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Förmliche Abnahme: Verzicht möglich?

23.04.2020

von RA Michael Seitz

Ist eine förmliche Abnahme vereinbart, scheidet eine stillschweigende oder fiktive Abnahme im Regelfall aus. Jedoch kann auf eine vereinbarte förmliche Abnahme einvernehmlich verzichtet werden. Ein solcher Verzicht kann insbesondere auch in der Inbenutzungnahme der Bauleistung und in der vollständigen Bezahlung der Schlussrechnung liegen.

Dies hat das OLG Düsseldorf in einem Urteil vom 18.12.2018 (Az.: 22 U 93/18) entschieden.

Der Fall: AN baut für AG Fenster und Türen in ein Bauwerk ein. Nach dem Vertrag soll die Abnahme förmlich erfolgen. Im Mai 2014 bezieht AG das Objekt. Auf die Schlussrechnung des AN vom Februar 2015 rügt AG Mängel, diese werden bis Anfang November 2016 beseitigt. Daraufhin verlangt AN knapp 13.000 Euro Restwerklohn, dessen Bezahlung AG verweigert. Gegen die Restwerklohnklage des AN verteidigt sich AG damit, es sei eine förmliche Abnahme vereinbart gewesen, die unstreitig nicht erfolgt sei. Daher sei die Forderung des AN nicht fällig.

Das Urteil: Das OLG Düsseldorf verurteilt AG zur Zahlung des vollen Restwerklohns. Zwar sei eine förmliche Abnahme vereinbart gewesen, sodass AN die Fälligkeit des Werklohnes in der Regel nicht auf eine konkludente (stillschweigende) Abnahme stützen könne. Jedoch sei ein einvernehmlicher Verzicht auf die förmliche Abnahme möglich. AG habe keine förmliche Abnahme verlangt, er sei nach Fertigstellung der Leistung 2014 in das Objekt eingezogen und habe die Fenster und Türen zunächst über mehrere Monate genutzt, ohne Mängel zu rügen. Hiervon sei die Frage zu trennen, dass die Abnahmereife objektiv erst Anfang November 2016 (nach Beseitigung der Mängel) vorgelegen habe.

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Fazit: Die förmliche Abnahme wird zwar meist vereinbart, jedoch in einer Vielzahl von Fällen tatsächlich nicht durchgeführt. Dass die Parteien grundsätzlich auch auf eine im Vertrag vereinbarte förmliche Abnahme verzichten können, ist in der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich auch anerkannt. Von einer solchen „vergessenen förmlichen Abnahme“ ist auszugehen, wenn beide Parteien längere Zeit nicht auf die förmliche Abnahme zurückkommen und wenn aus dem Verhalten des Auftraggebers zu schließen ist, dass er die Abnahme erklären wollte, so beispielsweise durch den Einzug oder durch die vollständige Bezahlung der Schlussrechnung. Im vorliegenden Fall kam es zum Einzug, nicht jedoch zur vollständigen Bezahlung der Schlussrechnung. Obwohl also offenbar noch (wesentliche?) Mängel vorlagen, schließt hier das OLG Düsseldorf allein aus dem Einzug und der beanstandungslosen Nutzung über mehrere Monate, dass eine Abnahme erfolgt sei und lässt die Tatsache, dass AG einen Mängeleinbehalt vornahm, insoweit unbeachtet. Zwar ist die Entscheidung für AN erfreulich, sie erscheint aber vor dem Hintergrund der BGH-Rechtsprechung sehr weitgehend, hat doch AG gerade durch den Mängeleinbehalt zum Ausdruck gebracht, dass er mit der Leistung des AN so eben nicht einverstanden ist. Für den Bauunternehmer gilt: Auf eine „vergessene“ förmliche Abnahme sollte man sich niemals verlassen. Ist die förmliche Abnahme vereinbart, so sollte sie auch durchgeführt werden!

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