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Fehlende Widerrufsbelehrung: Kein Wertersatz!

10.01.2019

von RA Michael Seitz

Unterrichtet ein Werkunternehmer einen Verbraucher nicht über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts, so steht ihm nach wirksamem Widerruf des Werkvertrags kein Anspruch auf Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachten Leistungen zu.

Dies hat der BGH in einem Urteil vom 30.08.2018 (Az.: VII ZR 243/17) entschieden.

Der Fall: Verbraucher AG und ein Vertreter des AN schließen bei AG zu Hause einen Vertrag über die Errichtung eines Senkrechtliftes an einer Hausfassade. Eine Belehrung über das Widerrufsrecht des AN als Verbraucher erfolgte nicht. Kurze Zeit später übersendet AN dem AG Planungsunterlagen mit der Bitte um Freigabe sowie eine Vorschussrechnung über gut 12.000,00 Euro, die AG auch bezahlt. AG gibt die Planung aber nicht frei, sondern erklärt rund zwei Wochen später zunächst telefonisch, dass er von dem Vertrag Abstand nehme. Wiederum einen Monat später verlangt sodann die Rückzahlung des Vorschusses. AN berechnet die bisher angefallenen Kosten, da AG gekündigt habe. Daraufhin schließlich erklärt AN den Widerruf des Vertrages und fordert abermals die Rückzahlung der geleisteten Anzahlung.

Das Urteil: Ebenso wie die Vorinstanzen verurteilt der BGH den AN zur Rückzahlung! Zugunsten des AG habe ein gesetzliches Widerrufsrecht bestanden. Der Vertrag sei außerhalb der Geschäftsräume des AN (nämlich in der Wohnung des AG) geschlossen worden. AN hatte den AG auch nicht über sein Widerrufsrecht, dessen Bedingungen sowie die Fristen und das Verfahren zu dessen Ausübung unterrichtet. Daher erlösche das Widerrufsrecht erst 1 Jahr und 14 Tage nach Vertragsschluss. AN könne sein Widerrufsrecht selbst dann noch ausüben, wenn er zuvor eine Kündigung ausgesprochen habe. Bei dem geschlossenen Vertrag handele es sich um einen Werkvertrag, da die Aufzugsanlage an das bestehende Haus anzupassen gewesen sei. Der Anbau eines Liftes sei auch nicht mit einer erheblichen Umbaumaßnahme gleichzusetzen, sodass auch ein Ausschluss des Widerrufrechts nach § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB (a.F.) nicht in Betracht komme. Daher habe AN auch keinen Anspruch auf Wertersatz für die bisher erbrachten Leistungen.

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Fazit: Der BGH bestätigt, dass ein Werkunternehmer, der nicht über das Widerrufsrecht belehrt, keinen Anspruch auf Ersatz des Wertes derjenigen Leistungen hat, die er vor Ausübung des Widerrufsrechts – dass dem Besteller immerhin ein Jahr und zwei Wochen lang zusteht – bereits erbracht hat. Damit sind die Befürchtungen der Bauwirtschaft nun auch höchstrichterlich bestätigt worden. Ohne Belehrung über das Widerrufsrecht besteht dieses innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr und zwei Wochen uneingeschränkt. Selbst wenn also AN das Bauwerk vollständig und mängelfrei erstellt hätte, so hätte er nicht nur keinen Anspruch auf eine Vergütung oder den Ersatz des Wertes der erbrachten Leistungen, er müsste vielmehr auch bereits geleisteter Zahlungen des AG zurückgewähren, wenn dieser nur innerhalb der Frist den Widerruf erklärt. Denkt man diese Entscheidung des BGH konsequent zu Ende, so könnte AN auf diese Weise das Werk vollständig und mangelfrei erhalten, ohne es bezahlen zu müssen. Diesem katastrophalen Ergebnis kann der Bauunternehmer nur dadurch entgehen, dass bei allen Verträgen, die nicht innerhalb seiner Geschäftsräume mit einem Verbraucher geschlossen werden, über das Widerrufsrecht belehrt und mit den Arbeiten auch nicht vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt.

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