zurück

Die EU schöpft das Potenzial ihrer Agenturen noch nicht voll aus

29.10.2020

Die EU-Agenturen spielen in der Union eine zunehmend wichtige Rolle, doch die Frage, wie sie den Bürgerinnen und Bürgern der EU wirksam zu Diensten sein können, muss sorgfältiger evaluiert werden. Dies ist das Fazit eines heute vom Europäischen Rechnungshof vorgestellten Berichts. Der Hof bescheinigte mit zwei Ausnahmen die Zuverlässigkeit der Jahresrechnungen 2019 aller EU-Agenturen und bestätigte die positiven Ergebnisse aus früheren Berichten. Er bewertete erstmals auch, wie gut die EU die Agenturen in die Lage versetzt hat, Unionspolitiken zum Wohle der Öffentlichkeit umzusetzen. Den Prüfern zufolge sind eine stärkere Vernetzung und Zusammenarbeit sowie mehr Flexibilität in Bezug auf Errichtung, Arbeitsweise und mögliche Auflösung von Agenturen erforderlich.

„Wir haben wie jedes Jahr das Finanzmanagement aller EU-Agenturen geprüft und festgestellt, dass ihre Jahresrechnungen den Anforderungen genügen", so Alex Brenninkmeijer, das für die Berichte zuständige Mitglied des Hofes. "Erstmals haben wir auch untersucht, wie die Agenturen insgesamt zu den EU-Politiken und zur Zusammenarbeit im Interesse der Bürgerinnen und Bürger beitragen. Wir schlagen vor, die Zusammenarbeit der Agenturen zu verstärken, um sie zu Kompetenz- und Netzwerkzentren der EU auszubauen.”

Finanzmanagement: Insgesamt bestätigten die Prüfer die positiven Ergebnisse aus den Berichten der Vorjahre. Sie erteilten zu den Jahresrechnungen 2019 aller geprüften 41 Agenturen ein uneingeschränktes Prüfungsurteil, was bedeutet, dass die Jahresrechnungen die Vermögens- und Finanzlage sowie die Vorgänge und Cashflows der Agenturen in Übereinstimmung mit den Rechnungsführungsvorschriften insgesamt sachgerecht darstellen. Auch die Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Einnahmen- und Zahlungsvorgänge gab bis auf einige Probleme bei den Zahlungen der Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) und des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) so gut wie keinen Anlass zu Beanstandungen. Die Prüfer betonen, dass die Agenturen das Finanzmanagement weiter verbessern müssen, indem sie u. a. bei Vergabeverfahren, Interessenkonflikten und Einstellungsverfahren verstärkt auf Regelkonformität achten.

Leistung: Nachdem der Hof sich in der Vergangenheit auf die Leistung einzelner Agenturen konzentriert hat, ermittelte er nun zwei zentrale Kriterien, die ausschlaggebend dafür sind, dass alle EU-Agenturen wirksamer zur EU-Politik beitragen.

Die Prüfer untersuchten zunächst, ob der Lebenszyklus der Agenturen flexibel genug gestaltet ist, um dem jeweiligen EU-Politikbereich und der europäischen Zusammenarbeit in einem sich wandelnden globalen Umfeld gerecht werden zu können. Diesbezüglich stellten sie fest, dass es in Bezug auf die Errichtung, Arbeitsweise und gegebenenfalls Auflösung von Agenturen an Flexibilität fehlt. In einigen Politikbereichen sind mehrere Agenturen tätig, wodurch es zu Überschneidungen zwischen ihren Aufträgen und/oder Tätigkeiten kommen kann.

Die Prüfer analysierten dann, inwieweit die Agenturen als Kompetenz- und Netzwerkzentren für die Umsetzung der EU-Politiken fungierten, und stellten fest, dass ihr Potenzial nicht in vollem Umfang ausgeschöpft wird. Bei einigen Agenturen ermittelten die Prüfer übermäßig komplexe oder unzulängliche Governance-Regelungen. So haben einige Agenturen ziemlich große Verwaltungsräte, was mitunter zu Ineffizienzen bei der Entscheidungsfindung und zu erheblichen Verwaltungskosten führen kann. Außerdem gewährleistet die Zusammensetzung der Verwaltungsräte zwar, dass viele nationale Auffassungen berücksichtigt werden, jedoch kein verbindliches Engagement seitens der Mitgliedstaaten.

Die Prüfungsergebnisse legen darüber hinaus nahe, dass einige Agenturen ihre Aufgaben besser hätten erfüllen können, wenn sie von den Mitgliedstaaten, der Industrie, der Kommission oder anderen Agenturen mehr Unterstützung erhalten hätten. Schließlich stellten die Prüfer fest, dass der Beitrag der Agenturen zur EU-Politik und zur europäischen Zusammenarbeit zwar relevant ist, jedoch nicht eindeutig gemessen und der Öffentlichkeit kommuniziert wird. Die internationale Wirkung ist – trotz einiger guter Ergebnisse etwa in den Bereichen Flugverkehr und justizielle Zusammenarbeit – ebenfalls begrenzt.

Einige von den Prüfern aufgezeigte Risiken haben sowohl finanzielle als auch leistungsbezogene Folgen – etwa die in einigen Fällen unzulänglichen Personal- und Finanzressourcen. Einige Agenturen hängen bei kritischen Funktionen zu stark von externen Auftragnehmern ab, was die mit der Vergabe öffentlicher Aufträge verbundenen Risiken birgt. Andere haben – aus regulatorischen oder Governance-Gründen – womöglich nicht die Reaktionskapazität, ihr Arbeitsprogramm oder ihren Haushalt an ein sich rasch wandelndes Umfeld anzupassen. Schließlich sind einige Agenturen chronisch unterfinanziert, während andere ihre jährlichen Haushaltsmittel nicht ausschöpfen können.

Grundsätzlich empfiehlt der Hof der Kommission und den Agenturen,
• die Kohärenz der Aufgabenbereiche der Agenturen über ihre Bestandsdauer hinweg umsichtiger zu evaluieren und die Ressourcen entsprechend anzupassen;
• Ineffizienzen im Bereich der Governance zu untersuchen und die Rechenschaftspflicht und die Leistungsberichterstattung zu verbessern, sodass nicht nur die Tätigkeiten der Agenturen, sondern auch ihr Beitrag zur Umsetzung der Politik im Fokus stehen;
• die Agenturen bei ihren Bemühungen zu unterstützen, in ihren jeweiligen Politikbereichen voll und ganz als Kompetenz- und Netzwerkzentren zu fungieren.

  Quelle: ECA Press


Gratis Gastzugang

Submissions-Anzeiger | Tageszeitung-Ad

Aktuelles
Seminarangebot

Baurecht- und Vergabeseminare