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Das Augsburger Wassermanagement-System

11.07.2019

UNESCO-Weltkulturerbe:

• Einzigartiges Beispiel für eine mehr als 800jährige lückenlose Entwicklung einer kommunalen Wasserwirtschaft – bis heute
• 22 Stationen manifestieren 800jährige Entwicklung
• Lech und Wertach, Stadtwald, Kanäle, Hochablass,
• Wassertürme, Wasserwerke, Monumentalbrunnen, Stadtmetzg
• Innovationsgeist und technische Meisterleistung
• Handwerk, Industrialisierung, Trinkwasserversorgung
• Interpretation von Natur und Technik durch die Kunst

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Wassertürme am Roten Tor.

Foto: ©Regio Augsburg Tourismus, Reinhard Paland

Das Augsburger Wassermanagement-System (www.wassersystemaugsburg. de) erstreckt sich zwischen Lech und Wertach sowie dem Trinkwasserschutzgebiet Stadtwald und umfasst den Hochablass samt Eiskanal, knapp 190 km Lechkanäle, die Wassertürme am Roten Tor, die Stadtmetzg, die weltberühmte Brunnen-Trias in der Maximilianstraße und am Rathausplatz, Brunnenwerke und eine stattliche Anzahl an Wasserkraftwerken bis Gersthofen, Langweid und Meitingen. Die Kombination aus menschlichem Erfindungsgeist, wegweisender Ingenieurwissenschaft und großartigen Kunstwerken von Weltrang bilden das Erfolgskonzept des Augsburger Wassermanagement-Systems. Nirgendwo sonst ist lückenlos über acht Jahrhunderte hinweg das Zusammenspiel von Innovations-geist und technischer Meisterleistung so zu erleben wie anhand des Wassermanage-ment-Systems in Augsburg. Dank dem Einfallsreichtum von Augsburgs Gelehrten und Ingenieuren konnte das Wasser von Lech, Wertach, Singold und Brunnenbach so umgeleitet werden, dass es die ganze Stadt erreichte. Augsburg war damit Vorreiter in Europa. Wie ein Aderngeflecht durchströmen fast 190 km Lechkanäle die Stadt noch heute, bevor sie am Zusammenfluss von Lech und Wertach wieder in den Ursprungsfluss münden.

Der Weg des Wassers durch die Stadt
Eine wichtige Rolle kommt dabei dem Hochablass zu. Er gilt als bedeutendster Anstich des Lechs. Seit 1346 ist schriftlich belegt, dass von dort Lech-, also Brauchwasser, in die Kanalsysteme geleitet wurde. Über die Wassertürme am Roten Tor aus dem 15. bis 17. Jahrhundert, in denen sich technisch ausgeklügelte Pumpwerke befanden, wurde hingegen Trinkwasser mit dem notwendigen Druck in Holzrohren zu den Bürgerinnen und Bürgern in die höher gelegene Oberstadt geleitet. Die Pumpwerke wurden zunächst durch Wasserräder und später über Turbinen angetrieben. Von den drei Wassertürmen am Roten Tor speiste einer ausschließlich die Monumentalbrunnen in der Maximilianstraße und am Rathausplatz. Das war zur damaligen Zeit Luxus pur! Die so demonstrierte symbolische Überhöhung des Wassersystems zeigt, welch herausragende Bedeutung es für die Stadt hatte.

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Wasserwerk am Hochablass.

Foto: ©swa, Thomas Hosemann

Ebenso die Stadtmetzg, die Stadtbaumeister Elias Holl bereits 1609 als wassergekühlte Metzgerei konzipierte. Er errichtete den Bau über einem Lechkanal, der sowohl für die Fleischkühlung als auch für einen schnellen Abtransport der Fleisch-abfälle sorgte und vorbildlich in Sachen Hygiene war. Rolle des Augsburger Stadtwalds Wasser war das Erdöl des Mittelalters. In Augsburg existiert eines der wenigen erhaltenen Systeme, die die Entwicklung der städtischen Wasserversorgung vom Mittelalter bis heute dokumentieren. An herausragender Stelle steht dabei der Augsburger Stadtwald, der die Stadt seit mindestens 600 Jahren mit Trinkwasser versorgt. Das Gebiet ist 22,5 Quadratkilometer groß. Einen wichtigen Punkt im Stadtwald markiert der sogenannte Galgenablass, wo sich der mit Quellwasser gespeiste Brunnenbach und der mit Lechwasser gespeiste Grenzgraben kreuzen.

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Kraftwerk in Langweid.

Foto: ©Stadt Augsburg, Ruth Plössel

Der Galgenablass steht exemplarisch für die Trennung von Trink- und Brauchwasser. Über das Aquädukt am Roten Tor liefen mindestens seit dem 16. Jahrhundert Lech- und Quellwasser – durch eine Spundwand strikt voneinander getrennt – in die Stadt. Eine Sensation! Denn nur durch sauberes Trinkwasser herrschten einigermaßen hygienische Verhältnisse in der Stadt, wodurch etwa Seuchen eingedämmt werden konnten. Nirgends sonst gab es die Trennung von Trink- und Brauchwasser für eine Kommune zeitlich so früh. Dass Augsburg überdies ein eigenes städtisches Trinkwasser-schutzgebiet besitzt, ist bis heute ein Allein-stellungsmerkmal unter den bayerischen Großstädten.

