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Brüssel fordert Reindustrialisierung Europas

15.10.2012

Mehr Investitionen und Öffnung der Märkte sollen Wachstum und Jobs zurückbringen - Kollision mit EU-Klimazielen droht

-- Von Tobias Schmidt --

Brüssel (dapd). Durch eine Stärkung der Industrie will Brüssel Wachstum und Jobs nach Europa zurückbringen: Mehr Investitionen, eine Öffnung der Märkte und eine bessere Ausbildung sollen zur "Reindustrialisierung" führen. Das forderte EU-Kommissar Antonio Tajani bei der Vorstellung seiner Strategie in Brüssel. Das Ziel: Schon 2020 soll das produzierende Gewerbe wieder 20 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt beisteuern, gegenüber nur noch knapp 16 Prozent heute. "Wir können nicht weiterhin einfach dabei zusehen, wie unsere Industrie aus der EU abwandert", sagte der Kommissar.

Ein Kernelement in seiner Strategie ist die Stützung des Mittelstandes. Die Europäische Investitionsbank EIB sollte dafür "zehn bis 15 Milliarden Euro für zusätzliche Kredite bereitstellen", heißt es im Kommissionspapier. Der Anschub soll die Unternehmer dabei unterstützen, sich international aufzustellen. Der Anteil der mittelständischen Firmen, die auf dem Weltmarkt antreten, soll von 13 auf 25 Prozent springen. Für ehrgeizig aber machbar hält Tajani seine Ziele. Er verwies darauf, dass europäische Unternehmen bei Zukunftstechnologien schon führend seien und die Lohnstückkosten auch in China allmählich anstiegen.

Klima gegen Industrie
Zwingen kann Brüssel die Länder nicht, ihre Industriequoten anzuheben. Allerdings forderten Deutschland, Frankreich und fünf weitere Länder in einem gemeinsamen Brief bereits mehr Anstrengungen für eine gemeinsame Industriepolitik. Dass es dabei auf eine Kollision mit den strengen EU-Klimazielen hinausläuft, scheint unausweichlich.

Denn die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie sei "in zunehmendem Maße von den Energiekosten abhängig", schrieben Tajani und sein deutscher Kollege, Energiekommissar Günter Oettinger, in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Und für die Energiekosten spiele "die Klimapolitik der EU eine Rolle". Tajanis 20-Prozent-Ziel rückt damit in Konkurrenz zu den Klimavorgaben der EU, den CO2-Ausstoß bis 2020 um 20 Prozent zu senken.

Schutz vor "unverhältnismäßiger Belastung"
Besonderen Schutz plant Tajani dabei offenbar für die gebeutelte Autobranche. Sie soll künftig vor "unverhältnismäßiger Belastung" bewahrt werden, zitierte die Zeitung "Die Welt" aus einem weiteren Strategiepapier Tajanis. Im Klartext: Wenn schärfere Regeln für Abgas- oder CO2-Werte künftig die Branche ins Hintertreffen gegenüber asiatischen oder amerikanischen Konkurrenten bringen könnten, sollen sie gar nicht erst eingeführt werden.
Gesetzesvorschläge beinhaltet Tajanis Strategie nicht - doch könnte sie zu einer Neujustierung der europäischen Politik führen.

 

  Quelle: dapd


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