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Das muss in der Wasserwirtschaft noch passieren

07.06.2022

Die DWA fordert Maßnahmen für ein besseres Wassermanagement von der Politik


Hochwasser, Trockenheit, Klimawandel, intensive Landwirtschaft oder Energiewende: Die Liste der Herausforderungen für die Wasserwirtschaft ist lang. Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA) zeigt in einem neuen Politikmemorandum klare Lösungen auf und benennt die konkreten Handlungsfelder. Diese sind zum einen Anpassungsmaßnahmen an Wetterextreme und Bebauungsverbote in Überschwemmungsgebieten, zum anderen verlässliche Rahmenbedingungen für die Energiewende und ein Paradigmenwechsel in der Landwirtschaft.


Mit dem Politikmemorandum artikuliert die DWA ihre Forderungen zu wichtigen deutschen und europäischen Themen aus den Bereichen Wasser- und Abfallwirtschaft sowie Bodenschutz. Das Memorandum wird ergänzt durch die DWA-Positionen und durch Stellungnahmen z.B. zu Gesetzes- und Verordnungsentwürfen.


Das Kernziel der deutschen Wasserwirtschaft


Deutschland benötigt ein nachhaltiges und resilientes Energieversorgungssystem, um die Abhängigkeit von internationalen Energiemärkten deutlich zu verringern und die Treibhausgasemissionen gleichzeitig in erheblichem Umfang zu mindern. Die deutsche Wasserwirtschaft stehe bereit, hierzu einen substanziellen Beitrag zu leisten. Dabei gelte es aber, nachhaltig und gewässerverträglich vorzugehen. Wesentlicher Baustein sei dabei das gezielte Repowering der sogenannten großen Wasserkraft und der bestehenden Blockheizkraftwerke zur Klärgasverstromung auf Kläranlagen. Zudem könnten die ca. 9.000 Kläranlagenstandorte in Deutschland für Photovoltaik und ggf. für Windkraftanlagen genutzt werden. Wichtig sei es, die Nutzung regenerativer Energien zu vereinfachen und zu begünstigen. Schwimmende Photovoltaikflächen auf Gewässern würden beispielsweise weitere gute Möglichkeiten bieten, wenn die umwelt- beziehungsweise gewässerökologisch verträgliche Umsetzung beachtet wird. Die DWA stehe als technisch-wissenschaftlicher Fachverband bereit. In dem Politikmemorandum positioniert sich die DWA außerdem klar zu den folgenden Punkten.


Genug Fläche für die Hochwasservorsorge


Auch wenn der aktuelle Fokus bei vielen auf der europäische Außen- und Sicherheitspolitik liegt, werden Klimawandel und Biodiversitätskrise den Alltag weiterhin als globale und existentielle Herausforderungen begleiten. Besonders das vergangene Jahr hat gezeigt, dass die Politik dem Schutz vor Überflutungen durch Hochwasser oder lokale Sturzfluten eine größere Bedeutung beimessen muss. Überflutungsvorsorge beginnt in der Fläche. Dezentrale Maßnahmen des Wasserrückhalts reduzieren Schäden in vielen Fällen effektiv. Die Bodennutzung in Land- und Forstwirtschaft muss angepasst werden, um flächendeckend den Anforderungen an Wasserrückhalt und Abflusshemmung besser zu entsprechen. Die zunehmende Bodenversiegelung muss zudem dringend gestoppt werden. Trotz aller Bemühungen die Abflussdynamik bei Starkregenereignissen durch natürliche Retention, Versickerung oder Abflussverzögerung zu dämpfen, wird es an vielen Stellen erforderlich werden, auch den technischen Hochwasserschutz in Form von Hochwasser- oder Regenrückhaltebecken zu verbessern. Die Hochwasservorsorge braucht weiterhin Finanzhilfen von Bund und Ländern sowie Verbesserungen zugunsten von Entwicklungsmaßnahmen im Städtebaurecht. Dies betrifft vor allem die Flächenverfügbarkeit.


Klimawandel bedeutet eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit intensiverer Niederschläge. Die Ausweisung von Überschwemmungsgebieten und überschwemmungsgefährdeter Gebiete muss entsprechend aktualisiert werden. Die Bemessung muss auch größere Ereignisse als das statistisch alle 100 Jahre zu erwartende Hochwasser berücksichtigen. Das Bauen in Überschwemmungsgebieten muss generell verhindert und in überschwemmungsgefährdeten Gebieten stärker eingeschränkt werden. Die Verstärkung des technischen Hochwasserschutzes und das hochwasserangepasste Bauen darf nur in zwingenden Ausnahmefällen die Lösung sein.


