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Besondere Sorgfalt bei Tiefbauarbeiten

07.09.2023

Ein Tiefbauunternehmer hat sich über den tatsächlichen Leitungsverlauf durch geeignete Maßnahmen, z. B. in Form von Suchschächten oder Grabungen in Handschachtung, zu vergewissern. Dies gilt insbesondere dann, wenn die ihm übergebenen Leitungspläne erkennbar nicht mehr aktuell sind und zudem den deutlichen Hinweis erhalten, dass die Lage der Leitungen von den Planangaben abweichen kann. Dies hat der BGH mit Urteil vom13.04.2023 (Az.: III ZR 17/22) entschieden.

 

Portrait Michael Seitz

 

Der Fall: AN beschädigt bei Rammarbeiten zur Herstellung von Schutz- und Leitplanken entlang einer Autobahn eine Stromleitung des Versorgungsträgers V. V fordert Schadensersatz von AN und dem auftraggebenden Land AG. Im Vertrag mit AG wird AN ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er sich über den Verlauf von Leitungen zu informieren hat und sicherstellen muss, dass diese nicht beschädigt werden. Bei Bedarf sollen insoweit Such- oder Kontrollgrabungen durchgeführt werden. Die von AG an AN übergebene Planauskunft ist zum einen nicht mehr aktuell, zum anderen enthält sie den Vermerk, dass die Lage der Leitungen von den Angaben im Plan abweichen könne. Gleichwohl beginnt AN ohne weitere Maßnahmen mit den Rammarbeiten. V verklagt das auftraggebende Land und AN als Gesamtschuldner. Das Landgericht verurteilt nur das Land, nicht aber den Tiefbauunternehmer. Das Berufungsgericht verurteilt Land und AN als Gesamtschuldner. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision möchte AN die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen.

Das Urteil: Ohne Erfolg! Der BGH stellt fest, dass AN seine Pflichten als Tiefbauunternehmer verletzt habe. In Anbetracht der unverhältnismäßig großen Gefahren seien Tiefbauunternehmer zu äußerster Sorgfalt und Vorsicht verpflichtet. Der Tiefbauunternehmer muss sich kundig machen und sich den erforderlichen Grad von Gewissheit über den Verlauf der Leitungen verschaffen. Das die Leitungspläne nicht aktuell waren, hätte AN wissen müssen. Sie enthielten zudem den deutlichen Hinweis, dass die tatsächliche Lage der Leitungen von den Planangaben abweichen könne. Auch sei AN im Vertrag besondere Sorgfaltspflichten durch Handschachtung oder Erkundungsgrabungen auferlegt worden. Aus diesen Gründen hätte AN mit den Rammarbeiten nicht beginnen dürfen, bevor Klarheit über den Leitungsverlauf bestand.

Fazit: Die Entscheidung liegt auf der Linie der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung. Angesichts der erheblichen Gefahren, die von beschädigten Leitungen ausgehen, treffen den Tiefbauunternehmer besondere Sorgfaltspflichten, die AN hier ziemlich offensichtlich nicht eingehalten hat. Der BGH hält die Entscheidung des Berufungsgerichts, das Land und AN als Gesamtschuldner verurteilt, ausdrücklich aufrecht. Land und AN sind also beide gleichermaßen zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Interessant wäre in diesem Zusammenhang aber auch der sogenannte "Gesamtschuldnerinnenausgleich". Konkret: Kann das Land im Innenverhältnis von AN die Übernahme des gesamten Schadens verlangen? Dies wird man hier wohl bejahen können, da die Leitungspläne ohne weiteres erkennbar veraltet waren.

  Quelle: Anwalt Seitz


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