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Brückenbau mit Fertigteilen

08.10.2019

Modulbauweise im Test

Eine Brücke sanieren oder neu bauen ohne Megastaus und nervige Umleitungen, geht das? Das will das Land Nordrhein-Westfalen (Straßen NRW) mit dem Bau von zwei Fertigteilbrücken herausfinden. Der Zement stammt aus dem HeidelbergCement-Werk Geseke.

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Schwerlastmodule transportierten die bis zu 110 Tonnen schweren Teile zum Einbauort, wo ein 750-Tonnen-Kran diese schließlich auf Widerlager einhob.

Viele der mehr als 10.000 Brücken in Nordrhein-Westfalen stammen aus den 1960er und 1970er Jahren und sind sanierungsbedürftig. Manche sind sogar zu erneuern, weil sie nicht mehr den heutigen Stabilitätsanforderungen genügen. Dringlichkeit ist geboten, zumal der Güterverkehr laut Prognosen bis zum Jahr 2050 um bis zu 80 Prozent zunehmen soll. „Wir sind in Nordrhein-Westfalen wegen des hohen Verkehrsaufkommens besonders stark betroffen. Da wir für die Sicherheit und Funktionsfähigkeit der Brücken zuständig sind, müssen wir uns natürlich Gedanken machen, wie wir Brücken so sanieren oder erneuern, dass der Verkehr dabei möglichst wenig beeinträchtigt wird“, erklärt Gregor Ellerkamp, Projektleiter Brückenbau bei Straßen NRW.

Weniger Sperrtage durch Fertigteilbauweise
Eine Alternative ist die Fertigteilbauweise. Ob diese mehr Effizienz bringt und wie das Ganze in der Praxis laufen kann, erkundet Straßen NRW derzeit im Rahmen eines Pilotprojekts mit dem Bau von zwei Brückenbauwerken an der L518 zwischen Werne und Hamm. Die Idee dahinter ist folgende: Oberhalb der in konventioneller Bauweise hergestellten Gründung (Ortbeton-Bohrpfähle mit Ortbeton-Pfahlkopfplatte) werden die Betonbauteile der Widerlager, Flügel und Überbauten vorgefertigt. Wenn erkennbar ist, wann die Produktion der Fertigteile abgeschlossen ist, werden parallel dazu die alten Brücken abgebrochen und die Gründungen hergestellt. „Dadurch lassen sich die Sperrtage wesentlich reduzieren“, erläutert Ellerkamp. Das leuchtet ein, denn bei der konventionellen Bauweise kostet allein die Herstellung der Schalung und Bewehrung vor Ort viel Zeit. Zeit benötigt auch der Beton, bis er die nötige Festigkeit hat. „Summa summarum können so viele Tage, im Extremfall Wochen zusammenkommen“, betont der Projektleiter.

Diese Zeit konnten sich die Verantwortlichen beim Bau der Wirtschaftswegbrücken Stiegenkamp und Nordbecker Damm über die L518 sparen. Denn die Brückenteile der Überbauten wurden in einer wenige Kilometer entfernten Feldfabrik vorgefertigt. „Genauer gesagt waren es sechs Überbauteile, drei für das Bauwerk Stiegenkamp und drei für das Bauwerk Nordbecker Damm. Die Fertigteile der Widerlager und Flügelwände wurden parallel in einem Fertigteilwerk hergestellt. Schwerlastmodule transportierten die bis zu 110 Tonnen schweren Teile zum Einbauort, wo ein 750-Tonnen-Kran die Teile schließlich auf die Widerlager eingehoben hat“, berichtet Bauleiter Christian Gniechwitz von der Firma Heitkamp. Hier sei Teamarbeit gefragt, denn die Träger sind millimetergenau in die Widerlager einzupassen.

Besondere Anforderungen an Zement und Rezeptur
Ende November 2018 wurden die letzten Überbaufertigteile betoniert. Den Beton, insgesamt 375 Kubikmeter, hat die Firma TBW Selm GmbH & Co. KG geliefert. „Das ist von der Menge und der nötigen Logistik her nichts Besonderes. Außergewöhnlich waren dagegen die Anforderungen an die Rezeptur. So sollte der Beton die für einen Transportbeton eher unübliche Festigkeitsklasse C60/75 haben“, erläutert Stefan Lütke Volksbeck, Vertrieb TBW Selm.

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Aus dem Fertigteilwerk wurden je Brücke zwei Flügelwände und ein Träger für die Widerlager angeliefert und eingebaut.

Einerseits sollte während des Aushärtevorgangs nicht zu viel Wärme freigesetzt werden; andererseits sollte die gewünschte Festigkeit bereits nach zwei Tagen erreicht sein. Das erscheint auf den ersten Blick widersprüchlich, denn ein schnelles Aushärten bedeutet, dass die Reaktion in einem bestimmten Zeitraum Wärme freisetzen muss. „Letztlich haben wir aber die Gratwanderung gemeistert und die geforderten Parameter eingehalten; auch die Logistik und die enge Abstim-mung mit dem Zusatzmittellieferanten lief reibungslos“, resümiert Vertriebsexperte Stefan Lütke Volksbeck.

Allerdings machten die speziellen Materialanforderungen eine engmaschige Qualitätskontrolle notwendig. „So haben wir im Rahmen der Gütekontrolle jede Silozug-Lieferung beprobt. Hierbei ergaben sich nur sehr geringe Schwankungen, was die bekanntermaßen hohe Gleichmäßigkeit unserer Zemente bestätigte“, sagt Franz Jäger, Produktmanager Transportbeton bei HeidelbergCement. „Die Geseker Milke-Zemente zeichnen sich zudem durch eine sehr gute Zusatzmittelverträglichkeit und eine hohe Frühfestigkeit aus; somit eignen sie sich bestens für die Fertigteilbauweise.“

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Auch dank der Geseker Milke-Zemente erreichten die Fertigteile bei der Produktion im Fertigteilwerk eine hohe Frühfestigkeit, ohne während des Aushärtevorgangs zu viel Wärme freizusetzen.

Fotos: HeidelbergCement AG / Steffen Fuchs


Dass diese eine echte Alternative zu herkömmlichen Bauweisen sein kann, meint auch Bauleiter Christian Gniechwitz: „Ich persönlich finde die Fertigteilbauweise gut. Für ein abschließendes Resümee ist es allerdings noch zu früh, da das Projekt noch läuft. Sobald es abgeschlossen ist, werden wir uns mit den Kollegen von Straßen NRW zum Erfahrungsaustausch zusammensetzen und einen Abschlussbericht verfassen.“

  Quelle: www.heidelbergcement.de


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