Langfristiger Hitze- und Dürreschutz


Klimawandel heißt nicht nur Starkregen, Klimawandel heißt auch Hitze, Dürre und langanhaltende Trockenheit. Ähnlich wie bei Überflutungen gibt es keinen vollständigen Schutz vor diesen Klimaextremen. Nötig sind aber ein stärkerer Wasserrückhalt in Böden, vor allem durch Wiedervernässung und den Schutz von Mooren, weitere naturnahe Lösungen sowie die Ausrichtung der Flächennutzung stärker am Wasserhaushalt. Wo erforderlich müssen Wasserspeicher auf- oder ausgebaut werden. Erforderlich ist die Nachrüstung weitergehender Reinigungsstufen auf Kläranlagen an den vulnerablen Gewässerabschnitten, auch im Hinblick auf eine Abwasserwiederverwendung.


Es ist höchste Zeit für eine langfristige Vorsorge gegen Schäden durch Dürre und Trockenheit sowie auch beim Management akuter Ereignisse. Die Wasserwirtschaft benötigt keinen kurzfristigen Aktionismus nach Katastrophenereignissen, sondern eine nachhaltige Verfolgung strategischer wasserwirtschaftlicher Ziele in allen Zeiten, unterlegt mit einer verlässlichen, langfristigen Finanzierung. Notwendig ist ein integriertes Wasserressourcenmanagement, dass eine koordinierte Entwicklung und Bewirtschaftung von Wasser und Boden betreibt, dabei ökonomische und soziale Belange fördert, ohne die Funktion unserer lebenswichtigen Ökosysteme zu beeinträchtigen.


Gewässerschonende Agrarpolitik


Keine Landwirtschaft ohne Wasser, kein sauberes Wasser ohne eine umweltverträgliche Landwirtschaft. Wasserwirtschaft und Landwirtschaft sind in vielfältiger Weise aufeinander angewiesen. Die DWA setzt sich für eine gewässerschonende und gleichzeitig auskömmliche und leistungsfähige Landwirtschaft ein. Die auf Druck aus Brüssel durch den Bund vorgenommene Novellierung der Düngeverordnung reicht weder für einen umfassenden Schutz der Gewässer vor überhöhten Nitratkonzentrationen noch zur Umsetzung der Vorgaben der EU-Nitratrichtlinie. Eine neue Agrarpolitik ist notwendig - eine Agrarpolitik, die eine umweltschonende Lebensmittelproduktion in Deutschland dauerhaft sicherstellt und hier den Schwerpunkt setzt. In vielen Regionen ist weiterhin der zu hohe Tierbesatz bei zu geringer landwirtschaftlicher Fläche Hauptursache der Nährstoffüberschüsse. Eine flächengebundene Tierhaltung muss vorgegeben werden. Wasserpolitische Belange müssen integrativ innerhalb der Agrarpolitik Berücksichtigung finden, die Vorgaben zum Gewässerschutz müssen wesentlicher Bestandteil einer Förderpolitik für die Landwirtschaft sein.


Weitere Kernforderungen


Für die Erreichung eines guten Gewässerzustands im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie muss die Politik die wasserpolitischen Zielsetzungen auch in anderen Politikbereichen durchsetzen, beispielsweise durch Reduzierung der diffusen Stoffeinträge in die Gewässer aus Landwirtschaft, Industrie, Verkehr und der Kraftwerkswirtschaft.


Bei der Revision der europäischen Kommunalabwasserrichtlinie muss sich die Bundesregierung für eine Aufnahme eines sachgerechten Niederschlagswassermanagements einsetzen und sicherstellen, dass zur Verringerung der Spurenstoffeinträge in die Gewässer in jedem Fall auch die Hersteller und Inverkehrbringer von Spurenstoffen in rechtliche Regelungen einbezogen werden.


Bei der Novellierung der Abwasserabgabe zur Verbesserung des Gewässerschutzes sollte das System vereinfacht, Parameter reduziert und die Anreizwirkungen zugunsten des Gewässerschutzes reaktiviert werden.


Schließlich muss die Politik eine wasserbewusste Stadtentwicklung stärker gezielt fördern, zum einen durch eine bessere und frühzeitige Integration in die Stadtentwicklungsplanung mit ihren Bezügen zur Bauleitplanung und zur Raumordnung, zum anderen bei der Finanzierung und der Ausgestaltung diesbezüglicher Rahmenbedingungen.

  Quelle: www.umweltwirtschaft.de


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