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Fehlender Bedenkenhinweis und Mitverschulden

24.11.2016

von RA Michael Seitz

Kann ein Auftragnehmer sein Werk auf der Leistung des Vorunternehmers nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprechend ausführen, so hat er Bedenken anzumelden. Ist die fehlende Neigung des Unterbodens bei Asphaltarbeiten unschwer mit bloßem Auge erkennbar, haftet der Auftragnehmer für die Mängel allein, ein Mitverschulden des Auftraggebers scheidet aus.

Dies hat das OLG Dresden in einem Urteil vom 13. Mai 2014 (9 U 1800/13) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH am 15. Juni 2016 (VII ZR 143/14) zurückgewiesen.

Der Fall: AG, Betreiber eines Autohauses, beauftragt AN mit der Herstellung einer Asphaltdecke für seine 1.630 m² große Hoffläche. Unterbau und Bordsteine hat AG zuvor durch C herstellen lassen. Später weist die von AN hergestellte Asphaltfläche Tiefpunkte ohne Entwässerung auf, weshalb sich Pfützen bilden. AG fordert AN unter Fristsetzung erfolglos zur Mängelbeseitigung auf. AN klagt Restwerklohn in Höhe von rund 19.000 € ein. Gegenüber diesem Restwerklohnanspruch rechnet AG auf und macht zugleich widerklagend einen Schadensersatzanspruch in Höhe von knapp 42.000 € geltend. Hiergegen wendet AN Unverhältnismäßigkeit ein. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Dagegen legt AN Berufung ein.

Das Urteil: Ohne durchschlagenden Erfolg! Zwar reduziert das OLG die Gegenforderung des AG auf gut 32.600 €, im Übrigen bestätigt es aber die Entscheidung des Landgerichts zur Widerklage. AG hat einen Schadensersatzanspruch in Höhe der Mängelbeseitigungskosten, denn die Asphaltarbeiten des AN weisen wesentliche Mängel auf, die – was eine Voraussetzung für den Schadensersatzanspruch ist – auf ein Verschulden des AN zurückzuführen sind. Der im Prozess bemühte Sachverständige stellt fest, dass 700 m² der von AN asphaltierten Fläche Tiefpunkte ohne Entwässerung aufweisen, die das nach den anerkannten Regeln der Technik zulässige Maß deutlich überschreiten. Eine Entwässerung ohne Pfützen ist daher nicht möglich. Auch wegen der Gefahr der Eisbildung handelt es sich um einen wesentlichen Mangel, der zu erheblichen Schäden führen kann. Zwar waren auch Untergrund und Bordsteine von C nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprechend hergestellt. Dennoch traf A eine Prüfpflicht. Er hätte sich als Fachunternehmer von der Qualität der Vorleistung des C überzeugen und feststellen müssen, dass er die Asphaltoberfläche auf dem vorbereiteten Untergrund nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprechend herstellen kann. Einen solchen Bedenkenhinweis hat AN nicht gegeben, obwohl die fehlende Neigung des Unterbodens mit bloßem Auge erkennbar war. Daher scheidet auch ein Mitverschulden des AG nach § 254 BGB aus.

Auch den weiteren Einwand des AN, die Mängelbeseitigungskosten seien unverhältnismäßig, lässt das OLG nicht gelten. Habe der Auftraggeber objektiv ein berechtigtes Interesse an der ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrages, kann AN die Nachbesserung nicht wegen zu hoher Kosten verweigern. Auch die Tatsache, dass die Sanierungskosten hier die Auftragssumme bei weitem übersteigen, lässt die Mängelbeseitigungskosten nicht als unverhältnismäßig erscheinen.

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Fazit: Wieder einmal zeigt diese Entscheidung die Bedeutung der Bedenkenhinweispflicht. Sie bezieht sich insbesondere auch auf Vorgewerke. Stellt der Unternehmer fest, dass er auf dem Vorgewerk nicht aufbauen kann, so hat er Bedenken anzumelden, und zwar schon aus Gründen der Beweisbarkeit stets schriftlich. Lässt der Bauherr dann gleichwohl bauen, so wird AN von seiner Haftung frei. Zwar mag es vorliegend so sein, dass auch der C bei seiner Bearbeitung des Untergrundes Fehler gemacht hat. Im Außenverhältnis gegenüber AG haften AN und C jedoch als Gesamtschuldner, d. h. AG kann die gesamte Mängelbeseitigungsleistung von jedem der beiden Schädiger verlangen. Ein Mitverschulden des AG scheidet indessen aus, weil er sich – als nicht Fachkundiger – das Fehlverhalten des C nicht zurechnen lassen muss. Ein Mitverschulden des AG kommt daher – wie das OLG Dresden zu Recht feststellt – ebenfalls nicht in Betracht. Entgegen weit verbreiteter Meinung unter Bauunternehmern kann sich AN auch nicht etwa deshalb auf die Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigung berufen, weil die Nachbesserungskosten (was übrigens regelmäßig der Fall ist) höher sind als der Preis der ursprünglich (mangelhaft) hergestellten Leistung. Der AN schuldet ein funktionsfähiges Werk, also einen Erfolg, und zwar unabhängig davon, welche Kosten für die mangelfreie Herstellung erforderlich sind. 

  Quelle: RA Michael Seitz


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