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Festlegung des Angebotes mit Vorlage von Produktblättern?

13.01.2015

Die Vergabekammer (VK) Nordbayern hat mit Beschluss vom 09.10.2014 – 21.VK-3194-30/14 – u.a. Folgendes entschieden:

• Sofern der öffentliche Auftraggeber die Fabrikate und Typen der angebotenen Produkte abfragt und der Bieter die entsprechenden Produktblätter vorlegt, legt er sein Angebot auf diese Fabrikate und Produkte fest. Grundsätzlich handelt es sich bei der Konkretisierung nicht um eine unverbindliche Darstellung, wie der Bieter die Leistung beispielsweise erbringen will, sondern um eine verbindliche Festlegung seines insoweit noch nicht konkretisierten Angebots.

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte Dachabdichtungsarbeiten im Offenen Verfahren europaweit ausgeschrieben. Nach dem Leistungsverzeichnis (LV) sollten u.a. sog. Wartungsgänge für Dach-Inspektionen aus Kunststoff (FPO) auf der Dachabdichtung im Heißluftschweißverfahren aufgebracht werden. Die Bieter hatten die Einheitspreise und die Gesamtsumme ihrer Leistungen zu beziffern. Die Angabe eines bestimmten Produkts oder Fabrikats war im LV nicht gefordert. Zuschlagskriterium war der niedrigste Preis. Nach Eröffnungstermin forderte der AG den A als Bestbieter auf, das angebotene Produkt für die Dachabdichtung verbindlich mitzuteilen und die Eigenschaften mit Produktdatenblättern nachzuweisen. A legte das Produktdatenblatt des Herstellers F vor und erklärte, dass dieses seiner Kalkulation zugrunde liege. Darauf forderte der AG Angaben dazu, inwieweit eine dauerhaft wirksame Verschweißbarkeit mit der Dachabdichtung möglich sei. A legte darauf ein weiteres Datenblatt für das – nicht den Anforderungen des LV entsprechenden – Alternativprodukt W vor. Der AG monierte die Abweichung des Produktes W, worauf A erklärte, er werde das Produkt S einsetzen. Darauf schloß der AG das Angebot wegen unzulässiger Änderung an den Vergabeunterlagen aus, wogegen sich A wandte. Nach seiner Ansicht seien Fabrikate und Typen im Angebot nicht abgefragt worden. Objektiv könne sein Angebot daher nur so verstanden werden, dass er ausschreibungskonforme Produkte anbiete. Außerdem habe er sich nicht auf ein bestimmtes Produkt festgelegt; solange die Aufklärung andauere, könne auch ein Produktwechsel stattfinden.

Die VK gibt dem AG recht. Das Angebot des A sei auszuschließen. Gestalte ein AG die Ausschreibung produktneutral und ohne Abfrage von Fabrikaten, könne er im Rahmen der Aufklärung zur Konkretisierung des Angebotes die entsprechenden Produktdatenblätter anfordern. Es sei zwar unschädlich, wenn ein Bieter bei der Aufklärungsverhandlung ein nicht konformes Produkt nenne, solange er sich nicht hierauf festlege. Sofern der AG jedoch die Fabrikate und Typen der angebotenen Produkte abfrage und der Bieter die entsprechenden Produktblätter vorlege, lege er sein Angebot auf diese Fabrikate und Produkte fest. Grundsätzlich handele es sich bei dieser Konkretisierung nicht um eine unverbindliche Darstellung, wie der Bieter die Leistung beispielsweise erbringen wolle, sondern um eine verbindliche Festlegung seines insoweit noch nicht konkretisierten Angebotes. Dies ergebe sich aus Sinn und Zweck der Aufklärung, die der Ermittlung des Angebotsinhaltes und nicht einer beispielhaften Darstellung der Leistungserbringung diene. Im Rahmen der Aufklärung könne ein Angebot jedoch nur konkretisiert, nicht jedoch dessen Inhalt verändert werden. Ein Produktwechsel nach Konkretisierung und damit eine Angebotsänderung sei wegen des im Vergaberecht geltenden Nachverhandlungsverbots unzulässig.

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RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
Rechtsanwälte Partnerschaft mbB

Haus Cumberland
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E-Mail: M.Werner@zl-legal.de
www.zl-legal.de

Anmerkung:
Wie die Entscheidung zeigt, müssen Bieter auch bei produktneutralen Ausschreibungen vorsichtig zu Werke gehen. Nach der Rechtsprechung können Bieter bei einer hersteller- und produktneutralen Ausschreibung zwar grundsätzlich ein Produkt von mittlerer Art und Güte ihrer Wahl benennen. Die gewählten Produkte müssen allerdings in jedem Punkt den Anforderungen entsprechen. Verlangt der AG Aufklärung, müssen die Produktangaben LV-konform sein, da sie nach Aufklärung – wie die Entscheidung zeigt – nicht mehr gewechselt werden können.

  Quelle: RA Michael Werner


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