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Die Verkehrswende – aber nur mit der richtigen Ladeinfrastruktur

27.06.2022

Gut durchdachte Ausbauziele sind das A und O

Die Bundesregierung hat das Ziel, bis 2030 insgesamt 15 Mio. vollelektrische Pkw auf Deutschlands Straßen zu haben. Und auch Brüssel treibt mit dem Vorschlag zum Verbrenner-Aus die Verkehrswende konsequent weiter voran. Wo heute jedes zehnte Auto vollelektrisch fährt, soll es im Jahr 2030 jedes dritte Auto sein.

Zu hoch gepokert

Damit steigt jedoch auch der Bedarf an Lademöglichkeiten. Die Bundesregierung setzt auf die Mobilisierung privatwirtschaftlicher Investitionen, um den Hochlauf der notwendigen Ladeinfrastruktur voranzubringen. Geplant ist, verschiedene Maßnahmen in der Ladeinfrastruktur II zu bündeln, der gerade mit den beteiligten Ressorts abgestimmt wird.

Manche Vertreter sehen jedoch die dort enthaltene Grundannahme, im Jahr 2030 würden eine Million öffentliche Ladepunkte benötigt, kritisch. Damit werde ein Ziel ausgerufen, das weit über den tatsächlichen Bedarf hinaus geht und das weitreichende Folgen für den gesamten Plan nach sich zieht, so einige Experten. Es drohe zudem die Gefahr einer Übersteuerung durch staatliche Förderprogramme statt privatwirtschaftlicher Investitionen.

Wie viele Ladepunkte braucht es tatsächlich?

Grundsätzlich gibt es nicht einen feststehenden Zielwert. Wie viele Ladepunkte benötigt werden, hängt davon ab, wie schnell die Fahrzeuge laden können, wie viel zu Hause oder beim Arbeitgeber geladen wird und wie viele vollelektrische Fahrzeuge am Ende des Tages zugelassen werden. Ein Rechenmodell der Nationalen Plattform Mobilität (NPM) hat für 15 Mio. E-Pkw und den von der EU zugrunde gelegten drei Volllaststunden pro Tag einen Bedarf zwischen 107.000 und 631.000 Ladepunkten bis 2030 errechnet. Die große Spreizung ergibt sich aus den oben genannten Parametern, deren Entwicklung in verschiedenen Modellen geschätzt worden ist.
Nach Einschätzung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW) ist ein Bedarf zwischen 100.000 und 250.000 öffentlichen Ladepunkte im Jahr 2030 realistisch, da davon auszugehen ist, dass auch zukünftig der Großteil der Ladevorgänge privat oder beim Arbeitgeber erfolgen und der Anteil der Schnellladepunkte im öffentlichen Bereich zunehmen wird.

Ein Kommentar von Kerstin Andreae

Kerstin Andreae, Vorsitzende des BDEW, erklärt: „Es ist wichtig, dass wir uns auf realistische Ziele für den Ladesäulenbedarf verständigen. Bundesminister Wissing sagt zu Recht, dass erst einmal der Bedarf an Ladeinfrastruktur ermittelt werden muss. Sicher ist, dass die ‚eine Million‘ weit jenseits des realistischen Ladesäulenbedarfs liegt und eine falsche Erwartungshaltung bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern schürt. Die Zahl sorgt für große Verunsicherung und wird damit zu einer Einstiegshürde. Potenzielle E-Mobilistinnen und E-Mobilisten brauchen für ihre Kaufentscheidung eine realistische Vorstellung davon, wie viele Ladepunkte bundesweit tatsächlich benötigt werden. Unrealistische Ziele dagegen bremsen den Umstieg auf das Elektroauto.

Zudem bedeuten überhöhte Ziele, dass der Staat zusätzliches Geld in den Ladeinfrastrukturaufbau stecken muss - obwohl dies eigentlich gar nicht erforderlich ist. Die Steuergelder können an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt werden. Nicht mehr Subventionen beschleunigen den Ausbau der Ladeinfrastruktur, sondern vor allem die Mobilisierung von Flächen der öffentlichen Hand und beschleunigte Genehmigungsverfahren. Ein durch Subventionen angeregtes Überangebot an Ladesäulen führt dazu, dass der Wettbewerb unter den Betreibern zum Erliegen kommt. Damit wird der Mechanismus ausgehebelt, der dafür sorgt, dass Kundinnen und Kunden ein für ihre Bedürfnisse passendes Produkt zu einem fairen Preis erhalten. Die Politik setzt sich also beim Ladeinfrastrukturausbau unnötig unter Druck. Klar ist, dass wir 15 Mio. vollelektrische PKW aus Klimaschutzgründen in 2030 brauchen werden. Eine Mio. Ladepunkte zur Flankierung dieses PKW-Ziels werden wir aber sicher nicht brauchen.“

  Quelle: www.baulinks.de


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