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Eine neue Regelung zur Arbeitszeiterfassung stößt auf Kritik

23.02.2022

Eine Verschärfung der Arbeitszeit-Dokumentationspflichten erscheint Akteuren aus Politik und Bauwirtschaft sehr unpraktikabel.


Viele Betriebe sollen bald alle Arbeitszeiten digital erfassen. Verschärfung der Arbeitszeit-Dokumentationspflichten ist Teil eines neuen Gesetzentwurfes von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Diese Neuregelung stößt auf scharfe Kritik von der Politik wie auch von der Baubranche.


Unter anderem ist in dem Gesetzentwurf festgelegt, dass Arbeitgeber in elf Branchen – darunter auch Gebäudereiniger, Gastwirte und Spediteure – künftig die tägliche Arbeitszeit ihrer Beschäftigten stets sofort und digital dokumentieren müssen, um sie für Kontrollen bereitzuhalten. Der Arbeitsbeginn soll „jeweils unmittelbar bei Arbeitsaufnahme“ aufgezeichnet werden; „Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit jeweils am Tag der Arbeitsleistung“, und zwar „elektronisch und manipulationssicher“.


Die geplanten neuen Vorschriften unterscheiden sich von den bisherigen vor allem in zwei Punkten: Bisher müssen die Betriebe die täglichen Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten nicht zwingend digital erfassen; und sie haben 7 Tage Zeit, ihre Dokumentation für mögliche Kontrollen durch Zoll- und Arbeitsschutzbehörden zu erstellen. Das Hauptproblem aus Sicht der Bauwirtschaft liegt darin, dass eine sofortige Erfassung überhaupt nicht zu Tätigkeiten passe, die an häufig wechselnden Orten ausgeübt werden; und dies umso mehr, als der Arbeitgeber dennoch weiter die alleinige Verantwortung für die Richtigkeit der Aufzeichnungen tragen soll. Während sich in Bürogebäuden die Arbeitszeiten der dort tätigen Beschäftigten leicht durch stationäre Erfassungsgeräte dokumentieren lassen, könnte eine Maler-, Fliesenleger- oder Reinigungsfirma kaum an jedem einzelnen Einsatzort solche Geräte betreiben.


Kritik aus der Baubranche


Die Bundesvereinigung der Bauverbände fasste in einer Analyse so zusammen, welche Probleme sich durch den Gesetzentwurf für die Baubranche ergeben würden. Es führe zum einen zu juristisch und technisch nicht lösbaren Problemen, während andererseits die fehlende Erfüllung der Vorgaben sofort zur Ordnungswidrigkeit führen soll. Betrieben drohten also Bußgelder, falls die Umsetzung nicht bis Oktober gelingt. Nebenbei müssten kurzfristig millionenfach neue mobile Zeiterfassungsgeräte angeschafft werden, zuzüglich Softwarelizenzgebühren. Allein das Bau- und Ausbaugewerbe zählen insgesamt rund 3,4 Millionen Beschäftigte.


Die Bauwirtschaft Baden-Württemberg äußerte sich ebenfalls kritisch. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Holger Braun sagte, der unerwartete Vorstoß, einige Branchen zur digitalen Zeiterfassung zu zwingen, werfe der Baubranche wieder unnötig Knüppel zwischen die Beine. "Weder arbeiten in der Bauwirtschaft auffällig viele Minijobber, noch sind die Vorgaben realistisch bis Oktober umzusetzen." Die Betriebe der Bauwirtschaft müssten sowieso schon die Arbeitszeit erfassen. "Die Daten liegen vor. Der Sinn, eine digitale Zeiterfassung nur für bestimmte Branchen vorzusehen, ergibt sich aus unserer Sicht nicht", so Braun.
Natürlich seien auch Baubetriebe offen für mehr Digitalisierung. "Da die Bauarbeiter jedoch auf wechselnden Arbeitsstellen eingesetzt werden, ist die Umsetzung einer digitalen Zeiterfassung leider nicht ganz so banal, wie beispielsweise in einem Werk oder in einem Ministerium", betont Holger Braun von der Bauwirtschaft Baden-Württemberg.


Auch der Verband Unternehmer Baden-Württemberg kritisierte Heils Vorstoß. Die elektronische Erfassung der Arbeitszeit sei im übrigen völlig unpraktikabel bei geringfügig Beschäftigten, die nicht ins Unternehmen kämen, sondern außerhalb der Betriebsstätte tätig würden. Diese verfügten oftmals nicht über ein dienstliches Laptop.


Kritik aus der Politik


FDP-Arbeitsmarktfachmann Pascal Kober etwa hält „Die Einführung neuer Dokumentationspflichten für erklärungsbedürftig“. Habe doch der Koalitionsvertrag vorgesehen „Abläufe und Regeln zu vereinfachen“, um Unternehmern mehr Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben zu verschaffen.
Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) kritisierte die geplante Arbeitszeit-Dokumentationspflichten im Zuge der Neuregelung der Minijobs scharf . Wenn Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) Schriftformerfordernisse im Arbeitsleben abschaffe, so sei das aus ihrer Sicht grundsätzlich begrüßenswert, so Hoffmeister-Kraut.


"Allerdings überspannt der Arbeitsminister mit dem nun vorgelegten Gesetzentwurf den Bogen und lässt das nötige Augenmaß vermissen. Ich kann nicht erkennen, weshalb die vorgesehene Verschärfung bei den schon heute bestehenden Aufzeichnungspflichten erforderlich und angemessen sein soll", so die Wirtschaftsministerin.

  Quelle: www.faz.net und www.swr.de


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