Zentrum für Maschinen- und Turbinenbau dank Wasserkraft
Gerade an Wasser- und Brunnenwerken kamen über die Jahrhunderte große technische Entwicklungen zum Einsatz. Seien es Archimedische Schrauben, Kolbenpumpen oder Turbinen. In der Modellkammer des Maximilianmuseums sind die bedeutendsten technischen Innovationen des Brunnenmeisters Caspar Walter (1701 bis 1769) zu bestaunen.

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Hinterer und Mittlerer Lech.

Foto: ©Stadt Augsburg, Ruth Plössel

Mit der Nutzung der Wasserkraft beginnt Augsburgs wirtschaftlicher Aufstieg zur berühmten Handels- und späteren Papier- und Textilmetropole. Waren es zuvor Wasserräder, Mühlen und Pumpwerke, die auch die Wirtschaftskraft ankurbelten, wurden diese später von Kraftwerken abgelöst. Daher sind auch zehn bedeutende Kraftwerke sowie das Hochablass-Lechwehr Bestandteil der Bewerbung. Seit 1840 sorgten Turbinen für Energie und für den Aufstieg Augsburgs zum Zentrum für Maschinen- und Turbinenbau.

Ursprung der modernen Wasserversorgung
Mit dem Bau des Wasserwerks am Hochablass wurde der Grundstein für eine moderne zentrale Trinkwasserversorgung gelegt. Der anspruchsvolle Bau ist ein einmaliges Denkmal der Industriekultur. Das Wasserwerk ging 1879 in Betrieb und stellt den Ursprung der heutigen modernen Wasserversorgung dar. Die Wasserkraftwerke bilden die technische Entwicklung der Augsburger Energiegewinnung durch Wasser in drei Schritten ab: Vom Wasserwerk zur Wasserturbine und zum Turbinengenerator. Erst dienten die Kraftwerke zum Direktantrieb der Webstühle, Mühlen und Spinnmaschinen. Dann dienten die Turbinen der Stromerzeugung für die Fabriken. Danach erzeugten sie Strom für die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung. Diese Kraftwerke blieben alle erhalten. Wasserkraftwerke, wie etwa in Gersthofen, Langweid und Meitingen markierten den Beginn der Stromversorgung in Bayerisch Schwaben.

Sonderrolle: Der Eiskanal
Zur Geschichte des Wassermanagement-Systems gehört auch der Eiskanal am Hochablass, der ursprünglich die Stadt von Treibeis freihalten sollte. Er wurde für die Olympischen Spiele 1972 zur ersten künstlich angelegten Wildwasserstrecke der Welt umgebaut. Heute befindet sich am Eiskanal das Bundesleistungszentrum für Kanuslalom und Wildwasser. 2022 wird in Augsburg, 50 Jahre nach den Olympischen Spielen, die Kanuslalom-WM ausgetragen.

Augustus – Merkur – Herkules: Die Monumentalbrunnen
Welchen Stellenwert die Wassernutzung in Augsburg hatte, zeigt die anspruchsvolle Gestaltung der Wassertürme am Roten Tor, zahlreicher Kraftwerke und des neuen Wasserwerks am Hochablass von 1879 – einem klassizistischen Schlossbau. An erster Stelle stehen jedoch die drei Monumentalbrunnen im Zentrum der Stadt. Sie sind Kunstwerke von internationalem Rang und bilden die repräsentativ-künstlerische Seite des Wassermanagement-Systems. Allein Lage, Größe und Gestaltung in der teuren Bronzeguss-Technik ist eine einzigartige symbolische Selbstdarstellung der Stadt. Zwischen 1590 und 1602 wurden die Brunnen von den beiden in Florenz ausgebildeten niederländischen Bildhauern Hubert Gerhard (Augustusbrunnen) und Adriaen de Vries geschaffen. Entscheidend ist auch: Diese Kunstwerke waren keine Aufträge von Fürsten, sondern von den Bürgern der Stadt, die damit ihren historischwirtschaftlich-politischen Rang markierte.

Zusammenfassung
In Augsburg existiert eines der wenigen erhaltenen Systeme, die die Entwicklung der städtischen Wasserversorgung vom Mittelalter bis heute dokumentieren. Es hat bedeutende technologische Innovationen hervorgebracht. Die strikte Trennung von Trink- und Brauchwasser ist seit 1545 verbrieft, lange bevor die Hygieneforschung Verunreinigungen im Trinkwasser als Ursache vieler Krankheiten ausgemacht hat. Der internationale Austausch von Ideen für die Wasserversorgung und die Wassergewinnung inspirierte die Augsburger Ingenieure zu bahnbrechenden technischen Neuerungen, die in Augsburg erstmals erprobt und eingeführt wurden.

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Luftaufnahme Wolfzahnau.

Foto: ©ZEHNTAUSENDGRAD

Durch Jahrhunderte hindurch wurde das System kontinuierlich von den Bürgern selbst ausgebaut und verwaltet. Die heutige Nutzung des Wassermanagement-Systems dokumentiert nicht nur die Fortführung alter Traditionen mit Hilfe neuer Technologien, sondern auch seine Nachhaltigkeit, deren Bedeutung in Zeiten des Klimawandels umso größer ist. Nicht nur die Energieversorgung, sondern auch die heutige, vorbildhafte Trinkwasserförderung und -nutzung beruht auf der Augsburger Tradition und dem überlieferten Denken im nachhaltigen Umgang mit Wasser.

  Quelle: www.augsburg.de


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