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Der Auftraggeber hat die Anwendung des VHB Bund bekannt zu machen!

19.05.2015

Die Vergabekammer (VK) Lüneburg hat mit Beschluss vom 29.10.2014 – VgK-39/2014 – u.a. Folgendes entschieden:

• Das VHB Bund ist eine Formularsammlung und eine Anwendungshilfe für Arbeiten im Zusammenhang mit Bauaufträgen. Es handelt sich um verwaltungsinternes (Binnen-) Recht, das keine verbindliche Außenwirkung gegenüber den Bietern entfaltet.

• Soll das VHB-Bund bei einer öffentlichen Ausschreibung angewendet werden, bedarf es hierfür eines Verweises in der Aufforderung zur Angebotsabgabe oder in den Bewerbungsbedingungen.

Eine Universität hatte als öffentlicher Auftraggeber (AG) für einen Forschungsbau die RLT-Anlagen europaweit im offenen Verfahren ausgeschrieben. Darauf bewarb sich Bieter A mit einem Angebot, das ca. 14 % preislich günstiger war als der Preis des zweitgünstigsten Angebots. Der AG hatte Zweifel bezüglich des niedrigen Preises und forderte A deshalb zur Aufschlüsselung bestimmter Einheitspreise gemäß dem Formblatt 223 (Aufgliederung der Einheitspreise) des Vergabehandbuchs für Baumaßnahmen des Bundes (VHB) auf. A legte daraufhin Nachweise zur Preisermittlung vor und verwies im Übrigen auf die von ihm bereits vorgelegte Urkalkulation. Nach Ansicht des AG konnten weder die eingereichten Nachweise noch die Urkalkulation die Auskömmlichkeit der Preise nachvollziehbar belegen; er schloss deshalb das Angebot des A wegen Unauskömmlichkeit aus. Zur Begründung verwies er u.a. auf die Richtlinie zu Formblatt 321 VHB, das besagt, dass das Angebot eines Bieters, der der Aufforderung zum Nachweis der Auskömmlichkeit seines Angebotes nicht nachgekommen ist, ausgeschlossen werden kann. Hiergegen wendet sich A mit Nachprüfungsantrag.

Die VK gibt hier A recht. Der AG habe sich beim Angebotsausschluss auf die Richtlinie zu Formblatt 321 des VHB gestützt. Diese besage, dass ein Auftraggeber vom Bieter unter Verwendung des Formblatts 321 Aufklärung verlangen könne. Nach dieser habe hier der AG aus der von ihm angenommenen Unauskömmlichkeit die dort vorgesehene Vermutung entnommen, dass der Bieter nicht in der Lage sein werde, seine Leistung vertragsgerecht zu erbringen. Dazu weist die VK darauf hin, dass das VHB-Bund eine Formularsammlung und eine Anwendungshilfe für Arbeiten im Zusammenhang mit Bauverträgen sei. Das VHB werde weit über den eigentlich vorgesehenen Anwendungsbereich für Baumaßnahmen des Bundes verwendet, weil die Länder aus guten Gründen auf die Entwicklung eines eigenen Regelwerks verzichtet hätten. Bei dessen Anwendung hätten die Vergabestellen aber zu bedenken, dass das VHB-Bund keine verbindliche Außenwirkung gegenüber Dritten entfalte; es fehle ihm der Normcharakter. Soweit Vergabestellen verwaltungsintern die Anwendung des VHB vorgeschrieben werde, handele es sich nur um Binnenrecht. Um das VHB zur verbindlichen Grundlage des Vergabeverfahrens zu machen, bedürfe es daher eines Verweises in den Vergabeunterlagen, z.B. in der Aufforderung zur Angebotsabgabe oder in den Bewerbungsbedingungen für die Anwendung des VHB-Bund. Ein solcher Verweis fehle hier jedoch. Daher könne hier alleinige Grundlage für den Ausschluss aus dem Vergabeverfahren nur § 16 EG Abs. 6 Nr. 1 VOB/A sein. Nach gefestigter Rechtsprechung werde diese Vorschrift so verstanden, dass selbst bei festgestellter Unauskömmlichkeit des Angebotspreises das Angebot nur dann ausgeschlossen werden könne, wenn der Bieter nicht wettbewerbskonforme Ziele, also insbesondere die Absicht verfolge, andere Bieter dauerhaft vom Markt zu verdrängen oder wenn der Bieter nicht nachweisen könne, dass er den Auftrag trotz dieses Preises ordnungsgemäß auszuführen in der Lage sei, insbesondere also ein Insolvenzrisiko bestehe. Mit diesen Aspekten habe sich der AG hier jedoch nicht befasst. Das Verfahren sei deshalb in den Stand vor Angebotswertung zurückzuversetzen.

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RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
Rechtsanwälte Partnerschaft mbB

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Anmerkung:
Sowohl für Auftraggeber wie Bieter eine interessante Entscheidung. Speziell Auftraggeber sollten sich darüber im Klaren sein, dass ein Angebotsausschluss nur dann auf entsprechende Vorschriften des VHB-Bund gestützt werden kann, wenn dieses verwaltungsinterne Regelwerk vorab mit den Vergabeunterlagen in das Vertragsanbahnungsverhältnis miteinbezogen wurde.

  Quelle: RA Michael Werner


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