zurück

Eigenausführung bestätigt: NU-Benennung führt zum Angebotsausschluss!

09.02.2021

von RA Michael Werner

Die Vergabekammer Sachsen hat mit Beschluss vom 30.10.2020 – 1/SVK/028-20 – u. a. folgendes entschieden:

Hat ein Bieter in seinem Angebot abschließend erklärt, eine bestimmte Teilleistung selbst zu erbringen, kann er für diese Leistung nachträglich keinen Unterauftragnehmer mehr benennen, da dies eine unzulässige inhaltliche Änderung seines Angebots darstellen würde.

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte Bauleistungen zur Errichtung von Hochwasserschutzmauern europaweit im offenen Verfahren ausgeschrieben. Einziges Zuschlagskriterium war der Preis. Den Vergabeunterlagen waren u. a. das Formblatt 212 EU-Teilnahmebedingungen beigefügt, in dessen Nr. 6 – Kapazitäten anderer Unternehmen (Unteraufträge, Eignungsleihe) – es hieß: „Beabsichtigt der Bieter, Teile der Leistung von anderen Unternehmen ausführen zu lassen oder sich bei der Erfüllung eines Auftrages im Hinblick auf die erforderliche wirtschaftliche, finanzielle, technische oder berufliche Leistungsfähigkeit anderer Unternehmen zu bedienen, so muss er die hierfür vorgesehenen Leistungen/Kapazitäten in seinem Angebot benennen (...)“. Zudem war in dem den Vergabeunterlagen beigefügten Formblatt 211 EU (Aufforderung zur Abgabe eines Angebots) unter der Überschrift „Anlagen die, soweit erforderlich, ausgefüllt mit dem Angebot einzureichen sind“, das Formblatt 235 (Verzeichnis der Leistungen/Kapazitäten anderer Unternehmen) angekreuzt.

Demgemäß gab mit Angebotsabgabe der Mindestbieter A zum einen das Formblatt 213 (Angebotsschreiben) ab, in dem er folgendes erklärte: „Ich/Wir erkläre(n), dass ich/wir die Leistungen, die nicht im Verzeichnis Nachunternehmerleistungen bzw. Verzeichnis der Leistungen/Kapazitäten anderer Unternehmer aufgeführt sind, im eigenen Betrieb ausführen werde(n).“

Zum anderen hatte A zahlreiche Formblätter (235) abgegeben und damit diverse Nachunternehmer für verschiedenste LV-Positionen benannt. Nach Submission wandte sich A, ohne dazu aufgefordert worden zu sein, an den AG und teilte folgendes mit: „[...] Bei der Abgabe wurde versehentlich ein NU -Position 01.03.0190 – (Plattendruckversuche) – übersehen. In der Anlage übergeben wir ihnen deshalb noch die Ergänzung Blatt 235 (...)“. Darauf schloss der AG das Angebot des A aus, worauf dieser Nachprüfungsantrag zur VK stellte.

Die VK gibt dem AG Recht. Das Vorgehen des A sei vergaberechtlich unzulässig. Habe nämlich ein Bieter in seinem Angebot abschließend erklärt, eine bestimmte Teilleistung selbst zu erbringen, könne er für diese Leistung nachträglich keinen Unterauftragnehmer mehr benennen, da dies eine unzulässige inhaltliche Änderung seines Angebots darstellen würde. Das Angebot der Antragstellerin sei daher so zu werten, wie es eingegangen und nach dem objektiven Empfängerhorizont zu verstehen sei, also ohne Beteiligung eines Nachunternehmers für die Plattendruckversuche. Für diese Auffassung spreche, dass es sich bei Angaben eines Bieters zu Art und Umfang eines beabsichtigten Nachunternehmereinsatzes regelmäßig um eine kalkulationserhebliche Erklärung handele, die sich auf seine Wettbewerbsstellung auswirke.

Ein Bieter, der zur Erbringung der von ihm geschuldeten Leistung Nachunter-nehmer einsetzen wolle, erweitere dadurch sein Leistungsspektrum. So dienten die Angaben zum Nachunternehmereinsatz der Überprüfung des Selbstausführungsanteils, der Beurteilung der Eignung eines Bieters einerseits und der Betrachtung der gesamten Wirtschaftlichkeit des Angebotes andererseits. Für den Bieter sei bei seiner Angebotskalkulation von erheblicher Bedeutung, welche Leistungen im eigenen Betrieb ausgeführt und welche aus betriebswirtschaftlichen oder technischen Gründen auf Nachunternehmer übertragen würden.
Für die Teilleistungen der Plattendruckversuche (LV-Position 01.03.0190) seien in den Formblättern 235 keine Nachunternehmerleistungen ausgewiesen, im Angebotsschreiben (Formblatt 213) hingegen habe A erklärt, dass er Leistungen, die nicht im Nachunternehmerverzeichnis aufgelistet seien, im eigenen Betrieb ausführen lasse. Eine Nachholung der nach den Ausschreibungsunterlagen mit dem Angebot abzugebenden Erklärungen darüber, welche Leistungen der Bieter selbst ausführe und welche durch Nachunternehmer ausgeführt würden, käme nach Auffassung der VK auch im Rahmen einer Aufklärung nach § 15 EU VOB/A nicht in Betracht, denn im Angebot fehlende, zwingende Angaben zu Nachunternehmerleistungen könnten nicht nachgeholt werden. Ein Nachschieben von Nachunternehmerleistungen komme damit einer Änderung des Angebotes gem. § 13 EU Abs. 1 Nr. 5 VOB/A gleich und führe somit gem. § 16 EU Nr. 2 VOB/A zum Ausschluss aus der Wertung. Hierbei sei es letztlich auch unerheblich, von welcher Art oder welchen finanziellen Ausmaßes die Nachunternehmerleistungen seien.

Zusammenfassend sei zur Überzeugung der VK im Ergebnis aller Überlegungen und Überprüfungen der Ausschluss des Angebotes des A auf Grund der dargelegten Argumente als vergaberechtskonform anzusehen und daher nicht zu beanstanden.

Werner..jpg

Anmerkung:
Wie die Entscheidung zeigt, müssen Bieter bei der Angabe der Leistungen, die sie durch Nachunternehmer ausführen lassen wollen, vorsichtig sein. Denn nach Durchführung der Submission sind sie an den Inhalt ihres Angebots und damit auch an ihre Erklärungen zum NU-Einsatz gebunden, ohne diese ändern zu können bzw. ein hohes Risiko eingehen, bei einer nachträglichen Änderung des NU-Anteils ausgeschlossen zu werden. Ausweg aus dieser Situation könnte dann sein, nach Zuschlagserteilung auf das Angebot gegenüber dem AG zu erklären, gemäß § 4 Abs. 8 Nr. 1 Satz 3 VOB/B einen NU einzusetzen. Dies setzt allerdings den Nachweis des AN voraus, dass er auf diese Leistungen, die er an den NU übertragen will, selbst nicht eingerichtet ist. Dabei handelt es sich um Leistungen, die der AN nach seiner betrieblichen Tätigkeit und Einrichtung nicht zu leisten vermag, was regelmäßig – siehe Inhalt seines Angebotes – jedoch eher der Fall sein wird.

  Quelle:


Gratis Gastzugang

Submissions-Anzeiger | Tageszeitung-Ad

Aktuelles
Seminarangebot

Baurecht- und Vergabeseminare