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Fantasie, Engagement und handwerkliches Können retten Baudenkmal

26.08.2016

Sanierung eines historischen Vierseithofs

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Stauden wuchsen aus den Fugen zwischen den Betonbodenplatten im Innenhof, das Dach der Scheune musste abgestützt werden, das Haus lag voller Schutt, die Regenrinnen waren undicht – eine ordentliche Portion Vorstellungskraft brauchte Bauherr Pedro Kiesewetter da schon, um das Potenzial eines historischen, ehemals landwirtschaftlich genutzten Vierseithofs zu erkennen. Viel Idealismus und Engagement investierte der Neueigentümer in die Sanierung des Gebäudeensembles im fränkischen Forchheim und rettete mit der Unterstützung nicht minder engagierter Architekten und Handwerksunternehmen aus der Region ein einzigartiges Baudenkmal vor dem endgültigen Verfall. Mit dem Innenausbau des ältesten Gebäudeteiles zu einem Wohnhaus wurde die Merkel Trockenbau GmbH aus Baiersdorf beauftragt. Die historische Innenstadt Forchheims ist geprägt von Bauwerken mit eindrucksvollen Barock- und Fachwerkfassaden – eine deutsche Altstadt wie aus dem Bilderbuch, bestaunt von Touristen aus der ganzen Welt und Heimat von Pedro Kiesewetter, für den der zentral gelegene Vierseithof bereits das dritte historische Sanierungsprojekt in Forchheim war.

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Historischer Vierseithof im „Originalzustand“: Nach einer Untersuchung der Balken erwies sich die Scheune an der südöstlichen Grundstücksgrenze als ältester Gebäudeteil. Die Holzalterbestimmung belegte für das in diesen Teil des Hofes verbaute Bauholz das Fälljahr 1555.

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Das gesamte, neu verschalte und eingedeckte Dach der Scheune wurde durch reversible Einbauten für die gewerbliche Nutzung vorbereitet und erhielt
zusätzlich durchlaufende Gaubenbänder, die für viel natürlichen Lichteinfall sorgen.

„Ich liebe alte Gebäude und war überzeugt davon, dass dieser Hof zu einem echten Schmuckstück werden kann“, so der Bauherr. Gemeinsam mit den in der Denkmalpflege erfahrenen Architekten Dirk Raffegerst aus Scheßlitz bei Bamberg und Oliver Reiss aus Nürnberg machte sich Kiesewetter zunächst an die genaue Analyse der Gebäudeteile und der notwendigen Sanierungsschritte. Eine wesentliche Forderung des Bauherrn: Die Geschlossenheit des alten Vierseit-Bauernhofs – alle Seiten sind genau bis auf die Grundstücksgrenze bebaut – sollte auf jeden Fall erhalten bleiben und der „autofreie“ Innenhof als Aufenthaltsort genutzt werden können.

Mehr als vier Jahrhunderte Bauhistorie
„Nach einer dendrochronologischen Untersuchung der Balken, bei der das Alter von Bäumen beziehungsweise Hölzern durch Probeentnahmen und Laboruntersuchungen festgestellt wird, erwies sich die Scheune an der südöstlichen Grundstücksgrenze als ältester Gebäudeteil. Durch die Holzalterbestimmung konnten wir diesen Teil des Hofes auf das Jahr 1555 datieren“, berichtet Dirk Raffegerst.

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Die historischen Balken sollten, sofern in gutem und trockenem Zustand, erhalten und im fertig ausgebauten Zustand sichtbar bleiben.

„Das lang gestreckte Nebengebäude, das im 20. Jahrhundert eine Art Waschhaus und eine Limonadenproduktion beherbergte, hat einen gut erhaltenen Kellereingang aus Sandsteinbögen, in deren Quader deutlich erkennbar die Jahreszahl 1579 eingemeißelt ist. Allseitig geschlossen wird der Hof durch ein Wohnhaus aus dem 17. Jahrhundert sowie einen daran angebauten Hausschenkel aus den 1950er-Jahren. Dies war aufgrund der schlechten Bausubstanz der einzige Gebäudeteil, der durch einen modernen Neubau ersetzt wurde.“ Die 1555 errichtete Scheune mit ihrem Riegelfachwerk und einem Krüppelwalmdach stellte für alle Baubeteiligten eine besondere Herausforderung dar. Auf den insgesamt 460 m² Geschossfläche – verteilt auf Erd- und zwei Dachgeschosse – sollten sowohl Wohn- als auch Büroflächen entstehen. Die historischen Balken in den durch zwei Stützenreihen dreizonig aufgeteilten Obergeschossen sollten, sofern in gutem und trockenem Zustand, erhalten und im fertig ausgebauten Zustand sichtbar bleiben.

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In den Schrägdachbereichen gestaltete sich unter anderem das Anarbeiten an die durchgängigen Gaubenbänder aufwändig.

