeitern,“ so Johannes Edmüller, selbst verantwortlich für 320 Mitarbeiter an vier Standorten in Bayern.

Studie belegt: Ökobilanz eines Holzhauses nicht besser als die eines massiven Hauses
In der bereits genannten Pressemitteilung vom 31. März wird Forstminister Brunner zudem zitiert, heimisches Holz sei wegen seiner hervorragenden technischen und raumklimatischen Eigenschaften sowie seiner unschlagbaren Ökobilanz der Baustoff der Zukunft. Dem jedoch wiederspricht Professor Dr.-Ing. Carl-Alexander Graubner von der TU Darmstadt, Institur für Massivbau, der in einer Studie von 2009 verschiedene Bauweisen hinsichtlich ihrer Ökobilanz untersucht hat: „Dabei gibt es wissenschaftlich gesehen in Punkto Ökologie nur marginale Unterschiede zwischen Holz- und Massivbauweisen. Laut unseren Studien sind Häuser in Holzständerbauweise für die Lebenszyklusphase „Herstellung“ bezüglich ihres Wirkungsindikators „Primärenergiebedarf“ sogar ungünstiger als massive Varianten.“ Auch die technischen und raumklimatischen Eigenschaften des Holzes sind nicht besser als von jedem massiven Baustoff.

  Quelle: www.heinrich-renz.de


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