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Der Ukraine-Krieg zeigt deutliche Auswirkungen auf den Bau

25.05.2022

Eine Umfrage der Mitgliedsbetriebe der Bauwirtschaft Baden-Württemberg zeigt: nach wie vor sind hohe Preise, Lieferschwierigkeiten und fehlende Fachkräfte die größte Problembereiche


Die stark gestiegenen Rohstoffpreise fürs Bauen und kriegsbedingt noch verstärkten Lieferschwierigkeiten machen vielen Firmen zu schaffen. Wegen den wirtschaftlichen Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine rechnen Baufirmen in Baden-Württemberg trotz aktuell guter Auftragslage künftig mit Auftragsstornierungen.


Skepsis unter den Betrieben


Der Krieg in der Ukraine könnte die Baukonjunktur künftig beeinträchtigen, das sagt eine aktuelle Erhebung unter den Mitgliedsbetrieben der Bauwirtschaft Baden-Württemberg. Demnach bewerten derzeit zwar immer noch gut vier Fünftel der Unternehmen ihre Geschäftslage als befriedigend oder gut, gleichzeitig erwarten jedoch 52 % in den kommenden Monaten eine konjunkturelle Verschlechterung. Mit rund 1600 Mitgliedsfirmen zählt der Landesverband Baden-Württemberg zu den größten Bauverbänden Deutschlands.


„Die skeptischen Zukunftserwartungen werden vor allem durch kriegsbedingte Lieferschwierigkeiten und enorme Preissteigerungen bei Baumaterialien verursacht, die sich von Monat zu Monat stärker auf die Baufirmen auswirken“, erklärt Hauptgeschäftsführer Thomas Möller.


Kein Ende der Preissteigerung in Sicht


Im Januar hatte das Statistische Bundesamt für das Jahr 2021 den stärksten Preisanstieg einzelner Baumaterialien seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1949 festgestellt. „So verteuerte sich Konstruktionsvollholz um 77,3 % gegenüber dem Vorjahresdurchschnitt, Dachlatten um 65,1 %, Bauholz um 61,4 %“, hieß es damals von der Behörde. „Betonstahl in Stäben war im Jahresdurchschnitt 2021 um 53,2 % teurer, Betonstahlmatten kosteten 52,8 % mehr als 2020.“


Doch der Preisanstieg hält an, nicht nur in Baden-Württemberg. Der hessische Bauunternehmer Thomas Reimann, Chef der Alea Hoch- und Industriebau AG, berichtete kürzlich: „1 t Stahl hat im Dezember noch 950€ gekostet, jetzt liegen wir bei 1800€.“ Besonders problematisch: „Wir bekommen nur noch Tagespreise. Menge ist ausreichend vorhanden, aber mit dem Preis wird gespielt.“ Dämmmaterialien hätten mittlerweile bis zu fünf Monate Vorlaufzeit und allein im laufenden Jahr sei der Preis schon dreimal erhöht worden, seit Januar insgesamt um ca. 30 %.


Aufgrund der stark verteuerten Baumaterialien befürchten zahlreiche Bauunternehmen vermehrt Auftragsstornierungen. Auch im kommunalen Bereich sehen laut der Umfrage viele Baufirmen die Gefahr, dass wegen der explodierenden Materialpreise bestehende Aufträge storniert und Investitionen zurückgefahren werden.


Lieferschwierigkeiten stellen große Risiken dar


Als größtes Problem für ihre Bautätigkeit bezeichnen 82 % der Firmen die aktuellen Lieferschwierigkeiten bei Baumaterial. Vor allem Stahlprodukte, aber auch Kunststoffe, Bauholz und Bitumen sind derzeit nur eingeschränkt verfügbar. 98 % der Betriebe melden erheblich gestiegene Preise insbesondere für Stahl, Bitumen und Holz. Auch massiv gestiegene Dieselpreise machen den Unternehmen zu schaffen. Mehr als vier Fünftel der Mitgliedsbetriebe gehen davon aus, dass die Einkaufspreise in den kommenden Monaten weiter ansteigen werden.


Mit den extremen Preissprüngen sind für die Bauunternehmen außerdem enorme Risiken verbunden, erklärt Thomas Möller: „Bei laufenden Bauverträgen besteht die Gefahr, dass viele Firmen wegen der höheren Beschaffungspreise spürbare Mehrkosten tragen müssen, die sie nicht an die Auftraggeber weitergeben können.“ Der Verband fordert Vertragsklauseln, die hier eine Weitergabe der Kosten ermöglichen, auch bei bestehenden Verträgen, und argumentiert, dass das Kostenrisiko so gleichmäßig auf beide Vertragspartner verteilt werde. Doch diese Kostenverteilung hat auch einen potenziellen Haken: Das Risiko, dass der Auftrag am Ende wegen zu hoher Kosten flachfällt, steigt.


Fachkräfte nach wie vor problematisch


Aktuell ist die Auftragslage noch gut, und der Baubedarf gewaltig. Daher sehen die Unternehmen die Fachkräftesicherung nach wie vor als vordringliche Aufgabe: Im laufenden Jahr wollen 26 % der Baufirmen ihre Beschäftigtenzahl aufstocken, nur 5 % planen, Personal abzubauen. Damit wird sich der seit 2009 kontinuierliche Beschäftigungsaufbau in der Bauwirtschaft auch in diesem Jahr fortsetzen. Äußerst hoch ist zudem die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe: 39 % der Firmen wollen mehr Lehrlinge einstellen. Damit könnte sich die Zahl der Auszubildenden in der baden-württembergischen Bauwirtschaft, die bereits in den beiden letzten Jahren um jeweils rund 3 % angestiegen ist, im kommenden Herbst zum dritten Mal in Folge erhöhen.


Positive Ergebnisse aus dem Wohnungsbau


Überwiegend positive Bewertungen in der Umfrage der Baden-Württemberger gibt es jedoch weiterhin im Wohnungsbau: Hier melden fast 70 % der Betriebe eine gute Geschäftslage. Zurückhaltender fallen die Einschätzungen im sonstigen Tiefbau, im Wirtschaftsbau, im öffentlichen Hochbau sowie im Straßenbau aus. Doch auch in diesen Sparten bezeichnet immerhin noch rund jedes zweite Bauunternehmen die Situation als zufriedenstellend. Was die Perspektiven für die nächsten Monate angeht, so gehen im Wohnungsbau 38 % der Baufirmen von steigenden Umsätzen aus. Im sonstigen Tiefbau erwartet die Mehrzahl der Betriebe ein gleichbleibendes Umsatzergebnis. Dagegen rechnet im öffentlichen Hochbau, im Straßenbau sowie im Wirtschaftsbau jeweils rund die Hälfte der Unternehmen mit Umsatzrückgängen.

  Quelle: www.vdi-nachrichten.com


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