„Im Erdgeschoss wurde der Ausbau einer Wohnung mit großzügigem Wohn-Essbereich auf circa der Hälfte der Grundrissfläche geplant. In den etwas schlechter belichteten hinteren Bereichen der Scheune entstanden alle notwendigen Nebenräume“, erläutert Christian Kempe, der als Technischer Leiter der Merkel Trockenbau GmbH mit seinem Team für den kompletten Innenausbau der historischen Scheue verantwortlich war. „Das gesamte neu verschalte und eingedeckte Dach wurde durch reversible Einbauten für die gewerbliche Nutzung vorbereitet und erhielt zusätzlich durchlaufende Gaubenbänder, in Anlehnung an so genannte Hopfen- oder Dörrgauben, die für viel natürlichen Lichteinfall sorgen. Offene Galeriebereiche im zweiten Dachgeschoss bis zum First, bewährte Scheunentore und kleinere Fachwerköffnungen machen im fertig ausgebauten Zustand nach wie vor deutlich den historischen Scheunencharakter erfahrbar.“

Holz, Stahl, Glas, Trockenbau
Moderne Kontrastpunkte zu den historischen Baumaterialien sollten unter anderem hochwertig ausgeführte Trockenbaukonstruktionen bilden: Insgesamt wurden ca. 400 m² Trennwände errichtet, knapp 400 m² Decken abgehängt und gut 500 m² Dachschrägen beplankt. Mit allen Herausforderungen, die solch alte Bausubstanz mit sich bringt: „Man darf nicht mit exakt rechten Winkeln rechnen, die Anarbeitung der Rigips-Beplankungen an die Holzbalken muss sehr detailliert erfolgen, viele bauteilspezifische Lösungen etwa für Öffnungen und Einbauten müssen regelmäßig vor Ort mit den Architekten und dem Bauherrn entwickelt und abgestimmt werden“, so Christian Kempe.

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Moderne Kontrastpunkte zu den historischen Baumaterialien sollten unter anderem hochwertig ausgeführte Trockenbaukonstruktionen bilden: Insgesamt wurden circa 400 m² Trennwände errichtet, knapp 400 m² Decken abgehängt und gut 500 m² Dachschrägen beplankt.

Im Erdgeschoss mit einer Raumhöhe von circa 3,70 m sowie in den etwa 1 m niedrigeren Obergeschossen erstellte das Merkel-Ausbauteam nichttragende Trennwände aus „Rigips CW“-Profilen (125, 100 und 75) mit einer eingelegten Mineralwolledämmung und einer beidseitig doppelten Beplankung mit „Rigips Bauplatten RB“ (2 x 12,5 mm). „Um das geforderte bewertete Schalldämmmaß von mindestens 41 dB zu erreichen, haben wir alle Wände umlaufend mit dauerelastischem Trennwandkitt angeschlossen. Alle Anschlüsse an Holzbalkendecken wurden mit Profilleisten und einer 10 mm breiten Schattenfuge erstellt. Sämtliche Trennwände entsprechen F 30-A“, so der Trockenbauspezialist weiter.

Viele kleine Beplankungsflächen
Die Unterdecken aus „Rigips Bauplatten RB“ und einer 50 mm dicken Dämmstoffauflage wurden mit einer Metallunterkonstruktion in weiten Teilen direkt an der bestehenden Holzbalkendecke angebracht. Sämtliche Dachschrägen erhielten eine Zwischensparrendämmung und ebenfalls eine einlagige Beplankung mit Rigips-Platten. „In den Schrägdachbereichen gestaltete sich unter anderem das Anarbeiten an die durchgängigen Gaubenbänder aufwändig. Zusammen mit der teilweise recht komplexen Balkengeometrie ergaben sich dort viele kleine Beplankungsflächen, die manchmal kaum größer als eine Handfläche waren.“

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Offene Galeriebereiche im zweiten Dachgeschoss bis zum First, bewährte Scheunentore und kleinere Fachwerköffnungen machen im fertig ausgebauten Zustand nach wie vor deutlich den historischen Scheunencharakter erfahrbar.

Wer heute die Wohnräume im Erdgeschoss der Scheune sowie die Büroräume in den über eine neu eingebrachte Holztreppe erschlossenen oberen Geschossen begeht, wird die umfassenden Detailarbeiten im Einzelnen kaum noch wahrnehmen können. Doch die Atmosphäre in den Räumen und ihr erhaltener Bauernhof-/Scheunen-Charakter sind der beste Beweis, dass die Fantasie des Bauherrn, die Pläne der Architekten und das handwerkliche Können des Ausbauteams ein weiteres historisches Kleinod im Herzen der fränkischen Königsstadt vor dem Verfall gerettet haben.

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Die historische Scheune des Vierseithofs nach der Sanierung.

Fotos: Merkel Trockenbau GmbH / Dirk Raffegerst, M.A. / Oliver Reiss M.A. / Saint-Gobain Rigips GmbH

  Quelle: www.rigips.de


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