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Der Stoff des Lebens

05.12.2022

Um die Düngemittelproduktion stabil zu halten, wird mehr Phosphor-Rückgewinnung aus Klärschlamm gebraucht.

Phosphor ist ein wichtiger Baustoff für alle Lebewesen. Als Grundlage für das Pflanzenwachstum ist er daher ein Hauptbestandteil von mineralischem Pflanzendünger. In der Umwelt liegt Phosphor üblicherweise als Phosphat vor. Weltweit fließen rund 85 % aller abgebauten Rohphosphate in den Düngemittelmarkt. Andererseits wird Phosphat von Menschen und Tieren ausgeschieden, so dass Phosphat auch in Wirtschaftsdünger und Klärschlamm enthalten ist. Jährlich fallen in Deutschland etwa zwei Millionen Tonnen Klärschlamm-Trocken­Masse an, die etwa 60 000 Tonnen Phosphor enthalten. Klärschlamm ist also eine mögliche Quelle für ein Phosphorrecycling.

Doch große Mengen Phosphor gehen mit der Klärschlamm-Verbrennung verloren. Um den überlebenswichtigen Rohstoff zu sichern, muss die Phosphor-Rückgewinnung schnellstmöglich ausgebaut werden. „Wir brauchen mehr Tempo“, so Andre Baumann, Umweltstaatssekretär Baden-Württemberg, beim Phosphor-Kongress des Landes. „Der brutale russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat uns schmerzhaft vor Augen geführt, wie stark wir von Drittländern und insbesondere von Russland bei der Rohstoffversorgung sind. Das gilt auch für Phosphor, den wir nicht ersetzen können, der für unsere Landwirtschaft aber überlebenswichtig ist. Ohne Phosphor können wir unsere Ernährung nicht sicherstellen. Wir müssen diese Abhängigkeit schnellstmöglich reduzieren – und das Zauberwort hierfür heißt Phosphor-Rückgewinnung“.

Appell an Kommunen und Bürger

Umweltstaatssekretär Baumann ist überzeugt, dass der eingeschlagene Weg des Landes – Phosphor-Rückgewinnung aus Klärschlamm – absolut richtig sei. „Doch jetzt müssen wir rascher als bisher vorgesehen die erforderliche Infrastruktur aufbauen.“ Eine Klärschlamm-Verwertung in Zementwerken ist ab 2029 nur nach vorheriger Phosphor-Rückgewinnung möglich; Kohlekraftwerke, die Klärschlämme verbrennen, werden sukzessive abgeschaltet. Die derzeit geplanten und im Bau befindlichen Projekte zur Klärschlammverwertung machen laut Baumann zwar Hoffnung – aber diese Projekte seien noch nicht fertiggestellt und es werden zusätzliche Anlagen benötigt. „Vor allem im ländlichen Bereich haben wir noch Bedarfsregionen, in denen es weder Klärschlammverwertungsverbände noch thermische Verwertungskapazitäten gibt.“

Andre Baumann appellierte an die Verantwortlichen in den Kommunen und an die Bürgerinnen und Bürger, Monoverbrennungsanlagen für Klärschlamm auch in der eigenen Heimat zu dulden: „Denn sie sind dringend notwendig! Wenn wir aus der Kohle aussteigen und das Klima schützen wollen, dann müssen wir uns für eigene Klärschlamm-Verbrennungsanlagen bei uns einsetzen. Hochleistungsfähige Abgasreinigungstechnik steht ja zur Verfügung, sodass die Umweltbelastungen auf ein absolutes Mindestmaß reduziert werden.“ Zusätzlich brauche man dann noch Anlagen, die aus den Klärschlammaschen den lebenswichtigen Phosphor zurückgewinnen. „Das dürfen wir keineswegs in die Zukunft verschieben, sondern müssen es möglichst jetzt schon angehen“, so Baumann.

Konsequent vorangehen

Der Umweltstaatssekretär warnte vor dem Hintergrund aktuell hoher Düngemittelpreise und entsprechender Forderungen aus der Landwirtschaft davor, zur sogenannten bodenbezogenen Klärschlammverwertung zurückzukehren. Gemeint ist damit das Ausbringen von Klärschlamm auf Äckern. „Das wäre der Weg in die Vergangenheit und nicht in die Zukunft. Es ist ein großer ökologischer Erfolg, dass wir uns aus der Klärschlammausbringung verabschiedet haben, um Schadstoffeinträge in die Böden zu verhindern. Dieses Rad drehen wir jetzt bitte nicht mehr zurück. Wir müssen wir unseren Weg noch konsequenter vorangehen. Das heißt für mich: Wir müssen den Bedarf an Mineraldüngern durch Sekundärphosphor reduzieren und außerdem den Ökolandbau in großem Stil ausbauen. So reduzieren wir die Kosten für die Landwirtschaft, senken die Umweltbelastung und schaffen gleich noch neue Chancen für unsere Agrarbetriebe. Das nenne ich eine Win-Win-Situation!“

Laut dem „regionalen Entwicklungskonzept zur Klärschlammentsorgung und Phosphor-Rückgewinnung“ (PDF) sind in Baden-Württemberg zusätzliche Verbrennungskapazitäten von jährlich etwa 60 000 Tonnen Klärschlamm-Trockenmasse erforderlich, was mindestens zwei bis drei weiteren überregionalen Anlagen entspricht. Besonders im Nord-Osten, im Osten sowie im Süden des Landes fehlen noch Planungen für Verbrennungskapazitäten.

  Quelle: https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/achter-phosphor-kongress-baden-wuerttemberg-1


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