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Europäischer Gerichtshof trifft wegweisende und restriktive Entscheidung

15.08.2013

über die ausschreibungsfreie Zusammenarbeit von öffentlichen Stellen

(Urteil vom 13. Juni 2013, Rs. C-386/11)

Hintergrund
Kann ein öffentlicher Auftraggeber ohne Ausschreibung einen anderen öffentlichen Auftraggeber beauftragen? Ist es möglich, die Ressourcen benachbarter Kommunen, Landkreise, Kliniken ohne vergaberechtliche Restriktionen zu bündeln?

Nachdem der Europäische Gerichtshof 2009 entschieden hatte, dass das in bestimmten Fällen möglich ist, waren noch viele Fragen offen. Der EuGH hatte es seinerzeit für zulässig erachtet, wenn es um die Erfüllung einer gemeinsamen, im Allgemeininteresse liegenden (d.h. öffentlichen) Aufgabe geht. Die Zusammenarbeit muss dabei auf vertraglicher Grundlage (im Wege einer Beauftragung) oder einer institutionalisierten Rechtsform wie beispielsweise einem Zweckverband erfolgen, und zwar ohne Beteiligung Privater. Außerdem darf im Rahmen dieser Zusammenarbeit kein privates Unternehmen besser gestellt werden als seine Wettbewerber und der Vertrag darf nicht darauf abzielen, das Vergaberecht zu umgehen. Offen war bislang, ob diese Zusammenarbeit in allen Aufgabenbereichen möglich war und wann die Gefahr besteht, dass private Dritte durch diese Zusammenarbeit besser gestellt werden. Das ist nun weitgehend beantwortet.

Sachverhalt
Der Kreis Düren hatte die Reinigung von Gebäuden des Kreises vertraglich auf die Stadt Düren übertragen. Die Stadt Düren war berechtigt, für die Durchführung der Reinigung auch Dritte als Subunternehmer zu beauftragen. Ein privates Reinigungsunternehmen hatte geklagt, weil es darin eine unzulässige Beauftragung der Stadt Düren sah. Der Auftrag hätte ausgeschrieben werden müssen. Der Kreis Düren verteidigte sich mit der Argumentation, dass er unter Einhaltung der oben dargestellten Kriterien des Europäischen Gerichtshofs lediglich beschlossen habe, bei der Aufgabe der Reinigung von Gebäuden mit der Stadt Düren zusammenzuarbeiten.

Die Entscheidung
Die Vergabekammer gab dem Kreis Düren in erster Instanz Recht. Dem hat nach Vorlage durch das OLG Düsseldorf nun der Europäische Gerichtshof widersprochen. Eine ausschreibungsfreie Zusammenarbeit könne hier nicht vorliegen, da die Gebäudereinigung keine beiden Rechtsträgern gemeinsam obliegende Gemeinwohlaufgabe sei. Der Gerichtshof geht augenscheinlich davon aus, dass es nicht ausreicht, wenn die Zusammenarbeit lediglich Hilfsgeschäfte betrifft. Gebäudereinigung ist eben keine echte hoheitliche Aufgabe. Außerdem war vertraglich vorgesehen, dass die Stadt Düren hätte Dritte beauftragen dürfen. Damit – so der Gerichtshof – war nicht hinreichend ausgeschlossen, dass es zu einer Besserstellung von Dritten im Wettbewerb kommen könnte.

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Fazit
Der Gerichtshof führt seine Linie im Grundsatz fort, wonach öffentliche Auftraggeber die Möglichkeit haben, ohne Ausschreibung zusammenzuarbeiten. Das wird künftig aber nur noch möglich sein, wenn es um die Wahrnehmung von beiden Parteien gleichermaßen obliegenden hoheitlichen Aufgaben im engeren Sinne geht. Außerdem ist eine Beauftragung Dritter durch einen der Partner wohl nicht mehr zulässig.

  Quelle: RA Dr. Michael Sitsen


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