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Erbpacht oder Erbbaurecht

18.06.2020

Eine Alternative zum Grundstückskauf?

Das Erbbaurecht, früher auch als Erbpacht bekannt, bezeichnet das Recht, auf oder unter der Oberfläche eines Grundstücks ein Bauwerk haben zu dürfen. Beim Erbbaurecht geht also nicht das Eigentum des Grundstücks auf einen anderen über, sondern das Eigentum wird mit dem Erbbaurecht belastet. Das Erbbaurecht ist veräußerlich und vererbbar und wird auf Zeit vergeben. Das Erbbaurecht ist im Erbbaurechtsgesetz geregelt.

Erbbaurechte werden auf lange Zeit übertragen, oft auf 99 Jahre, aber auch andere Zeitspannen sind möglich. Wie, liegt im Ermessen des Grundstückseigentümers.

Erbbaugrundstücke werden in der Regel von Städten, Gemeinden, also Kommunen und kirchlichen Institutionen angeboten. Sie kommen damit oft jungen Familien auf der Suche nach günstigem Bauland entgegen, ohne dabei den Grund selbst zu veräußern.

Beim Erbbaurecht gibt es Schutzvorschriften für finanziell schwächere Bevölkerungskreise, wenn das Bauwerk Wohnzwecken dient. Ansonsten kann vertraglich vieles weitgehend individuell geregelt werden: Erbbauzins, Heimfall, Entschädigung.

Aber auch ein Vorrecht für den Erbbauberechtigten auf Erneuerung des Erbbaurechts nach dessen Ablauf kann man sich einräumen lassen. Sogar eine Verpflichtung des Grundstückseigentümers, das Grundstück an den jeweiligen Erbbauberechtigten zu verkaufen, kann Gegenstand des Vertrags sein. Allerdings: vor allem Kirchen dürfen aus eigenen rechtlichen Beschränkungen heraus oft nicht das betreffende Grundeigentum verkaufen. In einem solchen Fall ist man aber auch sicher, einen beständigen Erbbaurechtsgeber zu haben. Denn auch der Grundstückseigentümer kann sein Grundeigentum jederzeit verkaufen und irgendwann wird er es vererben. Dann bekommt man einen neuen Erbbaurechtsgeber, ohne ihn sich aussuchen zu können.

Ob sich die Erbpacht für die privaten Bauherren lohnt, kommt darauf an, was im Vertrag steht. Wer einen Erbbaurechtsvertrag unterzeichnet, muss diesen Vertrag folglich genauso intensiv prüfen, wie einen Kaufvertrag, schließlich hat er das Grundstück danach für sehr lange Zeit – voraussichtlich über die eigene Lebenszeit hinaus – mit allen Rechten und Pflichten.

Aber es kommt nicht nur auf die Erbbaurechtsverträge an, sondern ebenso auf die Bauverträge, die die Bauherren für den Bau ihrer Immobilie abschließen! Wer auf einem Erbbaugrundstück baut, muss nämlich ebenso auf die sorgfältige Planung sowie die laufende Bau- und Qualitätskontrolle achten, wie Bauherren auf eigenem Grundstück. Schließlich wollen alle lange in ihrem mängelfreien Haus wohnen und es eines Tages vielleicht noch gewinnbringend verkaufen! Die Vertragsprüfung ebenso wie die baubegleitende Qualitätskontrolle übernehmen alle VPB-Berater natürlich auch bei Erbbaugrundstücken!

Zu prüfen wären:
Was für ein Grundstück ist das? Infrastruktur, Lage, Wohnwert, Nutzungsmöglichkeiten? Erfüllt es persönliche Bedürfnisse? Was sagt der B-Plan?

Wie lange ist die Laufzeit des Vertrags?

Wie hoch ist der Erbbauzins? Betriebswirtschaftler rechnen bei augenblicklicher niedriger Zinslage und zum Beispiel vier Prozent Erbbauzins vor, dass sich das Modell nicht lohnt. Aber: die Zinsen könnten steigen, Folgefinanzierungen in ein paar Jahren ebenfalls teurer werden… Es ist ein Rechenbeispiel.

Der VPB rät: prüfen, welche Anpassungen des Erbpachtzinses im Erbpachtvertrag über die Dauer der Laufzeit vorgesehen sind. Prüfen auch, welche Entschädigung beim Heimfall und welche nach Ablauf der Laufzeit vorgesehen ist.

Baugrundrisiko:
Gerade in Städten, wie zum Beispiel Hamburg, die teilweise in Hochwassergebieten liegen und im Krieg stark bombardiert wurden, sollten weitere Aspekte bedacht werden:

Wie ist der Baugrund beschaffen?

Wie steht es um die Kampfmittelfreiheit? Liegt das Grundstück in einer Verdachtsfläche?

Wer trägt das Baugrundrisiko?

Kommunen berücksichtigen dies zwar meist in ihren Verträgen, denn sie wollen Familien nicht über den Tisch ziehen, aber besser immer trotzdem prüfen, ob beides im Vertrag geregelt ist!

