zurück

Bedenkenhinweis: Auftraggeber ist Adressat!

26.11.2020

von RA Michael Seitz

Hat der Auftraggeber Bedenken gegen Anordnungen oder Planungen des Bauherrn, so kann er sich von seiner Verantwortung für Mängel befreien, indem er den Auftraggeber auf bestehende Bedenken hinweist. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Bauherr einen angestellten Bauleiter einsetzt, der sich den Hinweisen des Auftragnehmers verschließt, sofern dieser Bauleiter nicht zu Änderungen des Vertrages bevollmächtigt ist. Zudem genügt der bloße Hinweis auf eine mangelhafte Ausführung von Vorleistungen als Bedenkenhinweis nicht.

Dies hat das OLG Schleswig in einem Urteil vom 24.05.2019 (Az.: 1 U 71/18) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 27.05.2020 (Az.: VII ZR 126/19) zurückgewiesen.

Der Fall:
AG beauftragt den Generalunternehmer AN mit Abdichtungsarbeiten. Als AN auf der Baustelle erscheint, ist das Wärmdämmverbundsystem bereits montiert, sodass AN die von ihm geschuldete Abdichtung nicht mehr unter dem WDVS anbringen kann. AN weist den bei AG angestellten Bauleiter B darauf hin, dass dies einen Mangel darstelle und dass er daher die Abdichtungsbahn an der Isolierung hochführen werde und dass er den Wandanschluss ohne die vorgeschriebene Ausklinkung aus der geputzten Fassade herstellen werde. B erklärt sich hiermit einverstanden. Später dringt Wasser in die Fassade ein. AG fordert Nachbesserung, AN verweigert diese ohne gesonderte Bezahlung. Er wird schließlich aber doch mit der Nachbesserung beauftragt und anschließend fordert AG die dafür gezahlten gut 108.000,00 EUR zurück.

Das Urteil:
Zu Recht, wie das OLG Schleswig mit Billigung des BGH meint. Anders als noch das Landgericht hält das OLG den Bedenkenhinweis nicht für ausreichend. Ebenso wie bei einem Architekten, der sich den Bedenken eines Auftragnehmers im Hinblick auf einen Planungsfehler verschließt, sei auch bei einem angestellten Bauleiter zu verfahren. Auch dieser könne den Vertrag nicht ändern, es sei denn, er ist hierzu bevollmächtigt. Dies war vorliegend unstreitig nicht der Fall. Zudem sei ein bloßer Hinweis auf die Mangelhaftigkeit des Vorgewerks auch nicht ausreichend, da dem Bauherrn mit hinreichender Deutlichkeit vor Augen geführt werden müsse, welche Folge das "Anarbeiten" an die mangelhafte Leistung habe. Obwohl AN mit der Nachbesserung beauftragt worden sei, sei nicht von einem Verzicht des AG auf die Mängelrechte auszugehen, da die Parteien noch während der Ausführung über die Verantwortlichkeit für den Mangel gestritten haben.

Michael Seitz_1.jpg

Fazit:
Wieder einmal zeigt sich, wie bedeutsam die Bedenkenhinweispflicht ist. Auch der Hinweis an einen vom AG beauftragten Bauleiter reicht nicht, es sei denn, dieser hat (z. B. durch eine entsprechende vertragliche Bestimmung) eine Vollmacht zur Änderung des Bauentwurfs. Bedenkenhinweise sind also stets an die bevollmächtigten Vertreter des AG oder diesen selbst zu richten! Zudem reicht ein bloßer Hinweis auf die Mangelhaftigkeit nicht. Vielmehr muss auch der Bedenkenhinweis klare und eindeutige Aussagen dazu enthalten, welche Folgen eine mangelhafte Ausführung hat. Mit anderen Worten:
Der Bedenkenhinweis hat zur rechten Zeit und an den richtigen Adressaten zu erfolgen, er muss dem Bauherren unmissverständlich klar machen, welche Folgen die Nichtbeachtung der Bedenken hat und er sollte zu Beweiszwecken stets schriftlich erfolgen

  Quelle:


Gratis Gastzugang

Submissions-Anzeiger | Tageszeitung-Ad

Aktuelles
Seminarangebot

Baurecht- und Vergabeseminare