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Die Digitalisierung stärkt die Zusammenarbeit in der Baubranche

14.01.2019

Von Christine Arnold

Jeder arbeitet für sich, ein Generalplaner überwacht den Prozess – das traditionelle Vorgehen in der Baubranche hat ausgedient. Die Zukunft liegt in der modellbasierten, digitalen Zusammenarbeit, oder kurz: im digitalen Bauen. Davon ist auch die FHNW überzeugt. Seit 2013 bietet sie den MAS Digitales Bauen an, seit 2018 am neu gegründeten Institut Digitales Bauen an der Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik.

Die Baubranche muss sich wandeln. Während der vergangenen 600 Jahre entwarf der Architekt ein Gebäude, gab seine Pläne an Maurer, Techniker und Gärtner weiter und kontrollierte, ob die Arbeiter die Pläne seinen Vorstellungen entsprechend umsetzten. Doch die Branche stagniert seit Jahren, unter dem immer höheren Preisdruck und auch im Hinblick auf steigende Anforderungen an Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekte sind neue Lösungen gefragt. Professor Manfred Huber, der das Institut Digitales Bauen der Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik der FHNW leitet, sagt: „Die ganze Branche muss umdenken. Mit neuen Prozessen und Organisationsformen, die digitale Bauwerksmodelle nutzen, können wir die Herausforderungen meistern.“

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Dank verschiedenster Hintergründe, Altersstufen und Erfahrungen entstehen lebendige Diskussionen dazu, wie ein Projekt mit digitalen Methoden optimal abgewickelt werden kann.

Immer mehr Architektur- und Planungsbüros setzen sich mit dem Thema Digitalisierung und den neuen Methoden der Zusammenarbeit auseinander. So auch Daniel Bührer, Geschäftsführer der 3-Plan AG, einem Planungsbüro für Haus- und Gebäudetechnik. Im Sommer 2017 hat er den MAS Digitales Bauen an der FHNW in Angriff genommen. „Damit zeigen wir auch, dass wir das Thema als Firma ernst nehmen.“

Denselben MAS besucht Elisabeth Ager, Projektleiterin Strategy & Development im Bereich Construction & Facility Management (CFM) bei Wincasa. Neugierde und persönliches Interesse waren bei ihr ausschlaggebend für die Weiter-bildung. „Digitalisierung interessiert mich schon lange. Bis zur Gründung von Bauen Digital Schweiz 2016 war Building Information Modelling hier noch kein Thema, und ich wollte wieder etwas Neues lernen.“

Nicht nur für junge Berufsleute
Wie Ager und Bührer bringen auch die anderen Teilnehmenden des MAS unterschiedliche Hintergründe mit und nehmen im Baubereich verschiedene Rollen ein. Das sei so gewünscht, erklärt Manfred Huber: „Für Erfolg im digitalen Bauen müssen alle Gewerke über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes zusammenarbeiten. Von der Bauherrschaft über den Betrieb zu den Nutzern, vom Gebäudetechniker und der Architektin bis hin zur Softwareentwicklerin oder dem Rechtsberater.“ Zudem könne man das Know-how zur Digitalisierung nicht einfach an die junge Generation delegieren: „Durch die neue Methodik werden ganze Prozesse umgekrempelt“, so Huber. Hier seien strategische Entscheide gefordert. Dass die Weiterbildungsangebote insbesondere auch Teilnehmende mit langjähriger Berufserfahrung ansprechen, ist für Huber deshalb ein Muss. Die bunte Mischung an Branchen, Altersstufen und Hierarchiestufen weiss auch Daniel Bührer zu schätzen: „Es ist spannend, andere Blickwinkel kennenzulernen. Zu sehen, wie ein Sachbearbeiter ein Problem sieht, hilft uns in unserer täglichen Arbeit.“

Gemeinsam den Prozess definieren
Der Fokus der Weiterbildung liegt weniger auf dem Einsatz der Softwareprodukte. Vielmehr geht es um Methodik, Prozesse und Organisationsformen, die digitale Bauwerksmodelle nutzen. Dazu Manfred Huber: „Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist für alle Beteiligten besonders wichtig, dass sie lernen, Ziele zu definieren. Wohin wollen wir? Wie gelangen wir dort hin? Was brauchen wir für diesen Prozess?“ Solche Fragen stellten sich zwar schon früher, doch mit den digitalen Methoden kann die Baubranche diesen nicht mehr ausweichen. Denn jene erfordern ein sehr strukturiertes Vorgehen.

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Die Studienreise nach Stanford und der Austausch mit Studierenden aus aller Welt bringt neue Blickwinkel auf das Thema des digitalen Bauens.

Fotos: Daniel Bührer

Als Immobiliendienstleister vertritt die Wincasa meist institutionelle Eigentümer und übernimmt viele Verwaltungsaufgaben. Sie ist unter anderem daran interessiert, welche Daten nötig sind, um den Betrieb einer Liegenschaft bestmöglich organisieren zu können. „Leider liegt der Fokus oft auf dem Bauprozess“, so Ager. „Ist ein Gebäude gebaut, erhalten wir mit den herkömmlichen Methoden irgendwelche Informationen – analog und in Ordnern.“ Mit den Methoden des digitalen Bauens und einer Zusammenarbeit von Beginn weg können die Informationen, welche die Wincasa braucht, von Projektbeginn gesammelt werden. Für Ager ein enormer Fortschritt: „Wir erhalten die Daten so, dass wir nicht zuerst überarbeiten und mühsam sortieren müssen.“

Offensichtliche Vorteile
Dass das digitale Bauen die Zukunft der Branche sein wird, daran zweifelt auch Ager nicht. Sie sieht aber auch, dass der Weg dorthin gerade für kleinere Büros nicht immer einfach ist: „Die Umstellung auf digitales Bauen bringt – wie alle Änderungen – einen Aufwand mit sich“, sagt sie. „Zudem werden mit digitalen Methoden die Hierarchien flacher. Damit tun sich zum Beispiel manche Architekten schwer, die ihre bisher oft sehr zentrale Rolle in einem Bauprojekt abgeben müssen.“ Sind diese Anfangshürden überwunden, werden die Vorteile offensichtlich. „Anbieter, die mit BIM arbeiten, können uns ein besseres Preis-Leistungsverhältnis bieten“, so Ager. Dies überrascht Manfred Huber nicht: „Mit neuen, digitalen unterstützten Methoden können wir effektiver arbeiten. So bleibt am Ende für alle mehr übrig.“

Sicherheitsdenken hemmt
Die FHNW arbeitet eng mit der Universität von Stanford zusammen, auch der MAS Digitales Bauen ist dort jährlich zu Besuch. „Der Austausch mit Studenten aus aller Welt war extrem spannend“, erzählt Ager begeistert. Sie beobachtete, dass in den USA öfter etwas versucht wird und dabei auch Fehler in Kauf genommen werden. „Hierzulande schränken uns Regulatorien und unsere auf Sicherheit bedachte Mentalität teils etwas ein“, stimmt Bührer zu. So können die Studierenden im Silicon Valley Prozesse in der Praxis beobachten, die in der Schweiz erst in der Theorie bestehen. Alles funktioniert aber auch in Kalifornien nicht, so Ager: „Auch in Übersee wird mit Wasser gekocht.“

  Quelle: www.getarticle.ch


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