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Die Bekanntmachung ist maßgeblich bei widersprüchlichen Forderungen zu Eignungsnachweisen !

23.02.2016

von RA Michael Werner

Die Vergabekammer (VK) Südbayern hat mit Beschluss vom 22.12.2015 -Z3-3-3194-1-48-09/15- u.a. Folgendes entschieden:

• Besteht ein Widerspruch in Bezug auf die geforderten Eignungsnachweise zwischen der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen, ist grundsätzlich der Inhalt der Bekanntmachung maßgeblich. Das Angebot eines Bieters, der in einem solchen Fall einen der geforderten Nachweise vorlegt, kann nicht ausgeschlossen werden. Anders ist dies allerdings, wenn er überhaupt keinen Nachweis vorlegt, obwohl jedenfalls Nachweise gefordert wurden.

• Eine Nachforderungsmöglichkeit gemäß § 11 Abs. 3 VOF besteht grundsätzlich nur für nicht vorgelegte Erklärungen oder Nachweise, nicht jedoch im Falle inhaltlich ungenügender Erklärungen oder Nachweise.

• Ein Angebot, das nicht die geforderten oder nachgeforderten Erklärungen und Nachweise enthält, ist nicht zuschlagsfähig im Sinne des § 11 Abs. 6 VOF, sondern entsprechend § 19 EG Abs. 3a VOL/A zwingend auszuschließen.

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte Planungsleistungen im Wege eines Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb nach VOF europaweit ausgeschrieben. In der Auftragsbekanntmachung forderte der AG Referenzleistungen mit einer Bestätigung des (öffentlichen) Auftraggebers über „das Honorar“. In den Vergabeunterlagen forderte der AG jedoch von den Bietern eine Bestätigung des (öffentlichen) Auftraggebers zur „Höhe des Beratungshonorars“ sowie zu den „Projektkosten“. Bieter A sah darin zwar einen Widerspruch, reichte aber eine Referenzbestätigung ein, die keinerlei Angaben zu Kosten bzw. Honoraren enthielt. A sollte später auf sein Angebot den Zuschlag erhalten. Konkurrent B wandte sich nach Rüge mit Nachprüfungsantrag an die Vergabekammer.

Die VK gibt hier Bieter B Recht. Das Angebot des Bieters A dürfe nicht bezuschlagt werden, weil es aus formalen Gründen entsprechend § 19 EG Abs. 3a VOL/A auszuschließen sei. Maßgeblich für die Frage, welche Eignungsnachweise in welcher Form vorzulegen seien, sei grundsätzlich die Bekanntmachung des Vergabeverfahrens. Der Auftraggeber habe bereits in der Bekanntmachung anzugeben, welche Nachweise zur Beurteilung der Bietereignung vorzulegen seien. Nach dieser hätte A eine Bestätigung des AG zum Honorar vorlegen müssen. Die von den Referenzgebern unterzeichnete Bestätigung habe aber nicht die geforderten Mindestangaben enthalten. Selbst wenn man A zugestehen wollte, dass er auf die Angaben des AG in den Vergabeunterlagen vertraut habe, seien dennoch seine vorgelegten Bestätigungen inhaltlich unzureichend, da sie sämtlich weder Angaben zum Honorar, zur Höhe des Beratungshonorars oder zu den Projektkosten enthielten. Schlicht nichts anzugeben, sei daher nicht möglich. Damit sei das Angebot des A nicht zuschlagsfähig im Sinne des § 11 Abs. 6 VOF und zwingend auszuschließen. Eine Nachforderungsmöglichkeit gemäß § 11 Abs. 3 VOF bestehe hier ebenfalls nicht, da sich die Nachforderung grundsätzlich nur auf nicht vorgelegte Erklärungen und Nachweise beziehe, nicht jedoch auf falsche bzw. inhaltlich ungenügende Erklärungen.

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RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
Rechtsanwälte Partnerschaft mbB

Haus Cumberland
Kurfürstendamm 194
D - 10707 Berlin
E-Mail: M.Werner@zl-legal.de
www.zl-legal.de

Anmerkung:
Die Entscheidung ist deshalb von besonderem Interesse, weil die VK darin noch einmal unmissverständlich feststellt, dass bei einem Widerspruch zwischen Bekanntmachung und Vergabeunterlagen letztlich die Bekanntmachung maßgeblich ist. Des Weiteren muss nach bisher geltender Rechtslage der Auftraggeber Erklärungen und Nachweise nicht nachfordern, wenn diese inhaltlich ungenügend bzw. nicht korrekt sind. Ab 18.04.2016 wird sich dies mit dem dann geltenden, neuen Vergaberecht allerdings ändern. Danach kann der Auftraggeber (gemäß § 56 VgV) die für die Eignungsprüfung wesentlichen unternehmensbezogenen Unterlagen auch dann nachfordern, wenn die bisher vom Bewerber/Bieter vorgelegten inhaltlich fehlerhaft waren. Der Bieter hat dann die Möglichkeit, seine Erklärungen und Nachweise zur Eignungsprüfung inhaltlich noch nachträglich zu korrigieren.

  Quelle:


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