Erbfall und Verkauf:
Wichtig: Haus und Erbbaurecht sind vererbbar und veräußerlich. Der Grundstückseigentümer kann sich die Zustimmung zur Veräußerung vorbehalten, vor der missbräuchlichen Ausübung dieser Vorbehaltsrechte gibt es aber auch Schutzvorschriften zu Gunsten des Erbbauberechtigten. Was das Haus auf dem Grundstück beim Heimfall nach 99 Jahren – oder beim Verkauf oder im Erbfall Jahre zuvor – noch wert ist, richtet sich nach dem Wert der Immobilie und der Restlaufzeit des Vertrags.

Abwägen:
Bei Erbbauzinsen von vier Prozent rechnet sich im Augenblick der Vertrag eher nicht. Zumindest nicht für Menschen, die leicht einen Kredit bekommen – und dessen Bedingungen lange festschreiben können!

Erbbaurecht rechnet sich vor allem für alle, die nur wenig ansparen können. Für sie entfällt der Grundstückskauf. Also ist das Erbbaurecht ideal für private Bauherren, die zwar ein Haus finanzieren können, nicht aber auch noch ein Baugrundstück dazu. Aber: Die Erbpacht ist – mit allen vertraglich vereinbarten Erhöhungen – eine dauerhafte finanzielle Belastung.

Erbbaurecht ist auch interessant, wenn die Grundstücke gut liegen! Sie bieten dann in attraktiver Lage die Möglichkeit, individuell zu planen, statt vom Investor zu kaufen. Vorausgesetzt, der gültige Bebauungsplan lässt die eigenen Ideen auch zu. Und natürlich muss der Wunsch zur individuellen Planung vorhanden sein.

Wichtig:
Denken Sie auch an die Nebenkosten und zwar sowohl beim Hausbau als auch bei der laufenden Unterhaltung der Immobilie! Das sind neben der Grunderwerbsteuer gleich zu Beginn des Erbpachtverhältnisses die Notargebühren sowie die Gebühren des Grundbuchamts für die Eintragung des Erbbaurechts ins Grundbuch und die Eintragung der Grundschuld für das Immobiliendarlehen. Zu den laufenden Kosten gehören neben dem Erbpachtzins und den Zahlungen für Zins und Tilgung der Immobilie vor allem die Grundsteuer, aber auch die Instandhaltungskosten ebenso wie die unausweichlichen Anschlusskosten für Müll, Strom, Wasser, Kanal, Schornsteinfeger und die individuellen Verbrauchskosten. Mehr dazu lesen Sie im VPB-Ratgeber „Nebenkosten bei Hauskauf und -unterhaltung“.

Heimfall:
Viele Menschen haben Hemmungen, etwas zu bauen, was sie theoretisch wieder verlieren. Aber, wer lebt schon 99 Jahre? Und was ist das heute gebaute Haus
dann noch wert?

Außerdem tendieren aktuell die Kirchen oft dazu, auslaufende Verträge zu verlängern, sogar schon frühzeitig. So haben die Erbbauberechtigten Investitionssicherheit und lassen das Gebäude nicht verfallen. Kirchen, und auch verantwortungsgebewusste Kommunen, die es sich auch finanziell leisten können, haben erfahrungsgemäß mehr Interesse an sozial verträglichen Verträgen, als an hohen Einnahmen.

Finanzierung:
Wer sich für ein Erbbaugrundstück interessiert sollte frühzeitig mit den Banken klären, inwieweit sie Häuser auf Erbbaugrund finanzieren. Grundsätzlich können die Banken auch beim Erbbaugrundstück mit Grundschuld ins Grundbuch eingetragen werden. Das heißt auch: Schlittern die Bauherren in die Privatinsolvenz, wird das Haus mit Erbbaurecht zwangsversteigert. Bevor es soweit kommt, können Eigentümer versuchen, den Lastenzuschuss zu beantragen, also das Wohngeld für Eigentümer.

Grundbucheintrag:
Der Erbpachtvertrag ist dem Grundstückskauf gleichgestellt. Er muss also über den Notar abgewickelt werden. Bei Begründung des Erbbaurechts wird ein Erbbaugrundbuch angelegt, in das der Berechtigte eingetragen wird.

Grunderwerbsteuer:
Auch auf den Erwerb eines Erbbaurechts (ohne Gebäude) ist Grunderwerbsteuer zu zahlen; die Höhe (wie gesagt: ohne Gebäude) errechnet sich dann wie folgt: Jahreserbbauzins x „Vervielfältiger“, ein Faktor der sich an der Restlaufzeit des Erbbaurechts orientiert und in Anlage 9a zu § 13 des Bewertungsgesetzes gelistet ist.

Beispiel:
Bei einem Jahreserbbauzins von 1.500 Euro und einem Vervielfältiger von etwa 17 (45 Jahre Restlaufzeit) sind auf 25.500 Euro Grunderwerbsteuer zu zahlen, je nach Land 3,5 bis 6,5 Prozent. Beim Weiterverkauf des Erbbaurechts mit dann errichtetem Gebäude fällt dann für das Gebäude ebenfalls Grunderwerbsteuer an.

  Quelle: www.vpb.de


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