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Bewertungsmatrix: Punktevergabe muss transparent sein!

15.03.2016

von RA Michael Werner

Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 16.12.2015 – Verg 25/15 – Folgendes entschieden:

• Die Bieter müssen erkennen können, unter welchen konkreten Voraussetzungen ein Wertungskriterium als nicht den Anforderungen genügend (0 Punkte), als mit Einschränkung den Anforderungen genügend (1 Punkt) oder als den Anforderungen besonders dienlich (3 Punkte) bewertet wird.

• Ein Bewertungsmaßstab, der es in Verbindung mit den aufgestellten Unterkriterien nicht zulässt, im vorhinein zu bestimmen, welchen Erfüllungsgrad (Zielerreichungsgrad) die Angebote aufweisen müssen, um mit den festgelegten Punktwerten bewertet zu werden, ist intransparent.

Die Bundesagentur für Arbeit hatte als öffentlicher Auftraggeber (AG) für 42 Dienststellen in verschiedenen offenen Vergabeverfahren Briefdienstleistungen europaweit ausgeschrieben. Die Wertungskriterien umfassten u.a. das „Logistikkonzept“ der Bieter. Gemäß dem bekanntgegebenen Wertungssystem konnten bei den Wertungskriterien 0 – 3 Punkte erreicht werden, die jeweils wie folgt erläutert wurden: 0 Punkte, wenn das Angebot nicht den sich aus den Ausschreibungsbedingungen ergebenen Anforderungen genügt, 1 Punkt, wenn es mit Einschränkungen den sich aus den Ausschreibungsbedingungen ergebenen Anforderungen genügt, 2 Punkte, wenn es voll umfänglich den sich aus den Ausschreibungsbedingungen ergebenen Anforderungen genügt, 3 Punkte, wenn es den sich aus den Ausschreibungsbedingungen ergebenen Anforderungen besonders dienlich ist.

Des Weiteren hieß es in den Vergabeunterlagen, dass ein Angebot nur in der Wertung verbleibe, wenn es in allen Kriterien mindestens zwei Punkte erziele. Im Wertungskriterium „Logistikkonzept“ waren sieben Unterkriterien angegeben, auf welche die Bieter im Angebot besonders eingehen mussten. Bieter B sollte den Zuschlag bekommen. Das Angebot des Bieters A wurde ausgeschlossen, weil es im Kriterium „Logistikkonzept“ nicht die erforderlichen 2, sondern nur 1 Punkt erreicht hatte. Dagegen wehrte sich A mit Nachprüfungsantrag zur Vergabekammer und war dabei aus anderen rechtlichen Aspekten des Verfahrens erfolgreich. Bieter B legte daraufhin sofortige Beschwerde beim OLG ein.

B hat hier keinen Erfolg. Nach Ansicht des OLG ist das Verfahren in den Stand vor Übersendung der Vergabeunterlagen und der Angebotsaufforderung zurückzuversetzen und nicht nur eine bloße Neubewertung der Angebote vorzunehmen. Dies vor allem deshalb, da nach Ansicht des OLG ein Fehler vorliege, der weder von den Verfahrensbeteiligten noch von der Vergabekammer bisher erörtert worden sei: der vorgegebene Bewertungsmaßstab des AG sei intransparent. Er lasse in Verbindung mit den aufgestellten Unterkriterien nicht zu, im Vorhinein zu bestimmen, welchen Erfüllungsgrad (Zielerreichungsgrad) die Angebote bei den Unterkriterien zum Logistikkonzept aufweisen müssten, um mit den festgelegten Punktwerten bewertet zu werden. Für die Bieter sei nicht zu erkennen gewesen, unter welchen Voraussetzungen konkret das Kriterium „Logistikkonzept“ als nicht den Anforderungen genügend (0 Punkte), als mit Einschränkungen genügend (1 Punkt) oder als den Anforderungen besonders dienlich (3 Punkte) gewertet werde. Auch bei der für das Erreichen der Mindestpunktzahl wichtigen mittleren Bewertung mit 2 Punkten (voll umfänglich genügend) bleibe offen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen kleinere Einschränkungen eventuell noch das Testat „voll umfänglich genügend“ rechtfertigen könnten. Die Bieter hätten deswegen nicht im Vorhinein beurteilen können, auf welche konkreten Leistungen der AG besonderen und gegebenenfalls unverzichtbaren Wert gelegt habe, um ihre Angebote daran ausrichten zu können. So sei es den Bietern aufgrund des bekanntgegebenen Wertungsmaßstabs auch verschlossen geblieben, welche Angebotsdefizite bei welchen Unterkriterien einen Abzug von einem oder zwei Punkten veranlassten – ein im Streitfall für das Erreichen der Mindestpunktzahl (2 Punkte) ganz wesentlicher Umstand. Im Übrigen sei hier die Anwendung des Bewertungsmaßstabs dem ungebundenen und völlig freien Ermessen des AG überantwortet worden. Dies gestatte aber objektiv willkürliche Bewertungen und die Gefahr von Manipulationen, von denen der Wettbewerb als solcher sowie die Bieter vom AG durch Festlegung und Bekanntgabe transparenter Bewertungsmaßstäbe jedoch zu schützen seien.

 

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RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
Rechtsanwälte Partnerschaft mbB

Haus Cumberland
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E-Mail: M.Werner@zl-legal.de
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Anmerkung:
Für die Frage der Festlegung eines Punktekatalogs, mit dem die Wertungskriterien gewichtet werden, eine interessante Entscheidung. Wie das OLG feststellt, muss der Bewertungsmaßstab nicht nur transparent, sondern auch für die Bieter verständlich sein. Im hier vorliegenden Fall ist insbesondere die Tatsache, dass nach den Vergabeunterlagen zwar 1 Punkt den Anforderungen genügt, hingegen das Angebot nur in der Wertung verbleibt, wenn es in jedem Kriterium mindestens 2 Punkte erzielt, völlig unverständlich. Deshalb gilt: Öffentliche Auftraggeber sollten im Vorfeld der Vergabe die Parameter, nach denen die Angebotswertung erfolgt, verständlich und nachvollziehbar definieren, bevor sie den Bietern bekannt gemacht werden.

  Quelle: RA Michael Werner


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