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Eignung eines Bieters bei Berufung auf Nachunternehmer?

12.11.2012

Das OLG München hat mit Beschluss vom 9. August 2012 – Verg 10/12 – u. a. folgendes entschieden:


Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte europaweit im Offenen Verfahren Abholung, Transport, Aufbereitung und Verwertung von Müllverbrennunagsschlacke für zwei Jahre ausgeschrieben. In dieser wurden diverse Eignungsnachweise (wirtschaftliche, finanzielle, technische Leistungsfähigkeit) und dabei zur bisherigen Leistungserbringung Referenzen (Umsatz der letzten drei Jahre) abgefordert.

Ein sog. „Newcomer-Unternehmen“ A hatte die zu vergebenden Leistungen bisher noch nie erbracht; es berief sich deshalb auf einen Nachunternehmer. Es reichte das wirtschaftlich günstigste Angebot ein und sollte den Zuschlag erhalten. Dagegen wandte sich Wettbewerber B; dieser verwies darauf, dass die Eignungsnachweise nach den Vergabeunterlagen zunächst ausdrücklich „seitens der Bieter“ und beim Einsatz von Nachunternehmern „auch für diese“ (also doppelt) gefordert seien. Diese Doppelforderung habe der „Newcomer“ nicht erfüllen können, weshalb sein Angebot auszuschließen sei. Das OLG hält die Beschwerde des B für unbegründet. Das Gericht legt die Vergabeunterlagen aus und unterstreicht, dass die Eignungsnachweise jeweils nur von demjenigen vorzulegen seien, der die Teilleistung tatsächlich erbringe. Die Tatsache, dass sich Bieter A auf die Umsatzzahlen des von ihm benannten Nachunternehmers berufen habe, sei vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Nach § 7 Abs. 9 VOL/A-EG bzw. § 6a Abs. 10 VOB/A 2009 könne sich ein Unternehmen zum Nachweis der Leistungsfähigkeit und Fachkunde der Fähigkeiten anderer Unternehmer bedienen, ungeachtet des rechtlichen Charakters der zwischen ihm und dem Unternehmen bestehenden Verbindungen. In diesem Falle sei, z. B. durch eine Verpflichtungserklärung nachzuweisen, dass dem Unternehmen die erforderlichen Mittel bei der Erfüllung des Auftrags zur Verfügung stünden. Das Gericht verweist hier insbesondere auf die Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 2. Dezember 1999 – C-176/98 „Holst Italia“), wonach im Rahmen des Nachweises der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit der Bieter dieser auf Kapazitäten anderer Unternehmer zurückgreifen könne. Dies gelte grundsätzlich auch für sog. „Newcomer“, wenn vom Auftraggeber in der Bekanntmachung das Feld „möglicherweise geforderte Mindeststandards“ nicht ausgefüllt worden sei. Daraus könne der Bieter den Schluss ziehen, dass bestimmte Zahlenangaben zum Umsatz nicht gefordert waren. Bieter A habe die Gesamtumsatz- und -mengenzahlen für den von ihm benannten Nachunternehmer sowie eine umfassende Verpflichtungserklärung vorgelegt. Sein Angebot dürfe daher nicht wegen fehlender Eignungsnachweise ausgeschlossen werden.

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Anmerkung:
Nach der Entscheidung des OLG München tritt ein Nachunternehmer quasi an die Stelle des Bieters und ersetzt – notfalls vollständig – dessen fehlende Eignung (Erfahrung, Umsatz, etc.). In der Praxis heißt dies, dass es bei Einschaltung eines Nachunternehmers auf die Eignung des Bieters selbst nicht mehr ankommt; der Bieter tritt in den Hintergrund; entscheidend ist allein die Eignung des Nachunternehmers. Wenn ein Auftraggeber dies verhindern will, muss er dies mit klaren Anweisungen tun, indem er schon in der Vergabebekanntmachung benennt, welche Anforderungen zwingend für die Bieter und welche Anforderungen für etwaige Nachunternehmer gelten. Nach der o. g. Entscheidung kommt es dabei auf eine klare und ausdrückliche Formulierung an, die keine Missverständnisse bzw. Anlässe zur Auslegung zulässt.

  Quelle: RA Michael Werner


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