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Erläuterungen sind keine Änderungen des Angebots!

21.09.2012

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat mit Beschluss vom 25. April 2012 - Verg 61/11 - folgendes entschieden:

- Nach Ablauf der Angebotsfrist ist eine Änderung des Angebots ausgeschlossen; eine solche Änderung kann auch nicht einvernehmlich im Wege eines Aufklärungsgesprächs erfolgen. Erklärungen zu bestimmten Herstellern und Typen sind keine Angebotsänderungen.
- Bei einer hersteller- und produktneutralen Ausschreibung bleibt der erfolgreiche Bieter grundsätzlich frei, ein Produkt von mittlerer Art und Güte seiner Wahl zu liefern.
- Eine Preisdifferenz von knapp 12 % liegt weit unter der Aufgreifschwelle, deren Erreichen der Auftraggeber zum Anlass nehmen muss, die Höhe des Angebots zu überprüfen. Diese Schwelle liegt bei einem Preisabstand von 20 % zum nächsthöheren Angebot.

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte die Lieferung und Montage von Küchentechnik europaweit im Offenen Verfahren ausgeschrieben. Im LV waren geforderte Eigenschaften der einzelnen Positionen, jedoch keine Hersteller- und Typenangaben oder Geräte gefordert worden. Einziges Zuschlagskriterium war der niedrigste Preis. Nach Submission hatte der AG ein Aufklärungsgespräch durchgeführt und beabsichtigte, den Zuschlag auf ein Angebot des Bieters A zu erteilen, dessen Preis ca. 12 % unter dem des zweitplatzierten Bieters B lag. B beantragte darauf die Prüfung des Verfahrens speziell bezüglich der Auskömmlichkeitsprüfung des Angebotspreises des B sowie deshalb, da B in verschiedenen Punkten vom LV abweiche und darum auszuschließen sei. Die Vergabekammer hatte den Antrag als unzulässig zurückgewiesen.Das OLG stellt fest, dass die Angebotswertung vergabefehlerfrei erfolgt sei. Nach Ablauf der Angebotsfrist sei eine Änderung des Angebots ausgeschlossen; eine solche könne auch nicht einvernehmlich im Wege eines Aufklärungsgespräches erfolgen. Ein Ausschluss des Angebots des A käme dann in Betracht, wenn A durch sein Verhalten oder nachträgliche Erklärungen zu erkennen gegeben habe, dass er nicht willens oder in der Lage sei, eine ausschreibungskonforme Leistung zu erbringen. Da hier Hersteller- und Typenangaben im LV nicht verlangt worden seien, komme es auf die Angaben im Aufklärungsgespräch an; darin habe A jedoch eine Einhaltung der LV-Vorgaben zugesichert. Bei den Aussagen im Aufklärungsgespräch sei keine beide Seiten bindende Erklärung hinsichtlich der vom Bieter vorgesehenen Materialien gefasst worden. Bei einer hersteller- und produktneutralen Ausschreibung bleibe der erfolgreiche Bieter gemäß § 243 BGB grundsätzlich frei, ein Gerät von mittlerer Art und Güte seiner Wahl zu liefern. Es könne hier nicht angenommen werden, dass A von seiner Wahlmöglichkeit und damit der Möglichkeit, auf etwaige Änderungen der Preise oder des Angebots der Zulieferer reagieren zu können, bereits Abstand genommen habe. Überdies habe die erläuterte, angebotene Leistung der ausgeschriebenen entsprochen, da dort vor allem Circa-Angaben verwandt worden seien und somit eine Identität mit angegebenen Maßen/technischen Werten nicht erforderlich gewesen sei. Darüber hinaus sei das Angebot des A nicht gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A bzw. § 19 Abs. 6 Satz 2 VOL/A-EG wegen Unauskömmlichkeit des Angebotspreises von der Wertung auszuschließen. Hier habe das Angebot des A nur knapp
12 % unter dem des Bieters B gelegen. Diese Preisdifferenz befinde sich weit unter der Aufgreifschwelle, deren Erreichen der AG zum Anlass nehmen müsse, die Höhe des Angebots zu überprüfen. Diese Schwelle liege nach der geltenden Rechtsprechung bei einem Preisabstand von 20 % zum nächsthöheren Angebot.

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Anmerkung:
Im vorliegenden Fall ist entscheidend, dass der AG keine konkreten Typen- und Herstellerangaben gemacht hatte, so dass eine zweifelsfreie Prüfung im Zeitpunkt der Angebotswertung nicht abschließend erfolgen konnte. Das Gericht schloss die Möglichkeit einer künftigen Entsprechung mit dem LV daher nicht aus. Für den Auftraggeber auf jeden Fall sicherer ist es daher, im Hinblick auf die Ausschreibungskonformität angebotener Produkte tatsächlich konkrete Bezeichnungen im LV zu erfragen.

  Quelle: RA Michael Werner


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